Wer nach Stuttgart zieht, muss sich auf der Suche nach der geeigneten Immobilie in einer langen Schlange einreihen. Viele mieten sich deshalb erst einmal für ein paar Jahre eine Wohnung. Foto: Mierendorf

Makler in Stuttgart tun sich derzeit schwer. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien zum Kauf ist groß, das Angebot überschaubar.

Stuttgart - Der Bär auf der Terrasse ist gut beieinander. Auf den Hinterbeinen stehend, kommt er fast auf zwei Meter. Seit fünf Jahren blickt er schon über die Dächer im Stuttgarter Westen. Erich Hildenbrandt hat den Kunststoffkoloss bei einer Charité-Aktion zu Gunsten Unicef vor fünf Jahren ersteigert. Seitdem beeindruckt der bunt bemalte Buddy Bear die Besucher des Stuttgarter Immobilienmaklers. Bären sollen ein dickes Fell haben.

Das sagt man auch Erich Hildenbrandt nach. Vor rund 13 Jahren hatte der 'Spiegel' Hildenbrandt, damals noch Vizepräsident und Sprecher des Verbandes Deutscher Makler VDM, im Visier, weil er bei Immobilienverkäufen von seinen Kunden je vier Prozent anstelle der in Baden-Württemberg üblichen drei Prozent verlangte. Das sei die Grenze der Unverschämtheit, zitierte damals das deutsche Nachrichtenmagazin einen Mitbewerber. Mittlerweile haben viele von Hildenbrandts Kollegen die damals kritisierte Regelung selbst übernommen. Erich Hildenbrandt, heute Ehrenvorsitzender der VDM Nachfolgeorganisation IVD Immobilienverband Deutschland Süd, gilt als exzellenter Kenner des Stuttgarter Immobilienmarktes.

Viele Wohnungen lagen wie Blei in den Bilanzen

Auf Fachveranstaltungen wie Podiumsdiskussionen bricht er gern einmal eine Lanze für seinen Berufsstand. Sein Provisionsmodell für den Verkauf einer Immobilie verteidigt er nach wie vor, auch wenn sich die Makler im Moment unisono schwer tun. Denn die wenigen Wohnobjekte, die überhaupt noch zu fairen Preisen auf dem Immobilienmarkt der Landeshauptstadt zum Kauf angeboten würden, fänden deutlich schneller als noch vor zwei Jahren einen Käufer, sagt er 'Deshalb glauben manche Verkäufer, keinen Makler zu brauchen', wundert sich Hildenbrandt.

Viele Makler beschäftigten sich derzeit deshalb auch mehr mit der Akquise als mit dem Vermitteln von Objekten. Das war um die Jahrtausendwende noch anders. Nach dem Wegfall der Eigenheimzulage und den steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für Eigennutzer lagen plötzlich viele Wohnungen auch in Stuttgart wie Blei in den Bilanzen der Bauträger und Wohnbaugesellschaften. 'Die waren froh, wenn sich überhaupt ein Makler fand, der die Wohnungen verkaufen wollte', erinnert sich Hildenbrandt. Anders die Situation auf dem gehobenen Mietwohnungsmarkt. Zwar ist hier das Angebot in der Landeshauptstadt auch eng, durch den stetigen Wechsel in den Chefetagen vieler Firmen ist die Fluktuation aber größer, erläutert Hildenbrandt.

'Wer aus einer der anderen deutschen Metropole versetzt wird, wohnt erst einmal zur Miete. Gekauft werde ein paar Jahre später, wenn man weiß, dass man in der Stadt bleibt. 'Das ist in Metropolen wie München oder Hamburg anders', so der Makler. Zu Hildenbrandts Kunden zählen seit Jahren prominente Vorstände großer Konzerne sowie Künstler und Sportler. Selbst der eine oder andere Stuttgarter Kommunalpolitiker soll am Anfang seiner Karriere schon bei Erich Hildenbrand zur Miete gewohnt haben. Das Geschäft mit den Promis werde aber überschätzt, wiegelt Hildenbrandt ab.

"Der Schwabe wartet erstmal ab"

Andererseits sei er auch froh, dass Stuttgart nicht so eine gewachsene Promiszene wie München, Köln oder Hamburg habe. Kauft sich dort ein angesagter Prominenter in einem Objekt ein, tritt meist kurzfristig ein Teuerungseffekt ein. 'Der steht dann aber meistens nicht im Verhältnis zum Wert der Immobilie', glaubt Hildenbrandt. Überhaupt bricht der Makler eine Lanze für die Schwaben. Sie würden nicht jedem Immobilientrend hinterherlaufen. 'Der Schwabe wartet erst einmal ab, ob etwas funktioniert, bevor er investiert.' Und: Wer wirklich Geld hat, setzt in der Landeshauptstadt schon immer auf die gewachsenen Gebiete wie Killesberg, Gänsheide oder Degerloch. Allerdings sei die Suche in diesen Gebieten nach einem geeigneten Objekt schwierig.

'An gute Immobilien - vor allem Einfamilienhäuser - kommt man in Stuttgart nur sehr schwer heran.' 'Unser Problem ist oft die Zeit.' Wenn ein derartiges Objekt auf den Markt kommt, seien es meistens Erbengemeinschaften, die oft nicht am Ort leben und deshalb den Kauf möglichst schnell abwickeln wollten. Deshalb landeten die meisten dieser Objekte auch bei Bauträgern. Das ärgert den Makler.

Denn gerade eine Stadt wie Stuttgart sollte eigentlich auch eine gewisse Anzahl von Einfamilienhäusern mit größeren Grundstücken vertragen können. Einer Stadt, die nur noch aus Eigentumswohnungen besteht, der fehlt doch etwas... - stellt er in den Raum. Hildenbrandt beobachtet den Stuttgarter Wohnungsmarkt seit über drei Jahrzehnten. Er hat das Auf- und Ab von Angebot und Nachfrage mehr als einmal miterlebt. Deshalb sieht er das, was gerade in Stuttgart alles so gebaut wird, auch mit gemischten Gefühlen. Einerseits sei die Nachfrage nach großen Wohnungen überproportional hoch. Ob all die Luxuswohnungen, die derzeit in Stuttgart entstehen, auch tatsächlich gebraucht werden, bezweifelt der Makler.

Letztendlich fehlten dann doch wieder Zwei- und Dreizimmerwohnungen, die derzeit kaum jemand plane und baue. Als Erich Hildenbrandt vor 35 Jahren den Beruf des Maklers ergriff, hielten ihn seine Freunde für verrückt. Makler rangierten damals auf der Beliebtheitsskala ganz weit unten. 'Die Branche ist zwar immer noch nicht wirklich gut angesehen, aber mit dem Image des Berufsstandes wird es von Jahr zu Jahr besser', reflektiert der Makler die zurückliegenden Jahrzehnte. Nicht zuletzt auch, weil sich bei der Ausbildung vieles getan habe, stellt er anerkennend fest. Auch die Finanz- und Eurokrise hat den Immobilienbesitz wieder stärker in den Fokus gerückt.

Doch nicht jede Immobilie sei ein lohnendes Geschäft, warnt Hildenbrandt. 'Wenn ich Geld verdienen will, kaufe ich weder eine Immobilie auf dem Land noch einen Neubau', erklärt der Makler sein Geschäftsmodell. Damit sei er die letzten 35 Jahre gut gefahren.