„Opelaner“ im Jahr 2009 auf dem Weg zu einer Kund- gebung: im Fall des Autobau- ers drücken die Mitarbeiter wohl Identifikation mit dem Unternehmen und der Marke aus, sie kämpfen aber auch um den Arbeitsplatz. Durch drohende Werkschließungen leidet das Image des Unternehmens. Foto: dpa

Die eigenen Mitarbeiter können nach wie vor am glaubwürdigsten für den Arbeitgeber sprechen.

Berlin - Der Blick von oben scheint seit Jahren ein Dauerbrenner zu sein, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter einsetzen, um ein positives Bild nach außen abzugeben. „3M” entsteht da aus 3000 rot gekleideten Beschäftigten, die beim Technologiekonzern 3M während des Familienfestes vom Hubschrauber aus fotografiert wurden: Aus der Ferne erinnert das Ganze an ein Tulpenfeld inmitten einer Wiese, aus der Nähe hatten die Mitarbeiter wohl Spaß, bis alle so standen, wie es sich der Fotograf vorgestellt hatte.

Die Otto Group wiederum, die dem Web 2.0 in Sachen Personalmarketing und Arbeitgeber-Image sehr zugeneigt ist, hat im Rahmen einer internen Veranstaltung des Personalbereichs sämtliche Mitarbeiter in weiße Overalls gesteckt, die dann unter Anleitung einer Choreografin mit ihren Körpern Moving Pictures - Figuren, aufgenommen aus der Vogelperspektive - bildeten. Wolf Reiner Kriegler, Geschäftsführer der Deutschen Employer Branding Akademie (DEBA) in Berlin, findet solche Aktionen „keine schlechte Botschaft”, wenn der Zuschauer dadurch erkenne, dass „die Mitarbeiter Spaß bei der Arbeit” haben. Aber solche Aktionen seien „spaßstiftend, nicht identitätsstiftend”. Oder anders gesagt: Wenn ein Unternehmen eine Marke als Arbeitgeber aufbauen möchte, erregen Aktionen wie die beschriebenen zwar Aufmerksamkeit, aber Employer Branding ist sehr viel mehr als Image-Werbung. „Für ein funktionierendes Employer Branding bedarf es einer Unternehmenskultur, in der der Mitarbeiter gerne für seinen Arbeitgeber einsteht, mit leuchtenden Augen von ihm berichtet”, sagt Kriegler. „Die Mitarbeiter müssen sich dazu wohlfühlen im Unternehmen, sie müssen intrinsisch motiviert sein.”

„Ein Botschafter vertritt immer nur die Meinung der Regierung seines Landes"

Dann werden Mitarbeiter zu Markenbotschaftern. „Markenbotschafter sind Mitarbeiter, die die Arbeitgebermarke verkörpern und kommunizieren”, so Florian Semle, Kommunikationsberater und Blogger aus München. „Sie äußern sich transparent und offen - in Bereichen, die für die klassische Unternehmenskommunikation kaum zugänglich sind: in Blogs und sozialen Netzwerken, auf Veranstaltungen, im alltäglichen Miteinander, kurz: dort wo nicht nur Wahrnehmung, sondern Glaubwürdigkeit für die Marke erzeugt wird, weil Menschen zu dir sprechen und nicht Plakatwände.” Wobei DEBA-Geschäftsführer Kriegler die Vorstellung des Markenbotschafters mit Blick auf das Employer Branding nochmals gegen den Strich bürstet, um die Problematik der Idee zu verdeutlichen: „Ein Botschafter vertritt immer nur die Meinung der Regierung seines Landes, er ist weder authentisch noch unabhängig.”

Aber genau diese beiden Eigenschaften - authentisch und unabhängig - seien extrem wichtig, wenn Mitarbeiter ein Arbeitgeber-Image transportierten. Daher lässt sich nicht „von oben” verordnen, dass Beschäftigte ein positives Bild des Unternehmens zeichnen. Die Idee des Markenbotschafters, die ja aus der Marketingkommunikation entlehnt ist, lässt sich also nicht eins zu eins aufs Employer Branding übertragen. Gefragt ist vielmehr eine gute Unternehmenskultur, dann setzen sich die Mitarbeiter fast automatisch für ihren Arbeitgeber ein - bei der Arbeit und im Dialog gegenüber Dritten. Oder anders formuliert: Unternehmen, die nach innen und außen attraktiv und unverwechselbar sein wollen, müssen die postulierten Werte auch tatsächlich leben, sonst funktioniert die Sache nicht. Eine gute Unternehmenskultur zu schaffen, kostet freilich Zeit, Mühe und daher auch Geld. Denn es ist eine strategische Managementaufgabe. „Als Arbeitgeber sollte man in Worte fassen können, was einen auszeichnet, welche Mitarbeiter zu einem passen und welche nicht - und wohin das Unternehmen sich entwickeln möchte”, sagt Kriegler. Dies müsse das Unternehmen dann in geeigneter Weise nach außen kommunizieren, etwa in Stellenanzeigen, und nach innen in der Führungskultur und der Personalentwicklung verankern.

Ob es funktioniert oder nicht, lasse sich dann in der Praxis durchaus erkennen. „Aus einer guten Positionierung als Arbeitgeber ist letztlich ablesbar, ob ein Unternehmen zum Beispiel stärker in die Gesundheitsvorsorge der Mitarbeiter oder in die betriebliche Kinderbetreuung investieren sollte”, ist Kriegler überzeugt. „Und eine gute Stellenanzeige ist diejenige, auf die sich nur geeignete Kandidaten bewerben, weil die anderen bereits anhand des Anzeigentextes erkennen können, dass sie nicht ins Unternehmen passen.”