Vorsitzender von Haus und Grund nimmt beim Tag des Eigentums die Politik der Stadt unter Beschuss und warnt vor großer Koalition

Von Götz Schultheiß

Stuttgart. Eingriffe ins private Eigentum und schwindende Renditen erwartet der Verein Haus und Grund Stuttgart von einer möglichen großen Koalition im Bund. Vor rund 1000 Gästen beim Tag des Eigentums in der Stuttgarter Liederhalle wandte sich Klaus Lang, Vorsitzender der Interessenvertretung von 19 000 Immobilienbesitzern in Stuttgart und der Region, gegen die zu erwartende Mietpreisbremse und die Verschärfung der Energiesparverordnung: "Dies verhindert Investitionen und notwendige Neubauten." Richtig teuer werde es für Hauseigentümer, Vermieter und Mieter, falls die große Koalition die Grundsteuer an den Verkehrswert der Grundstücke anpasse.

Auch in Stuttgart liegt für Haus und Grund vieles im Argen. Zwar sei der Vorschlag, die Grundsteuer von 520 Hebepunkten auf 450 zu senken, beim Bürgerhaushalt unter 2493 Vorschlägen auf den zweiten Platz gewählt worden, die Verwaltung wolle davon jedoch nichts wissen. Die Feststellung von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne), in Stuttgart herrsche Wohnungsnot, basiere nicht auf Zahlen und Fakten. In letzter Zeit sei zwar eine "gewisse Anspannung" auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt zu spüren, dies liege jedoch an steigenden Studentenzahlen und am Zuzug neuer Einwohner durch die Krise in Teilen Europas. Dies mache es unteren Einkommen schwer, bezahlbare Wohnungen zu finden. Deshalb müsse die Zahl der Sozialwohnungen in Stuttgart deutlich erhöht werden. Lang: "Unter anderem muss die Stadt ihre eigenen Gesellschaft SWSG dafür in die Pflicht nehmen, die bisher nur die Hälfte ihrer 18 000 Wohnungen als Sozialwohnungen bewirtschaftet."

Unterstützt wurde Lang durch den Vortrag von Guido Spars von der Universität Wuppertal: "Trotz Steigerung der Wohnungsneubauten in Stuttgart ist die Nachfrage größer als das Angebot, und in unteren, preiswerten Segmenten gibt es zu wenig Angebote." Als Gegenmaßnahme sei die Stadt nicht nur auf Bauen angewiesen, sie könne auch Belegungsrechte kaufen. Unter anderem könnten für Neubauten sozialorientierte Investoren wie Genossenschaften, Kirchen und Wohlfahrtsverbände für den Wohnungsbau gewonnen werden. Zur Steigerung des Bodenangebots müsse an öffentliche und private Grundstücke, darunter kirchliche, gedacht werden. Städtische Grundstücke könne man unterhalb des Marktpreises anbieten, mit der Auflage, dass der Investor für Zielgruppen wie junge Familien baue.

Durch ihre hervorragenden Kultur- und Sportangebote wirke die Region Stuttgart auf qualifizierte Firmenmitarbeiter aus aller Welt anziehend, sagte anschließend Erwin Staudt. Der ehemalige IBM-Manager und Ex-Präsident des VfB Stuttgart präsentierte den Zuhörern beim Tag des Eigentums Zukunftsvisionen. Weil sich die Global Player der Wirtschaft nicht um Landesgrenzen kümmerten, kippe der Nationalstaat mit der Kontrolle von Grenzen und Märkten: "Das ist ein grandioser Fortschritt." Sein neoliberales Hosianna auf die Entmachtung von Staat und Politik garnierte er mit der Verheißung: "Damit gehen auch das Monopol des Krieges und der Nationalismus verloren."