Ich werde in dieser schwierigen Situation alle Energie einsetzen“, sagt Matteo Renzi, Italiens designierter Ministerpräsident. Foto: dpa

Jetzt ist er offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt, aber schnell durchstarten wie gewohnt kann Matteo Renzi noch nicht: Vieles ist ungeklärt.

Jetzt ist er offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt, aber schnell durchstarten wie gewohnt kann Matteo Renzi noch nicht: Vieles ist ungeklärt.

Rom - Matteo Renzi denkt schnell, redet schnell, handelt schnell. Doch nun muss sich der 39-jährige Jurist, der der jüngste Regierungschef der italienischen Geschichte werden will, ganz ungewohnt in Geduld üben. Der politische Sprinter aus dem toskanischen Florenz braucht länger, um seinen Einzug in den Regierungspalast Chigi im Herzen von Rom perfekt zu machen.

Der Ton war bereits ein anderer. Seriöser, bedächtiger und ruhiger als gewohnt präsentierte sich Matteo Renzi am Montag der Presse im Quirinale-Palast von Rom. Hier befindet sich der Sitz von Staatspräsident Giorgio Napolitano, der Renzi am Montagvormittag mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt hatte. Renzi nahm das Mandat unter Vorbehalt an. Am Dienstag will der designierte Ministerpräsident die Beratungen mit den anderen politischen Kräften im italienischen Parlament beginnen. „Ich werde in dieser schwierigen Situation alle mir zur Verfügung stehende Energie einsetzen“, sagte Renzi. Gelingt die Einigung, soll er am Ende der Woche vereidigt werden.

Ob der seriösere Ton der Schwierigkeit seiner neuen Aufgabe geschuldet ist, darüber wurde in Rom spekuliert. Der bisherige Bürgermeister von Florenz und Chef der Demokratischen Partei (PD) überraschte zumindest erneut – diesmal mit einem ambitionierten Zeitplan. Sollte die neue Regierung kommen, will Renzi bereits bis Mai wichtige Reformen auf den Weg gebracht haben.

Noch im Februar soll die Änderung des Wahlrechts sowie einiger Verfassungsänderungen in die Wege geleitet werden. Im März werde sich die neue Regierung dem „Notstand der Arbeit“ widmen, so Renzi. Für April kündigte er eine Reform der öffentlichen Verwaltung an, für Mai eine Steuerreform. Die Regierung von Enrico Letta, den Renzi in einem parteiinternen Machtkampf verdrängt hatte, legte in zehn Monaten Amtszeit keine grundlegende Reform vor. Sie war auf dieselbe Mehrheit gestützt, mit der nun auch Renzi regieren will.

Fraglich ist daher, ob die noch nicht einmal gebildete Regierung diesen Zeitplan einhalten kann. Auch über die genauen Inhalte der Projekte ist noch wenig bekannt. Allein ein Kompromiss zur Änderung des Wahlrechts zwischen Renzi und Silvio Berlusconi liegt bereits vor. Berlusconis Partei Forza Italia will sich offiziell nicht an der Regierung Renzi beteiligen, kündigte aber eine „verantwortungsvolle Opposition“ an.

Wichtigster Partner für eine Koalition ist die Neue rechte Mitte (Ncd) von Angelino Alfano. Alfanos Ncd hatte sich im November von Berlusconis Partei als Splittergruppe losgesagt und fürchtet nun, in einem Kompromiss zwischen Renzi und Berlusconi aufgerieben zu werden. Im Hinblick auf den neuen Premier kündigte Alfano an, die Regierung werde nicht um jeden Preis entstehen. „Man kann nicht in 48 Stunden eine Regierung auf die Beine stellen, ich will mit Renzi das Programm diskutieren“, sagte Parteichef Alfano, fügte aber hinzu: . „Italien braucht und verdient große Dinge. Wir sind bereit für diese großen Dinge.“ Im Senat, wo das Mitte-links-Lager keine Mehrheit hat, ist Renzi auf die 31 Senatoren Alfanos angewiesen.

Offenbar gestaltet sich auch die Zusammensetzung des neuen Kabinetts kompliziert. Mehrere Ministerkandidaten sagten bereits ab. Besonders bei der Besetzung des wichtigen Amtes des Wirtschafts- und Finanzministers gab es bis Montag noch keine Fortschritte. Die Rede war unter anderem von Lucrezia Reichlin, früher Generaldirektorin der Europäischen Zentralbank, sowie Ex-EU-Kommissionspräsident Romano Prodi. Auch über eine Beteiligung von Ferrari-Chef Luca di Montezemolo wird spekuliert.

Der Kapitalmarkt zumindest reagierte positiv auf die Ernennung Renzis. Der Zinsaufschlag italienischer Staatsanleihen gegenüber deutschen blieb bei unter 200 Basispunkten. Im Krisenjahr 2011 war er auf 550 Punkte angestiegen. Dies gilt als Zeichen, dass Anleger sich von Renzi rasche Reformen erwarten. Italien hat einen riesigen Schuldenberg und galt lange als Wackelkandidat in der Euro-Schuldenkrise. Mittlerweile hat sich die Lage der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone stabilisiert. Renzi hat mit seiner Ankündigung, Italien mit konsequenten Reformen aus der Krise führen zu wollen, große Erwartungen geweckt. Renzi ist bereits der dritte Ministerpräsident seit dem Rücktritt Berlusconis 2011.