Die drei Preisträger des Medizin-Nobelpreises: William C. Campbell, Satoshi Omura und Youyou Tu. Foto:  

Die Forscher William C. Campbell, Satoshi Omura und Youyou Tu haben für ihre Forschung im Gebiet der Parasiten-Krankheiten den Medizin-Nobelpreis verliehen bekommen . Hier stellen wir die drei Mediziner vor.

Stockholm - Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an drei Wissenschaftler für ihre Therapieansätze gegen Parasiten-Krankheiten wie Malaria, Flussblindheit und Elefantiasis.

Die eine Hälfte erhält die Chinesin Youyou Tu. Die zweite Hälfte teilen sich der gebürtige Ire William C. Campbell und der Japaner Satoshi Omura. Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit. Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist mit umgerechnet 850 000 Euro (acht Millionen Schwedischen Kronen) dotiert.

Hier stellen wir die Preisträger vor.

William C. Campbell

Der Biochemiker und Parasitologe William Cecil Campbell wurde am 28. Juni 1930 im nordirischen Ramelton geboren. Für seine Entdeckung des Arzneistoffes Avermectin erhält er zusammen mit dem Japaner Satoshi Ōmura den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Avermectin wird bei der Behandlung von parasitären Infektionen, insbesondere gegen Fadenwürmer eingesetzt.

Campbell studierte am Trinity College der University of Dublin, wo er 1952 seinen Bachelor erlangte. Während eines Fulbright-Stipendium in den USA machte er an der University of Wisconsin–Madison 1954 seinen Master und promovierte 1957 mit einer Arbeit über Leberegel. Mehr als 30 Jahre (bis 1990) arbeitete er am Merck Institute for Therapeutic Research und war federführend bei der Entwicklung von Avermectin. 2002 wurde er zum Mitglied der National Academy of Sciences der Vereinigten Staaten gewählt. Derzeit lehrt und forscht Campbell als emeritierter Professor an der Drew University in Madison, US-Bundfesstaat New Jersey.

Das von Campbell und seinem japanischen Kollegen Satoshi Omura entdeckte Avermectin ist ein Antiparasitikum. Es wirkt also gegen Parasiten – hoch spezialisierte Lebewesen, die sich in der Regel von der Körperflüssigkeit anderer Organismen ernähren. Parasiten sind stark von ihrem jeweiligen Wirt abhängig.

Satoshi Ōmura

Satoshi Ōmura wurde am 12. Juli 1935 in der japanischen Präfektur Yamanashi geboren. Der Biochemiker ist vor allem bekannt für die Entdeckung und Entwicklung verschiedener in Mikroorganismen vorkommender Pharmazeutika. Ōmura studierte Chemie an der Naturwissenschaftlichen Universität Tokio, wo er 1963 seinen Diplomabschluss machte und 1968 in Pharmazie und 1970 in Chemie promoviert wurde. Ab 1963 forschte er an der Universität Yamanishi und ab 1965 war er am Kitasato Institut in Tokio. 1990 bis 2008 war er dessen Präsident.

Omura kultivierte spezielle Bakterien und Pilze – wie das die Avermectin produzierende Bakterium Streptomyces avermetilis. Seine Entdeckungen setzte er ein, um neue Arzneistoffe zu entwickeln, insbesondere von Antibiotika aus Makroliden (Substanzen, die als Stoffwechselprodukte in Bakterien und Pilzen vorhanden sind). Avermectin und sein Abkömmling Ivermectin werden heute als ein hocheffektives Mittel gegen in den Tropen verbreitete Wurmkrankheiten und andere Parasiten eingesetzt. Vor allem dient zur Bekämpfung der Onchozerkose (Flussblindheit).

Auslöser der Flussblindheit sind Fadenwürmern, die von Kriebelmücken übertragen werden, die in der Nähe fließender Gewässer leben. Die Infektion gefährdet die Augen und kann bis zur vollständigen Erblindung führen. Sie ist hauptsächlich in Afrika, Mittel- und Südamerika verbreitet.

Omura ist ein äußerst produktiver Forscher. Er entdeckte über 400 biologisch aktive Substanzen, die zu neuartigen Anti-Krebsmedikamenten sowie zu Wirkstoffen für die Tiermedizin und Pflanzenschutzmittel führten.

Schon in den 1970er Jahren suchte er nach antibiotisch wirksamen Naturstoffen. Er wurde fündig bei Bodenbakterien aus der Gruppe der Streptomyceten, in der Medizin keine Unbekannten. Bereits 1952 ging der Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung und Isolierung des aus diesen Bakterien gewonnen Antibiotikums Streptomycin an den Mikrobiologen Selman Waksman.

Der Japaner schickte damals seine Kulturen an seinen Fachkollegen, den irischen Parasitologen Iren William C. Campbell, darunter auch Bakterien der Art Streptomyces avermitilis. Der in den USA arbeitende Campbell erkannte sofort die Bedeutung von Omuras Fund. Bei seinen eigenen Experimenten mischte Campbell unter das Futter von Labormäusen ein von diesen Bakterien produzierten Stoff, der Fadenwürmern wirksam zu Leibe rückte. Dem daraus biochemisch isolierten Mittel gaben beide den Namen Avermectin.

Avermectin und das daraus weiterentwickelte Ivermectin wurden zur Basis einer ganz neuen Klasse von Medikamenten, die bei Menschen wie auch bei Tieren wirken. Die Parasitenkrankheiten Elephantiasis und Flussblindheit konnten dank der Forschungen von Ōmura und Campbell fast ausgerottet werden.

Bei der sogenannten Elephantiasis (auch Elefantenmann-Syndrom genannt) handelt es sich um eine abnorme Vergrößerung eines Körperteils – häufig die Beine – durch einen Stau im Lymphsystem. Die Krankheit tritt vor allem in den Tropen auf als Folge verschiedener Infektionen etwa durch Fadenwürmer oder Lepra. Die Würmer gelangen durch den Stich von Mücken ins lymphatische System und verursachen dort chronische Entzündung, die zu einem Lymphstau führen. Dadurch kommt es zu der typischen extremen Vergrößerung und Verhärtung der Haut.

Youyou Tu

Youyou Tu wurde am 12. Dezember 1930 in Ningbo, einer Küstenstadt in der ostchinesischen Provinz Zhèjiāng geboren. Die Pharmakologin ist neben Campbell und Omura die Dritte im Bunde der Ausgezeichneten. Aus gutem Grund: Tu entdeckte den zur Behandlung der Malaria eingesetzten Pflanzenstoff Artemisinin.

Tu studierte von 1951 bis 1955 an der Fakultät für Pharmazie der Medizinischen Universität Peking. Seitdem arbeitet sie am Institute of Materia Medica der Chinesischen Akademie für traditionelle chinesische Medizin. Die heute 84-Jährige entdeckte bei ihren Versuchen mit Pflanzenstoffen das Potenzial des Artemisinins, einer in der traditionellen chinesischen Medizin verwendeten Substanz aus Blättern und Blüten des Einjährigen Beifußes (Artemisia annua). Sie wirkt gegen Plasmodium falciparum, den Erreger der Malaria tropica. Die Sterblichkeitsrate Malariakranker ließ sich damit deutlich reduzieren.

1969 wurde die damals 38-Jährige der Staatszeitung „China Daily“ zufolge Leiterin eines Regierungsprojektes, bei dem ein Mittel zur Behandlung der Tropenkrankheit entwickelt werden sollte. Youyou Tu vereinte moderne Forschung und traditionelle chinesische Medizin. Auf der Suche nach neuen Medikamenten stieß sie auf ein 700 Jahre altes Kräuterrezept, das den Durchbruch brachte. Aus dem einjährigen Beifuß isolierte sie schließlich 1971 den Wirkstoff Artemisinin.