In Lauterbach wurde Werner Fiebig ein großer Bahnhof bereitet (großes Bild). Sehenswürdigkeiten wie das neue Wahrzeichen "Torre Agbar" oder die Basilika "Sagrada Familia" (Bild unten rechts) bestaunte er in Barcelona. Beim Grenzübergang von Frankreich nach Spanien musste Fiebig in den Pyrenäen Steigungen bis zu 16 Prozent überwinden. Fotos: Herzog (1), Fiebig (2) Foto: Schwarzwälder-Bote

Rentner aus Lauterbach fährt in 14 Tagen mit dem Rad nach Barcelona / Hilfe und mörderische Steigungen

Von Lothar Herzog

Lauterbach. Eigentlich wollte Werner Fiebig nach 1660 Kilometern auf dem Rennrad von Lauterbach nach Barcelona nur noch eines: mit dem Bus nach Hause und die Füße hochlegen. Doch aus dem stillen Triumph wurde nichts.

Seine Frau Renate hatte heimlich eine kleine Feier vorbereitet und ihrem Radhelden mit Nachbarn, Freunden und Bekannten einen großen Bahnhof bereitet. So musste der Lauterbacher den wissbegierigen Gästen erst seine Erlebnisse und Missgeschicke erzählen, die er während der 14-tägigen To(rt)ur mit 14 000 überwundenen Höhenmetern, Steigungen bis zu 16 Prozent, lädiertem Hintern und Schwielen an den Händen erlebt hatte.

Die Radtour führte von Lauterbach ins Dreiländereck bei Basel, durchs Rhone-Tal, durch mehrere Nationalparks, nach Montpellier, über die Pyrenäen sowie nach Lloret de Mar, Calella und Barcelona. Um möglichst viel von der Landschaft zu sehen, umfuhr er einige Städte. Bei Temperaturen oft bis 37 Grad Celsius erging es dem 65-Jährigen am Schluss wie jemand, der vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht: Er befand sich bereits mitten in Barcelona und merkte es nicht. Denn kurz vor Erreichen der zweitgrößten Stadt Spaniens mit 1,6 Millionen Einwohnern hatte sich der Lauterbacher einer Radgruppe angeschlossen. Erst beim Passieren der "Sagrada Familia", einer römisch-katholischen Basilika, an der ständig gebaut wird, machte es bei ihm "klick".

Wie Fiebig gegenüber unserer Zeitung verriet, sei die Radtour in die Hauptstadt Kataloniens eine spontane Entscheidung gewesen, die er im Spätherbst vorigen Jahres gefällt und für die es keinen speziellen Anlass gegeben habe. Die Heimfahrt mit dem Bus sei mit dem Nachbarn Stefan, einem angestellten Chauffeur eines regionalen Busunternehmens, von Anfang an ausgemacht gewesen. Bestärkt worden in seinem Entschluss sei er durch sein Körpergewicht, das Anfang des Jahres noch bei 99 Kilo gelegen habe. "Ich wollte auf keinen Fall eine Drei auf der Waage sehen. Jetzt bin ich wieder bei 86 Kilo. In meinem Alter so eine Leistung zu bewältigen, darauf bin schon ein wenig stolz", räumt der Rentner ein.

Obwohl als leidenschaftlicher Radrennfahrer nicht ganz untrainiert, steigerte Fiebig ab dem Frühjahr seine Tagestouren von anfänglich 50 auf bis zu 120 Kilometer, mit Rucksack und acht Kilogramm Inhalt. Seine Frau habe das Ganze weniger ernst genommen und erst vier Tage vor Reiseantritt gefragt: "Machst du das jetzt wirklich?". Um bei seinem alleinigen Vorhaben immer mit seiner Gattin in Kontakt bleiben zu können, schaffte er sich sein erstes Smartphone an. Kaum in Weil am Rhein angekommen, stürzte es ab. Dies stellte die Weiterfahrt infrage. Dem Rat eines unterwegs getroffenen Schweizer Radlers folgend, kaufte sich Fiebig ein neues. Erstaunt war der Lauterbacher jedoch über die außergewöhnliche Hilfsbereitschaft der französischen Nachbarn. In einem Dorf südlich von Lyon hatte sein Rad einen Platten. Während der Reparatur sprachen ihn zwei Handwerker an. Die Verständigung erfolgte mehr durch Gestik. Als die beiden Männer von ihrem Einkauf zurückkamen, luden sie den Schwarzwälder samt seinem Rennrad spontan ins Fahrzeug ein und brachten ihn ein Fahrradfachgeschäft eine Ortschaft weiter.