Foto: Franziska Kraufmann

Ende Juli wird auch die letzte Messehalle auf dem Killesberg abgerissen sein. Schon jetzt haben die Arbeiter auf der Großbaustelle freie Sicht auf den Höhenpark. Klicken Sie sich durch unsere Bilder.

Stuttgart - Ende Juli wird auch die letzte Messehalle auf dem Killesberg abgerissen sein. Schon jetzt haben die Arbeiter auf der Großbaustelle freie Sicht auf den Höhenpark - und die angrenzenden Wohnhäuser. Die Nähe zu den Anwohnern stellt die Verantwortlichen aber vor Probleme.

Kennen Sie noch die Comicfigur Grisu - der kleine Drache, der immer Feuerwehrmann werden wollte? Für Bauarbeiter Michael Schuhmann erfüllt sich derzeit dieser Kindertraum. Mehrmals täglich rückt er mit den Löschschläuchen an und dreht das Wasser auf. Schuhmann, ausgerüstet mit einem Helm, bekämpft zwar keine Flammen. Trotzdem richtet er wie ein Feuerwehrmann den kräftigen Wasserstrahl auf die teilweise zerstörten Gebäude - und versucht dichte Staubwolken zu verhindern. Denn die drohen auf der 80.000 Quadratmeter großen Fläche entlang der Stresemannstraße und der Straße Am Kochenhof, wo bis Ende 2011 Wohnhäuser, ein Stadtteilzentrum sowie ein weiterer Abschnitt des Grünen U entstehen sollen, jederzeit.

Zum Schutz der Anwohner muss die Staubentwicklung, so schreiben es die Auflagen vor, so gering wie möglich gehalten werden. "Für uns ist es nicht schlecht, wenn es auch mal regnet", sagt Günter Richter, Polier der Firma GL Abbruch, schmunzelnd.

In den vergangenen Wochen hat es das aber nicht allzu oft getan. Und so mussten sich Richters Kollegen regelmäßig hinters Steuer eines der Baustellenfahrzeuge setzen und einen knapp 7000 Liter großen Wassertank kreuz und quer durch die Baugrube ziehen. An sonnigen Tagen fahren sie bis zu zehnmal wie ein Landwirt mit dem Güllewagen auf dem Feld die Pisten auf der Großbaustelle ab und versprühen bis zu 70.000 Liter Wasser. "Die Abrissarbeiten selbst erzeugen zwar auch Staub. Der meiste Staub wird jedoch durch die Lkw aufgewirbelt", verdeutlicht Richter.

Wer sich auf der Großbaustelle auf dem Killesberg aufhält, der kommt sich vor wie auf der A 6 zwischen dem Kreuz Weinsberg und dem Kreuz Walldorf. Ein Lastwagen nach dem andern rattert über die schmalen Straßen. Die einen transportieren Schadstoffe wie 40 Tonnen Asbest und 300 Tonnen Mineralwolle ab, die anderen karren neues Material an.

Wegen der teils unterirdisch gelegenen ehemaligen Messehallen beträgt die aufzuschüttende Höhe bis zu neun Meter. Die Hälfte der zum Auffüllen benötigten 200.000 Kubikmeter ist zwar Abbruchmaterial, das verkleinert und wieder eingesetzt wird. Die restlichen 100.000 Kubikmeter Boden werden aber in 6700 Lkw-Ladungen von den Baustellen in der Mercedes-Benz-Arena und der Stammheimer Straße in Zuffenhausen, wo ein Stadtbahntunnel entsteht, herbeigefahren. Mitte November soll die Baugrube auf dem Killesberg dann so weit aufgefüllt sein, dass sowohl die Landschaftsgärtner die Grünfläche bepflanzen können als auch der Bau der Wohnhäuser beginnen kann.

Stand heute wird dieser Zeitplan eingehalten. Ein Zeitplan, der für Baustellen unüblich ist. Denn neben der Vorschrift, möglichst wenig Staub zu verursachen, gibt es zum Schutz der Anwohner eine für die 30 Beschäftigten viel gravierendere Auflage. So dürfen sie hier nur von Montag bis Freitag zwischen 7 und 18 Uhr bohren, baggern und planieren - samstags nicht. "Samstags dürfen wir höchstens Reparaturen an Maschinen vornehmen. Sonst wären wir schon viel weiter", sagt Richter - und sieht's trotzdem positiv: Denn noch selten hatte er monatelang immer das komplette Wochenende frei.

Die für Günter Richter und Michael Schuhmann schöne Zeit neigt sich jedoch dem Ende entgegen. Den Großteil ihres Auftrags haben sie bereits erledigt.

Lediglich von den ehemaligen Hallen 6 und 9 stehen noch Ruinen - und auch die nicht mehr lange. Am kommenden Samstag wird der letzte Teil von Halle 6 abgerissen. Weil das Gebäude ein Stück auf den Gehweg herausragt und deshalb die Stresemannstraße einseitig gesperrt werden muss, gibt es für diesen Tag eine Sondergenehmigung. Ende Juli ist dann auch die ehemalige Halle 9 endgültig verschwunden. Schon Ende 2011 können hier die ersten Menschen in ihre Wohnungen einziehen und durch die Verlängerung des Grünen U spazieren.

Bereits Ende dieses Jahres werden die ersten Senioren auf der anderen Seite der Stresemannstraße ins Augustinum einziehen. Am grauen Betonkasten werden derzeit die Fensterscheiben eingesetzt. Keinerlei Bauarbeiten gibt es dagegen zurzeit auf der anderen Seite der Straße Am Kochenhof. Das Messeparkhaus ist zwar längst nur noch ein Haufen Schutt. Dort, wo aber Mitte 2011 die Modemeile Scenario ihre Pforten öffnen soll, tut sich nichts. Noch immer hat Investor Franz Fürst das Grundstück nicht von der Stadt gekauft. Bis auch auf dieser Straßenseite Bauarbeiter in Grisus Traumrolle schlüpfen können, wird es wohl noch einige Zeit dauern.