Sebastian Heinzel (mit Mikrofon) dankte den Haupakteuren – Einheimische und Flüchtlinge – bei der Filmpremiere. Foto: Filmwelten

Mehr als 500 Zuschauer bei der Filmpremiere von "Hotel Panorama" im Kinzighaus. Bereits zweiter Abend angesagt.

Loßburg - Groß war der Andrang im Loßburger Kinzighaus bei der Premiere des Films über die Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Hotel Panorama.

Mehr als 500 Zuschauer folgten der Einladung des Vereins Kulturwelten und des Freundeskreises Asyl Loßburg ins Kinzighaus zur Uraufführung des Films "Hotel Panorama". Er entstand bei einem integrativen Filmworkshop unter Leitung der Filmemacher Liza und Sebastian Heinzel. Da das Kinzighaus aus allen Nähten platzte, wurde spontan ein zweiter Filmabend zugesagt.

Der Duft frisch gebratener Falafel zieht über den Loßburger Rathausplatz, während Hunderte von Menschen ins Kinzighaus drängen. Vor der Tür steht Nazir Alchikh mit seinem syrischen Kochteam unter einem Pavillon. Der 31-jährige Syrer trotzt dem Gewitterregen und brät lächelnd Kichererbsenbällchen, die er mit frischem Gemüse und Salat in kleinen Teigröllchen kostenfrei an die Gäste verteilt. Nazir Alchikh ist später auch als Protagonist im Film zu sehen, in dem der Koch seine dramatische Fluchtgeschichte erzählt: Mit seiner Frau und seinen Kindern entkam er dem Krieg in Syrien in ein Flüchtlingslager nach Amman in Jordanien.

Die Situation war schwierig dort für die Familie, sodass er sich entschloss, alleine nach Dubai zu reisen. Dort arbeitete er vorübergehend als Koch in erstklassigen Hotels und Restaurants. Doch er bekam keine Aufenthaltsgenehmigung für sich und seine Familie: "Aus diesem Grund bin ich nach Deutschland gekommen, wo es Frieden und Sicherheit gibt, um meine Familie wieder zusammenzuführen." Alchikh hofft nun auf ein Bleiberecht und die Möglichkeit, hier zu arbeiten.

"Ist es möglich, Freunde zu sein?" Unter diesem Leitsatz haben Liza und Sebastian Heinzel aus Schömberg einen integrativen Filmworkshop ins Leben gerufen.

Auch Landrat Rückert unterstützt das Projekt

Nachdem sie von der kontroversen Diskussion in ihrer Gemeinde über die Umnutzung des ehemaligen Hotel Panoramas als Asylunterkunft in der Presse lasen, entstand gemeinsam die Idee für eine Filmwerkstatt, die die Einheimischen mit den Flüchtlingen zusammenbringt.

Landrat Klaus Michael Rückert, der im vergangenen Jahr die umstrittene Belegung des Hotels mit Flüchtlingen per Eilentscheid getroffen hatte, unterstützt das Projekt der Filmemacher von Anfang an. Auch die Gemeinde Loßburg zieht mit. So gelingt es, weitere Mittel bei der MFG Filmförderung Baden-Württemberg zu beantragen.

Schließlich drehen im April über den Zeitraum von zwei Wochen deutsche und arabische Teilnehmer Aufnahmen im und rund um das Hotel Panorama. Sie klingeln an den Türen der Anwohner, um ihre neuen Nachbarn zur Veranstaltung einzuladen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Der Film gibt persönliche Einblicke hinter die Kulissen eines Flüchtlingswohnheims.

Diese Perspektive reizte auch Vincent Zeile, der aus Alpirsbach kommt und nun in Freiburg studiert, zur Teilnahme an dem Projekt: "In Freiburg wohnte ich direkt neben einem Flüchtlingswohnheim, das durch Stacheldraht und Sicherheitsdienste völlig isoliert ist. So kann man mit den Menschen gar nicht in Kontakt kommen." Während des Workshops lernte der 22-Jährige den irakischen Künstler Haider Wady kennen und half dabei im Rahmen der Filmpremiere, eine Ausstellung für ihn zu organisieren. Der Maler aus Bagdad wurde für seine freizügigen Arbeiten in seiner Heimat verfolgt.

Asylbewerber tanzen, trommeln und singen

Seine Flucht verarbeitet er in einer schwarz-weißen Grafik, deren Entstehungsprozess im Film eindrucksvoll dokumentiert wird.

Geradezu ungläubig schauen die Filmemacher und Workshop-Teilnehmer auf die Masse der Menschen im Kinzighaus, das am Premierenabend aus allen Nähten platzt. "Mit einem solchen Ansturm haben wir nicht gerechnet", sagt Sebastian Heinzel im Trubel des Geschehens. Bis kurz vor der Premiere hat er noch am Schnitt des Films gearbeitet. Mehr als 20 Stunden Filmmaterial haben die Teilnehmer gesammelt. Die besten Szenen hat Heinzel zu einem abendfüllenden Film zusammengestellt.

Vor dem Filmstart trommelt, tanzt und singt eine Gruppe afrikanischer Asylbewerber aus Loßburg und Freudenstadt und heizt die Stimmung weiter an.

Bürgermeister Christoph Enderle und Kulturwelten-Vorsitzende Liza Heinzel betreten die Bühne und verkünden spontan, dass es einen weiteren Vorführtermin geben wird. Dann spricht Landrat Klaus Michael Rückert. Er selbst lebt mit seiner Familie, die ihn zum Filmabend begleitet, nur 300 Meter vom Hotel Panorama entfernt.

Für seine Entscheidung, dort eine Asylunterkunft einzurichten, hat er viele Anfeindungen aus der eigenen Nachbarschaft bekommen. "Sie machen mir Mut", ruft er dem Publikum zu: "Sie, die sie heute Abend nicht zu Hause geblieben sind, um einen Blödsinn im Fernsehen anzuschauen, sondern hier gemeinsam ein internationales Fest feiern." Dafür erntet er reichlich Applaus.

Als die Teilnehmer – Einheimische wie Geflüchtete – nach der Filmvorführung gemeinsam auf der Bühne tanzen und singen, bricht Jubel aus. "So etwas habe ich in Loßburg noch nie erlebt", sagt eine ältere Frau nach der Veranstaltung begeistert.

Das orientalische Büfett ist am Ende wie leer gefegt, und für den syrischen Koch Nazir Alchikh könnte ein Traum in Erfüllung gehen: Die Inhaberin eines Freudenstädter Restaurants ist unter den Premierengästen im Publikum. Schon länger sucht sie nach einem Koch. Nach der Vorführung spricht sie Alchikh direkt an. "Solche Begegnungen sind genau das, was wir durch unsere Arbeit erreichen möchten", freut sich Veranstalterin Liza Heinzel.

Für alle, die den Film verpasst haben, gibt es bald eine zweite Chance. Der genaue Termin steht noch nicht fest.

Der Filmworkshop im Hotel Panorama ist ein Projekt von Kulturwelten in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis Asyl Loßburg mit Unterstützung durch die MFG Filmförderung Baden-Württemberg, der Landesanstalt für Kommunikation, dem Landkreis Freudenstadt, der Gemeinde Loßburg, der Kreisvolkshochschule Freudenstadt und Heinzelfilm.