Von der Aussicht auf Windräder sind die Schömberger ganz und gar nicht begeistert. Foto: Jansen

Vor-Ort-Termine potenzieller Investoren in Schömberg wecken Empörung. Stadtwerke Stuttgart sondieren mögliche Standorte.

Loßburg-Schömberg/Alpirsbach - In dem idyllischen Höhenteilort Loßburgs ballt sich massiver Widerstand zusammen. Denn in Sichtweite, so befürchten die Schömberger, sollen auf der benachbarten Gemarkung Ehlenbogen Windkraftanlagen gebaut werden – von bis zu zehn ist die Rede. Droht den Schömbergern eine optische Verspargelung, wie Ortsvorsteher Kurt Winter befürchtet? Von konkreten Vorhaben ist nichts bekannt, aber in Schömberg zieht bereits ein Proteststurm auf. "Die Volksseele kocht", sagt Winter. Denn die Bewohner des Höhenteilorts von Loßburg fühlen sich übergangen und empören sich über die Art und Weise, wie die potenziellen Betreiber der Windkraftanlagen vorgehen.

Mögliche Investoren führen bereits Gespräche mit Grundstückseigentümern, sagt Winter. Die Schömberger müssten bereits bei der Vorplanung einbezogen werden, meint Ortsvorsteher Winter und weiß bei dieser Forderung den gesamten Ortschaftsrat hinter sich. Weder die Gemeinde- noch die Ortschaftsverwaltung sei über die Vorhaben informiert worden. Winter sieht den Panoramablick von Schömberg in Richtung Ehlenbogen in Gefahr. Von fünf bis zehn Windkraftanlagen werde gesprochen, mit einer Nabenhöhe von 160 Metern und einer Gesamthöhe von rund 200 Metern.

Dem Ortschaftsrat geht es nicht allein um die Verspargelung. "Die gesamte Logistik, die Transportwege für die Windkraftanlagen müssten über Schömberg führen", befürchtet der Ortsvorsteher. Denn die Wege von Ehlenbogen und Alpirsbach zu den angepeilten Standorten seien dafür ungeeignet.

Unter den möglichen Investoren für Windkraftanlagen in Sichtweite der Schömberger sind auch die Stadtwerke Stuttgart GmbH. Sie sondieren derzeit zusammen mit einem Projektentwickler in Ehlenbogen mögliche Standorte für Windkraftanlagen, bestätigt Michael Isenberg, Leiter Unternehmenskommunikation und Marketing bei den Stadtwerken Stuttgart, auf Anfrage unserer Zeitung. "Viele Energieversorger bewerben sich um wenige potenzielle Standorte in Baden-Württemberg", sagt er. "In solchen Verfahren ist man häufig mit Partnern unterwegs." Es gehe derzeit darum, Standorte zu suchen, Gespräche mit den Grundstückseigentümern zu führen, herauszufinden, ob das Gelände zur Verfügung steht, und es zu sichern. Wenn die Stadtwerke zu dem Schluss kämen, dass die Voraussetzungen für einen Standort gegeben sind, würden Voruntersuchungen eingeleitet. Dann, so Isenberg, würden die Stadtwerke auch die Öffentlichkeit informieren, Ortschafts- und Gemeinderäte einbeziehen.

An konkret ins Auge gefassten Standorten werden laut Isenberg in der Regel ein Jahr lang Windmessungen vorgenommen. Dazu wird ein rund 100 Meter hoher Messmast errichtet, der später wieder abgebaut wird. Für den Mast müssten die Stadtwerke nicht unbedingt ein Grundstück kaufen, sondern könnten es auch pachten. Auch artenschutzrechtliche Auflagen könnten bereits in dieser frühen Phase abgeklärt werden. "Wir gehen bürgernah und transparent vor", versichert Isenberg. "Sofern der Standort tatsächlich in Frage kommt und es eine Voruntersuchung geben sollte, werden wir die Bürger über den Ablauf und die Ergebnisse der Untersuchung informieren."

Ein Bauantrag für eine oder mehrere Windkraftanlagen liegt bei der Alpirsbacher Stadtverwaltung noch nicht auf dem Tisch, sagte Bürgermeister Reiner Ullrich im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Aber beim Thema Windenergie kommt der Stadt Alpirsbach ohnehin eine eher passive Rolle zu. Denn der Gemeinderat hat Anfang des Jahres beschlossen, die Teilflächennutzungsplanung Windenergie nicht weiter zu verfolgen. Hauptgrund dafür sind erhebliche finanzielle und personelle Vorleistungen, die dafür nötig wären.

Nun wartet der Gemeinderat ab, bis konkrete Projekte vorliegen. Ullrich bestätigt, dass es Interessenten für den Bau von Windkraftanlagen auf Alpirsbacher Gemarkung gibt, darunter auch ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, und Investoren wohl auch schon mit Grundstückseigentümern in Ehlenbogen gesprochen hätten. Auch die örtliche Bürger-Energie eG wolle in die Nutzung von Windenergie einsteigen.

Falls eine Gemeinde in ihrer Flächennutzungsplanung keine Aussagen zum Thema Windenergie trifft, sind Windenergieanlagen im Außenbereich grundsätzlich als privilegierte Anlagen zulässig. Der Vorteil für die Kommune besteht laut Stadtverwaltung darin, dass für sie kein finanzieller Aufwand entsteht und alle Kosten vom Investor zu tragen sind. Der Nachteil ist , dass die Gemeinde nicht steuern kann, wo Windenergieanlagen entstehen. Mögliche Standorte werden nach rechtlichen, und das heißt vor allem auch naturschutzrechtlichen, und wirtschaftlichen Aspekten geprüft. Im Hinblick auf die Verspargelung müsste schon eine beträchtliche Störung des Landschaftsbilds vorliegen, um als Grund für eine Ablehnung zu genügen. Ullrich: "Zu sagen, es gefällt mir nicht, wäre zu wenig."

Auch bei der jüngsten Sitzung des Alpirsbacher Gemeinderats kam das Thema zur Sprache. FWV/CDU-Stadtrat Hans-Dieter Rehm sprach an, dass es im Bereich Ehlenbogen, Reinerzau und Schömberg offensichtlich Aktivitäten zum Bau von Windkraftanlagen gebe. Der Gemeinderat müsse sich im Rahmen seiner Planungshoheit damit befassen. Bürgermeister Reiner Ullrich sah zwar derzeit keinen Handlungszwang, will das Gremium über das Thema allerdings auf dem Laufenden halten.

Mit Informationen allein wäre es für die Schömberger allerdings bei Weitem nicht getan: "Wir werden uns mit allen Mitteln wehren", kündigt Ortsvorsteher Winter für den Fall der Fälle an, "wir gehen auf die Barrikaden."