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Eine Schnapsidee, ein Affe und 47 Zutaten. Wie der Gin in den Schwarzwald und Spirituosenriese Pernod Ricard auf den Geschmack kam.

Loßburg - Vom Nordschwarzwald in die weite Welt – diesen Weg fand der Monkey 47 schnell:  Als Christoph Keller und Alexander Stein  ihren Black Forest Dry Gin vor sechs Jahren auf den Markt brachten, waren die ersten 2000 Flaschen in wenigen Tagen ausverkauft. Bald war das Destillat aus dem Schwarzwald in Kennerkreisen ein Begriff, und eine steile Erfolgsgeschichte begann.

In die steigt nun  Pernod Ricard Deutschland ein, Tochterunternehmen der Gruppe Pernod Ricard mit Hauptsitz in Paris. Somit turnt der Kult-Affe wohl bald unter dem Dach des nach eigenen Angaben weltweit zweitgrößten Spirituosen-  und Weinkonzerns. Den Vertrag zur Übernahme  der Mehrheitsanteile  von »Monkey 47« haben Pernod Ricard Deutschland und die Black Forest Distillers GmbH  in Berlin schon unterzeichnet. Das Kartellamt muss noch zustimmen. Bis Ende März, meint Nicole Lichius von Pernod Ricard, soll alles unter Dach und Fach sein.

Schon seit einigen Jahren verfolgt der Konzern den stetigen Aufwärtstrend   des edlen Wacholder-Tropfens. Nun, so Lichius, war die Zeit für die Übernahme der Mehrheitsanteile reif. Groß schluckt Klein: Will der Konzern dem Affen ans Fell? Keineswegs, versichert die Pressesprecherin von Pernod Ricard: »Monkey 47 ist eine einmalige Erfolgsgeschichte. Wir wären dumm, wenn wir etwas daran ändern würden.« Deshalb wolle Pernod nicht in die Produktionsbedingungen  eingreifen. So bleibt Alexander Stein Gesellschafter und Geschäftsführer der Black Forest Distillers GmbH mit Firmensitz im Loßburger Ortsteil Betzweiler im Kreis Freudenstadt.  

Der Monkey 47 in der altertümlichen Apothekerflasche  hat sich zur  wohl bekanntesten deutschen Gin-Marke entwickelt. Das Produkt  ist inzwischen vielfach prämiert. Und man kann es als eine List der   Spirituosenwelt verstehen:  Vor fünf Jahren wurde Monkey 47  bei einer Blindverkostung in England gar  zum besten Gin der Welt gekürt. Das blieb nicht ohne Wirkung.    Schnell kletterte der Absatz auf  150 000 Flaschen  im Jahr 2013. Aktuellere Zahlen nennt das Unternehmen nicht.    Aber dem Kult-Affen geht es offenbar nach wie vor prächtig.

Im Schwarzwald gibt es, was man für Englands Nationalgetränk braucht: Kräuter, Beeren, Früchte und gutes Quellwasser

Seine Vorgeschichte ist abenteuerlich: Vor sieben Jahren  gab der damalige Nokia-Manager Alexander Stein seinen Job auf, um  eine »Schnapsidee« zu verwirklichen –   zusammen  mit dem Destillateur Christoph Keller. Sie geht auf eine Legende zurück: Im Juli 1945 wurde Commander Montgomery  Collins  von der Royal Air Force in den britischen Teil Berlins  versetzt.  Dort setzte sich der Engländer nach Kriegsende  für den Wiederaufbau des Berliner Zoos ein und übernahm eine Patenschaft für einen Affen namens  Max. 1951  schied Collins aus der Royal Air Force aus  und zog in den Nordschwarzwald.

Dort wollte er als echter Brite nicht auf  einen guten Gin verzichten  und kreierte den ersten Black Forest Dry Gin.  Denn Collins erkannte, dass  es in der Gegend viel gab, was  man für das englische Nationalgetränk braucht – Kräuter Beeren, Früchte und gutes Quellwasser.  Dazu nahm Collins noch exotische Früchte, die er aus seiner Kindheit in Indien kannte. In Erinnerung an den Berliner Affen nannte er seinen Gin »Max Monkey«.

Christoph Stein und Alexander Keller begannen, mit dem alten Rezept zu tüfteln und experimentierten zwei Jahre  lang.  120 Testdestillationen mit wechselnden  Zutaten entstanden. Die besten fünf wurden  der Deutschen Barkeeper-Union bei einer Verkostung vorgestellt. Nach der Vorauswahl der Barkeeper stand die Entscheidung für den Monkey 47 fest.

Die Zahl im Namen steht für die Zutaten:  47 Kräuter, Gewürze und Beeren  geben dem Monkey seinen eigentümlichen Geschmack. Darunter sind Zitronen, Preiselbeeren, Fichtensprossen, Schlehen, Brombeerblätter, Holunderblüten –  und als Hauptzutat Wacholder. Aber  die Beeren aus der Region sind nicht für die Produktion geeignet  – sie bekommen zu wenig Sonne ab.  Deshalb werden die Wacholderbeeren für den Gin aus Kroatien und der Toskana importiert.  Gut ein Drittel aller Zutaten stammt aus der Region.

Ein waschechter Schwarzwälder war der Monkey 47 bis vor einigen Monaten ohnehin nicht: In Betzweiler wurde der  Dry Gin  lediglich abgefüllt.  Gebrannt wurde er  in der Stählemühle  in der Nähe des Bodensees. Aber es war, wie Geschäftsführer  Alexander Stein gestern auf Anfrage unserer Zeitung  sagte, »von Anfang an unser Herzenswunsch, die Produktion von Monkey 47 wieder im Schwarzwald zu beheimaten«.

Ein, wie der Unternehmer einräumt, »eher romantisches denn wirtschaftliches Ansinnen«. So  baute   Stein in 24-Höfe, dem Nachbarort von Betzweiler, auf einem ehemaligen Hof eine Destillerie. Die Arbeiten  wurden  im Oktober weitgehend abgeschlossen und die Produktion verlagert.

24-Höfe: Schon allein der Name der neuen Heimat der Destillerie dürfte Garant dafür sein, dass sich auch künftig Legenden um das Getränk aus dem Schwarzwald ranken werden. Der Vermarktung dürfte das nicht schaden.   Alexander Stein jedenfalls will weiter an der Erfolgsgeschichte schreiben. So soll in 24-Höfe ein  Ausstellungsbereich, in dem Verkostungen angeboten werden, entstehen –  ein angemessenes Refugium  für den Schwarzwaldaffen.