Martin Kaymer: Ab Donnerstag startet er Golfprofi beim Masters in Augusta Foto:  

Martin Kaymer zählt zum Besten, was der deutsche Golfsport zu bieten hat. Ab Donnerstag geht er beim legendären Masters in Augusta an den Start. Mit großen Ambitionen.

Martin Kaymer zählt zum Besten, was der deutsche Golfsport zu bieten hat. Ab Donnerstag geht er beim legendären Masters in Augusta an den Start. Mit großen Ambitionen.

 
Stuttgart. - Herr Kaymer, Golfspieler erzählen immer, dass man sich auf dem Platz so wenig Gedanken machen soll wie möglich. Aber wie lernt man, mit dem Denken aufzuhören?
(Lacht) Beim Golf ist wirklich oft die mentale Stärke ausschlaggebend. Ich habe zum Beispiel gelernt, dass man auch die negativen Gedanken akzeptieren muss. Sie einfach wegzuschieben bringt nichts. Sie sind ja da. Die Kunst ist es, sich zu konzentrieren, um positiv an den Start zu gehen. Auf Dauer ist das nicht einfach. Deshalb ist der Sport so schwer. Ich glaube, wir Profis würden am besten spielen, wenn wir einen komplett leeren Kopf hätten.
Haben Sie so einen Zustand schon mal erlebt?
Ja. Dieses Gefühlt kommt oft, wenn bei einem Turnier der Sieg nicht mehr in Reichweite ist. Dann kann man locker spielen, ganz ohne Druck. Man verlässt sich auf seine Erfahrung, das Talent und spielt einfach sein Ding – das ist meistens das Beste. Diese Einstellung auch sonst zu haben ist das Schwierige an unserem Sport.
Müssen Sie am letzten Loch nicht manchmal auch an die Millionen denken, die Ihnen als Turniersieger winken würden?
In diesem Moment habe ich gar keine Zeit oder keinen Platz in meinem Kopf, um an Dinge zu denken, die nichts mit dem Schlag zu tun haben. Kurz vor dem Putt bin ich immer ein bisschen nervös, aber es ist auch eine Riesenvorfreude auf das, was kommt. Man kann in solchen Situationen Geschichte schreiben. Bei mir gab es solch einen Moment beim Ryder Cup 2012. Ich konnte alles einfach genießen und war wirklich präsent. Ich glaube, man wird wegen solcher Geschichten Golfprofi, nicht wegen des Geldes.
Belastend wird es aber sicherlich sein, dass Sie vor wenigen Tagen in der Weltrangliste aus den Top 50 rausgerutscht sind, oder?
Der Druck der Weltrangliste ist eigentlich seit eineinhalb bis zwei Jahren nicht mehr da, weil ich einige Sachen geändert habe.
Aber die Top 50 ist die rote Linie. Wer darüber ist, muss sich zum Beispiel keine Gedanken um seinen Terminplan machen. Er braucht für kein Turnier eine Einladung.
Damit muss ich jetzt leben, aber es ist okay für mich. Ich habe da weniger Stress als viele andere. Für mich war es zwar immer wichtig, in den Top 50 zu sein, aber jetzt ist die Weltrangliste erst einmal sekundär. Ich freue mich einfach, dass die Saison nun richtig beginnt. Ich habe viel trainiert und hart gearbeitet. In den nächsten acht Wochen spiele ich sieben Turniere mit dem Höhepunkt Augusta. Wenn ich diese Turniere gut spiele, kommt die Weltrangliste ganz von alleine. Vielleicht können wir noch einmal in zwei, drei Monaten darüber sprechen.
Gerne. Vielleicht können wir dann auch über eine Erfolgsmeldung vom Masters sprechen, das an diesem Donnerstag beginnt. Bisher zumindest galt Augusta, das erste der vier Majors, nicht gerade als Ihr Lieblingsturnier.
Die ersten vier Jahre waren tatsächlich schwierig für mich. Da habe ich das Wochenende nicht erreicht. 
Was hat gefehlt, um in Augusta im Finale der Besten mitmischen zu können?
Ich hatte einfach diesen einen Schlag nicht drauf, der in Augusta sehr hilfreich ist, um ins Spiel zu kommen. Ich war zwar in der Weltrangliste ganz oben, aber kein kompletter Golfspieler. Ich habe mich dann mit meinem Trainer zusammengesetzt und angefangen, daran zu arbeiten. Und inzwischen weiß ich, wie gut die Stimmung in Augusta auch am Wochenende ist. Die letzten beiden Jahre waren gut. Ich bin bester Hoffnung.
Auf was? Den Turniersieg?
Letztes Jahr habe ich sehr gut aufgehört. Daran möchte ich anknüpfen. Meine beste Platzierung war irgendwas um die 30. Es wäre schön, dies verbessern zu können. Aber es ist immer so eine Sache mit Erwartungshaltungen, Zielen und Hoffnungen. Es geht nicht nur darum, darüber zu reden, ich muss auch die Leistung bringen. Augusta ist eine große Herausforderung und der erste Höhepunkt des Jahres. Im Tennis haben die Spieler die Grand Slams, auf die sie sich freuen. Wir haben die Majors.
An was haben Sie in der Vorbereitung auf die Saison speziell gearbeitet? Haben Sie wieder elementare Dinge umgestellt?
Nein, dieses Mal nicht. An seinem Golfspiel kann man immer etwas optimieren, selbst wenn es richtig gut läuft. Unter anderem haben wir viel am kurzen Spiel gearbeitet.
Auf was kommt es denn im Golf an – außer darauf, nichts zu denken?
Golf hat sehr viel mit Gefühl zu tun, sehr viel mit Selbstvertrauen. Und dann darf man sich, wie gesagt, nicht selbst im Weg stehen und zu viel über die Technik oder andere Sachen nachdenken.
Seit diesem Jahr sind Sie Markenbotschafter für Mercedes und unterstützen somit auch die Mercedes Trophy. Das Finale dieses Amateurturniers findet immer in Stuttgart statt. Werden wir Sie hier begrüßen dürfen?
Das ist der Plan. Ich bin sehr glücklich, Markenbotschafter für Mercedes zu sein und damit auch die weltweit größte Amateur-Golfturnierserie unterstützen zu können. Ich freue mich schon darauf. Vielleicht können die Spieler und ich Tipps austauschen, wie man ein Turnier gewinnt. Wenn es um die Anspannung geht, ist es im Grunde egal, ob Profi oder Amateur. Und vielleicht bringe ich dann auch tolle Erfahrungen vom Ryder Cup mit, der kurz zuvor zu Ende geht.
Sind Sie sich trotz Ihrer Weltranglisten-Platzierung sicher, beim Ryder Cup dabei zu sein?
Sicher kann man sich nie sein, aber die Saison fängt gerade erst mit den großen Turnieren an. Ich hoffe, dass es klappt. Für mich ist der Ryder Cup etwas ganz Besonderes.
Weil Sie da mal nicht Einzelkämpfer sind?
Ja, das ist sehr schön. Ich habe 15 Jahre Fußball gespielt. Das Mannschaftsgefühl vermisse ich schon ein bisschen. Golfer sind Einzelkämpfer, auch wenn ich ein Team um mich herum habe mit Manager, Pressesprecher, Physiotherapeut und so weiter. Beim Ryder Cup genieße ich es, die Freude und auch die bitteren Momente zu teilen. Im europäischen Team geht es zudem sehr familiär zu. Wir pushen uns gegenseitig. Wir spielen nur für die Ehre. Da geht’s um kein Preisgeld, um keine Weltranglistenpunkte – die ganzen materialistischen Dinge sind außen vor.
Würden Sie gerne wieder Fußball spielen?
Nebenbei würde ich das schon sehr gerne. Ich gehe auch oft ins Stadion. Vielleicht schaffe ich es dieses Jahr nach Brasilien zur WM, ich wurde vom Nationalteam eingeladen. Gespannt wäre ich auf die Vorbereitung. Wie bereiten sich Team und Trainer vor – da kann man bestimmt etwas lernen. Ich freue mich immer, mit Fußball zu tun zu haben. Ich spreche gerne die Sprache, die auf dem Fußballplatz herrscht. So bin ich aufgewachsen. Fußball ist ein bisschen Zuhause.
Dabei scheinen Fußball und Golf Welten zu trennen.
Das war mal so. Klar ist es immer noch ein bisschen anders, aber Golf ist viel moderner geworden. Es ist eine andere Zeit. Es gibt ja auch sehr viele Fußballspieler, die Golf spielen, und ich bin selbst wahnsinnig gerne auf dem Fußballplatz.
Aber Sie sind schon auch noch gerne Golfer?
(Lacht) Natürlich. Ich bin nach wie vor mit dem Herzen dabei und habe noch einiges vor.
Meinen Sie damit Rio 2016, wenn Golf wieder zum olympischen Programm gehört?
Genau. Die Vorbereitung dafür hat ja jetzt schon fast begonnen. Wir haben das im Kopf, arbeiten darauf hin. Die Vorfreude ist riesig, denn mehr als Olympische Spiele geht für mich einfach nicht.