Die Polizei hat Personalsorgen. Foto: dpa

Größter Teil der Straftaten von deutschen Staatsbürgern begangen. Polizei leidet an akutem Personalmangel.

Loßburg - Um Sicherheit und Polizeipräsenz machen sich die Loßburger Gedanken. Doch im Gemeinderat zeigte sich: So schlecht ist die Lage nicht.

Die Gemeinde Loßburg hat in der Fachklassifizierung nur eine "moderate" Kriminalitätsbelastung. Einbruchserien in der Umgebung hatten in der jüngeren Vergangenheit auch Bürger und Verwaltung in Loßburg verunsichert – vor allem, da die Gemeinde über keinen eigenen Polizeiposten mehr verfügt. Bürgermeister Christoph Enderle hatte deshalb den Leiter des Polizeireviers Freudenstadt, Polizeioberrat Gerold Schumacher, und Dieter Wahr, Leiter des Polizeipostens Alpirsbach, zu der Sitzung eingeladen. Dort sollten die Beamten den Loßburgern ein Bild der Sicherheitslage zeichnen.

Mit reichlich Statistiken ausgerüstet, erläuterte Schumacher die Entwicklungen der vergangenen Jahre. Laut Zahlen sieht es mit der Kriminalität in Loßburg erträglich aus. Im vergangenen Jahr wurden 123 Vorfälle erfasst, 2006 waren es noch 186 Fälle. Die Aufklärungsquote liegt bei 67 Prozent. Die Straftaten sind hauptsächlich Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und schwere Diebstähle – wozu auch Einbrüche zählen. Drei Einbrüche hat es 2014 in Loßburg gegeben, zwei davon wurden aufgeklärt. Der größte Teil der Straftaten wird von deutschen Staatsbürgern begangen.

Doch Gemeinderäte wie Bürgermeister vermochten die Zahlen nicht ganz zu beruhigen. Der Kriminalitätsrückgang, so war zu hören, könnte auch damit zusammenhängen, dass in Loßburg mangels Polizeiposten manches gar nicht mehr angezeigt würde. Schömbergs Ortsvorsteher Kurt Winter sorgte sich, ob die Polizei sich weiter aus dem Raum Loßburg zurückziehen könnte. Gunter Armbruster (Freie Wähler) schilderte eine eigene Erfahrung: An einem Wochenende sei bei zwei Delikten über eine halbe Stunde verstrichen, bis die Polizei vor Ort war: "Das ist schon ewig lang."

Gerold Schumacher stellte sich Fragen und Kritik mit gefasster Routine, die den Eindruck erweckte, als ob er auf solche Anliegen schon sehr häufig habe eingehen müssen. "Die Strukturreform der Landesregierung hat unsere Arbeit stark verändert", erklärte der Polizeioberrat. Einsätze würden mittlerweile zentral von Tuttlingen aus gesteuert. Der Vorteil an der Sache sei, dass viele Kräfte flexibel zu Brennpunkten einbezogen werden können – etwa bei den steigenden Zahlen an Demonstrationen, aber auch bei Einsätzen gegen Hooligans. Der Nachteil sei, dass diese Kräfte dann anderswo fehlen. Weite Anfahrtswege machten eine schnelle Reaktionszeit zudem oft nicht möglich – und vor allem leide die Polizei inzwischen an akutem Personalmangel.

"Es ist nicht ungewöhnlich, dass es an einem Samstagabend mehr Einsätze als Polizeikräfte gibt", sagte Schumacher. Dann bleibe nur eine Priorisierung – und bei der landen Delikte wie Sachbeschädigung einfach weiter hinten. 61 Beamte sollten eigentlich im Polizeirevier Freudenstadt Dienst tun, derzeit sind es knapp 50.

Während Schumacher sich auf die statistischen Fakten und das daraus Ableitbare konzentrierte, sprach Alpirsbachs Postenchef Dieter Wahr von der Seele weg und lieferte ein anschauliches Bild dessen, was für die drei Beamten des auch für Loßburg zuständigen Postens mittlerweile zum Tagesgeschäft gehört. Dort reichen die Aufträge von Mediation beim Nachbarschaftsstreit – "so was kostet mich zwei Stunden wie nichts" – bis zum Chauffeur-Dienst zum Gericht oder Vollzug. Eine immer prozessfreudigere Bürgerschaft sorge für Aktenstapel mit Beleidigungsanzeigen, wachsende Internetkriminalität binde Ermittlungskräfte im Inneren, die außen fehlen.

Eine regelmäßige Streife werde deshalb auch von Alpirsbach seit Jahren nicht mehr gefahren, wie Wahr zugab: "Die Zeit haben wir gar nicht." Die Angst, dass auch der Polizeiposten in Alpirsbach dicht gemacht werden könnte, suchten aber Wahr und Schumacher gleichermaßen zu zerstreuen. "Den kann man nicht zumachen", meinte Wahr. "Das geht gar nicht." Die Gefahr des weiteren Rückgangs beim Personal hingegen ist nicht gebannt – der nächste Pensionseintritt steht bald an. Dennoch: Ein allzu düsteres Bild wollte Bürgermeister Christoph Enderle bei diesem sensiblen Thema nicht stehen lassen. "Die Lage ist so schlecht nicht."

Einen Wink mit dem Zaunpfahl hinsichtlich der Polizeireform konnte sich Enderle nicht verkneifen: Bei der Landtagswahl nächstes Jahr habe der Bürger die Möglichkeit, hier Einfluss zu nehmen.