Heimatforscher: Literarische Wanderung durch die Wutachschlucht / Nostalgiepicknick zum Abschluss

Die Wutachschlucht zu durchwandern hat viele Facetten: geologische, botanische, geschichtliche aber auch literarische, wie der Löffinger Heimatforscher Matthias Wider jüngst zeigte.  

Löffingen. Zusammen mit Marion Liebermann von der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG) lud er zum "literarischen Spaziergang durch die Wutachschlucht" ein.

Der Fachleiter für Geschichte am Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Freiburg entführte die Gäste in die Welt der Aristokraten und des Großbürgertums des 19. Jahrhunderts. Den optischen "Rückstieg" ins 19. Jahrhundert präsentierte Petra Haller aus Villingen. In ihrem hellblauen Ausgehkleid mit Hütchen zog sie zwar nicht mit zu den ausgewählten Orten der Schlucht, doch sie lud am Ende zusammen mit ihren Mitarbeitern zu einem nostalgischen Picknick ein. Natürlich auch hier elegant, chic und charmant im historischen Outfit.

Heimatforscher Matthias Wider hatte nach Reiselfingen zum Start gerufen, um mit den Gästen, diese kamen nicht nur aus der Region, sondern zum Teil auch aus Furtwangen und Villingen, auf die knapp acht Kilometer lange Tour durch die Wutachschlucht zu gehen. "So wie damals im 19. Jahrhundert, als die aristokratischen und großbürgerlichen Sommerfrischler die Wutachschlucht und den Schwarzwald eroberten", sagte Wider.

Der Geschichtsexperte lud so zu einer Zeitreise ein, als Bad Boll noch ein luxuriöses Kurbad war, als der Forellenreichtum dazu führte, dass der Londoner "Fishing Club" das Kurbad übernahm, als die Engländer weite Teile der Schlucht erschlossen, als die Damen mit Reifrock und Sonnenschirmchen durch die Schlucht spazieren gingen. Er erläuterte aber auch, was heute von der glanzvollen Epoche und dem geschichtsträchtigen Ort geblieben ist, an dem einst Nietzsche oder Sir Winston Churchill die Heilkraft der Quelle genossen haben.

Heute erinnert nur noch die unter Denkmalschutz stehende Kapelle an diesen bekannten Kurort. Die einstige Kuranlage ist verschwunden. Geblieben sind zeitgenössische Reiseberichte und Gedichte, die einen Einblick in die romantische Natur- und Landschaftswahrnehmung von einst wiedergeben. Matthias Wider, der über Bad Boll ein interessantes Büchlein veröffentlich hat, gab diese literarischen Kostbarkeiten preis, sei es an der Wutach, Bad Boll oder auch am Tannegger Wasserfall, der hier 15 Meter in die Tiefe stürzt.

Bei diesem vierstündigen Spaziergang eröffnet Matthias Wider den Teilnehmern einen ungewohnten anderen Blickwinkel der Natur und Kultur der Schlucht. Was heißt Romantik? War die Romantik gestern? Was ist davon heute noch übrig? Können wir überhaupt noch romantisch sein? Fragen über Fragen, die nicht nur auf der Wanderung im Raum standen, sondern auch beim anschließenden nostalgischen Picknick.

"Was für ein Glück, dass wir heute einfach so sitzen können", kommentierte Marion Liebermann. Als Dame von damals war dies schon schwieriger, wie die feine Gesellschaft von Sissis Erben zeigten. Diese historische Mode ist zwar elegant, aber ob sich die feine Gesellschaft wirklich wohl gefühlt hat, vor allem die Damen mit dem Mieder? Bequemer ist es sicherlich heute – aber der Blick zurück lässt manches Herz höher schlagen, waren sich die Teilnehmer des literarischen Spaziergangs sicher.