Der Blick geht in Richtung Zukunft: Timo Benitz beim 20. Adventslauf in Dornstetten. Foto: Schade

Timo Benitz trotz Verletzungspech mit wertvollen Erfahrungen im Jahr 2015. Norm für Rio möglichst schnell knacken.

Das Jahr 2015 als Teil eines weiteren Lernprozesses abgehakt hat nach vielen Verletzungsproblemen der deutsche 1500 m-Spitzenläufer Timo Benitz von der LG farbtex Nordschwarzwald. Der Blick geht wieder voraus in Richtung Zuckerhut.

Seit Oktober ist er wieder ins Training eingestiegen mit einem klar formulierten Ziel: Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. Zunächst allerdings noch sehr vorsichtig, war er doch ein gebranntes Kind. Achillessehnenprobleme hatten zuvor für ein vorzeitiges Ende seiner bisher erfolgreichsten Saison 2013 mit dem Sieg bei der Team-EM und Platz sieben im 1500 m-Endlauf der Europameisterschaften in Zürich gesorgt. "Vielleicht habe ich dann überstürzt versucht mit zu vielen Tempoläufen auf Geschwindigkeit zu kommen, anstatt den Aufbau in Ruhe anzugehen, und die Belastung war dann zu hoch", blickt der mittlerweile Luft- und Raumfahrttechnik in Berlin studierende Läufer mit Berufsziel Ingenieur reflektiert auf diese Zeit zurück, aus der er im Nachhinein aber wertvolle Erfahrungen mitgenommen habe. "Man soll auf den Körper hören und immer versuchen einen Mittelweg zu finden. Aber wenn man dann mit der Teilnahme an einer Weltmeisterschaft ein festes Ziel im Auge hat, fällt einem das doch sehr schwer."

Zwischenzeitlich aber sah alles noch ganz gut aus, und nach einem guten Einstand in Pliezhausen (1000 m in 2:21,87 min) stellte er sich beim internationalen Meeting in Rabat erfolgreich auch der Konkurrenz über 1500 m. Seine dort gelaufenen 3:40,94 min sollten allerdings auch die Saisonbestmarke bleiben, denn nach einem 800 m-Lauf Anfang Juli in Berlin (1:49,52 min) schlug das Verletzungspech erneut zu. Ein Teilriss an der Hamstring-Sehne im rechten Oberschenkel wurde diagnostiziert, mit Komplikationen, die über die ohnehin angesagte längere Trainingspause hinweg sogar die gesamte sportliche Karriere in Frage stellten.

Geduld war also in der rund zweimonatigen Pause angesagt, "in der ich auf dem Sofa regelrecht dick geworden bis", so Timo Benitz zu seinem Gewichstzuwachs von immerhin fünf Kilogramm. Hoffnung machte nach einer Spezialbehandlung mit Eigenblut aber schon das erste MRT nach sechs Wochen, in dem eine "sensationell schnelle Verbesserung" festgestellt wurde. Mit den Erfahrungen aus dem Frühjahr im Hinterkopf, stieg er dann nur vorsichtig wieder ins Training ein, und kombinierte zunächst zweimaliges Laufen in der Woche mit Schwimmen und Radfahren. Ab Oktober wurde das Laufpensum wieder auf tägliche Einheiten umgestellt und mit einem speziellen Rehaprogramm mit Unterwassermassage kombiniert. Alles überwacht von einem Arzt des Vertrauens in Berlin, um die Fehler nicht zu wiederholen.

Einen kleinen Rückfall hat er sich dann aber vor kurzem beim Training in der Berliner Leichtathletikhalle doch geleistet. "Da stand eine 30 m-Zeitmessung und beim Sprint zwischen den Lichtschranken ist es mir in den Oberschenkel reingefahren", so Timo Benitz zu der Schrecksekunde, die aber keine Folgen hatte. Sowohl beim internationalen DLV-Crosslauf in Darmstadt mit Platz 11 ("das lief besser als ich erwartet hatte"), als auch bei seinem Sieg beim Dornstetter Adventslauf war von einer Verletzung nichts zu bemerken.

So soll es jetzt auch im neuen Jahr weiter gehen, in dem er zunächst auf Crossrennen mit dem Höhepunkt der Deutschen Meisterschaften zum Formaufbau setzt. Möglichst schnell möchte er dann die vom Deutschen Leichtathletikverband gesetzte Olympianorm über 1500 m von 3:35,50 min knacken; "denn ich habe keinen Bock, dieser Zeit lange hinterher zu hecheln." Dazu sei der Start bei schnellen internationalen Rennen notwendig; "aber die gibt es aber in Deutschland selten, und um im Ausland in das Teilnehmerfeld zu kommen braucht man auch etwas Glück." Als Ziel für 2016 hat sich Timo Benitz zudem die Teilnahme an der Europameisterschaft in Amsterdam vorgenommen, "das ist beides machbar."

Die Vorbereitungen auf das Olympiajahr hat der an Heiligabend 24 Jahre alt gewordene Läufer aus Volkartshausen ("mit dem Alter habe ich schon meine Probleme, denn ich fühle mich jünger") auch abseits der Laufbahnen in diesem Jahr voran getrieben. Weil er seine finanziellen Reserven während des Studiums nicht angreifen wollte, die Finanzierung durch die Sporthilfe aber nicht ausreichte und er sich teilweise auch an Trainingslagern selbst beteiligen muss, hat Benitz zusammen mit seinem Freund und Betriebswirtschaftsstudenten Tom Bork das Projekt "T2B Sporting" gegründet. Vier regionale Unternehmen aus Tuttlingen, Engen, Gottmadingen und Konstanz sowie ein Sportausrüster wurden als Sponsoren bereits gewonnen, weitere sollen möglichst dazu kommen.

Die Finanzierung sei ein grundsätzliches Problem bei praktisch allen Sportarten außerhalb des Fußballs, so Timo Benitz. Bei den deutschen Leichtathleten könne einzig der Diskuswerfer Robert Hartin auch von seinem Sport leben, mit dem er sich in Berlin gelegentlich austauscht. Als einen "Superansatz" bezeichnet der Läufer dabei dessen Idee einer Sportlotterie, bedauert aber gleichzeitig die bisher geringe Reichweite und Akzeptanz. Für sich selbst ist er aber derzeit zufrieden, denn sein Unterhaltsbudget ist bis hin zu den Spielen in Rio gedeckt, "und dass es Sponsoren aus meiner Heimatregion sind, ist mir wegen der besonderen Bindung besonders wichtig."