Drei mutmaßliche Täter angeklagt. Aussagen der Männer widersprechen sich. Viele Erinnerungslücken.

Wellendingen-Wilflingen - Wahrheitsfindung schwer gemacht: Wegen schweren Raubes stehen ein Spaichinger und zwei Aldinger derzeit vor Gericht. Die Richterin muss sich dabei durch Erinnerungslücken und falsche Angaben der Täter und Zeugen hangeln.

"Das fängt ja gut an": Dieser Satz kam Richterin Petra Wagner in der gestrigen Verhandlung am Rottweiler Amtsgericht gleich mehrmals über die Lippen. Zum ersten Mal bereits vor Beginn des Prozesses, denn einer der drei Angeklagten wollte einfach nicht auftauchen. Während Richterin und Staatsanwältin bereits beratschlagten, ob der aufgehobene Haftbefehl gegen den Angeklagten wieder in Kraft treten und die Polizei ausrücken solle, schneite der 20-Jährige doch noch in den Saal – sein Auto sei nicht angesprungen. "Das ist keine Entschuldigung, da wird telefoniert", wies die Richterin ihn zurecht. "In einer Minute wäre Ihr Haftbefehl wieder in Kraft getreten. Das fängt ja gut an."

Angeklagt wurden der junge Spaichinger sowie zwei Aldingern wegen schweren Raubes. Ende Dezember 2012 sollen die drei einem Wilflinger dessen PlayStation 3 sowie mehrere dazugehörige Spiele und ein Headset im Wert von insgesamt etwa 400 Euro und sein Smartphone im Wert von 500 Euro gestohlen haben. Der 34-jährige Aldinger soll dabei zur Einschüchterung des Opfers mehrmals einen Teleskop-Schlagstock ein- und ausgefahren haben, während der Dritte im Bunde, ein zahlreich vorbestrafter 21-Jähriger, die Wertgegenstände in einen Rucksack packte, der ebenfalls dem Opfer gehörte.

Warum das Opfer die drei Räuber überhaupt in seine Wohnung ließ, konnte sich das Gericht nicht wirklich schlüssig erklären: Der einzige, den der Geschädigte kannte, war der Spaichinger. Dieser sei einige Wochen zuvor einmal mit einem gemeinsamen Freund in seiner Wohnung gewesen, um Post abzuholen.

Der Spaichinger lieferte als Erklärung Drogengeschäfte: Der Wilflinger sei ein Dealer, bei dem er schon einmal "Gras" gekauft habe und der ihm außerdem noch Geld schulde.

Keiner der Zeugen weiß von Drogengeschäften

Bei seinem ersten Besuch dort sei ein ganzer Umzugskarton voll Marihuana herumgestanden; davon habe er auch einem 14-Jährigen gegeben. "Der verkauft an kleine Kinder", erklärte der Beschuldigte. "Was denken Sie denn, wo die PlayStation und sein Zeug herkommen? Die sind nicht mit Arbeitsgeld bezahlt."

Bestätigen konnte das weder die Polizei, noch die anderen Angeklagten, noch die Zeugen. Auch das Opfer selbst stritt dies ab. Eine plausible Erklärung konnte es trotzdem nicht liefern.

An den anschließenden Verkauf der Gegenstände wollte sich dann keiner mehr wirklich erinnern. Der 34-Jährige behauptete, davon weder gewusst noch einen Anteil des Erlöses erhalten zu haben. Der 21-Jährige sagte aus, den anderen beiden habe er jeweils 50 Euro gegeben und der 20-Jährige schließlich erklärte, überhaupt nicht mit Bargeld, sondern mit Marihuana bezahlt worden zu sein. Zuvor hatte er gelogen, die PlayStation irgendeinem Schüler verkauft zu haben, den sie auf der Straße angesprochen hätten. Er änderte seine Aussage erst, als die Richterin ihm vorhielt, einer der Mittäter habe der Polizei bereits Name und Anschrift des Hehlers genannt, "der öfter sowas ankauft".

Erinnerungslücken hatte auch ein Freund der Angeklagten, der während der Tat im Auto gewartet hatte. Der Gedanke, "den Typ abzuzocken" sei nicht erst bei der Fahrt dorthin entstanden, wie von den Beschuldigten dagestellt, sondern mehrere Tage zuvor. Was im Auto gesprochen wurde, wisse er nicht, das sei alles auf Russisch gewesen, und wer die Idee hatte, konnte er erst recht sagen. Der Schlagstock könnte seiner gewesen sein oder auch nicht, der sei ihm mal gestohlen worden, und dass irgendjemand ihn in die Wohnung des Opfers mitgenommen hatte, habe er auch nicht mitbekommen.

Warum er die Tat damals lustig fand, konnte er auch nicht mehr erklären: "Wenn ich lach’, dann lach’ ich halt." Einige seiner polizeilichen Aussagen hatte er schlichtweg vergessen. "Ihre Vernehmung fängt ja gut an", bemerkte die Richterin säuerlich.

Aufatmen kann sie aber: Nachdem sich die Angeklagten im Laufe der Verhandung dann doch noch zu einigen Geständnissen durchringen konnten, dürfte die Fortsetzung ohne weitere Wahrheits-Hürden ablaufen: Morgen entscheidet das Gericht über die Strafen der drei Beschuldigten.