Bauer beim Einfahren der Ernte – dieses Jahr kommt weniger in die Scheune. Foto: dpa

Die extreme Trockenheit über Wochen hat den Bauern die Ernte vermiest. Aber es ist nicht nur das Wetter, das den Landwirten das Arbeiten gerade schwermacht.

Stuttgart - Es ist ein beinahe schon historischer Vergleich, den Bauernpräsident Joachim Rukwied bemüht, um die derzeitige Gemütslage der Landwirte zu umschreiben. „Die Stimmung sei so schlecht wie kurz nach der Pleite der Investment-Bank Lehman-Brothers“, sagt Rukwied, der dem Bauernverband sowohl im Land als auch auf Bundesebene vorsteht. Im Herbst 2008 waren infolge der Bank-Pleite die Preise von Agrarrohstoffen, die wenige Wochen zuvor noch Höchstnotierungen erreicht hatten, jäh eingebrochen – als Folge brachen in der Landwirtschaft die Einkommen weg.

Die Situation heute sieht zwar etwas anders aus, „alles andere als angenehm“ (Rukwied) sei die Lage aber trotzdem. „Wenn die Pfeile überall nach unten zeigen, wird es schwierig“, sagt Rukwied.

Überall in Deutschland kämpften die Bauern in den vergangenen Monaten mit der extremen Trockenheit. Zeitweise waren die Äcker im Land so ausgedörrt wie seit 45 Jahren nicht mehr. Nur im äußersten Süden und Norden Deutschlands hat es genügend geregnet, um für ein gutes Wachstum zu sorgen. Auch für die Bauern in Baden-Württemberg sieht die Bilanz der Hundstage düster aus. Die Erträge bei Getreide und Raps liegen zehn Prozent unter dem Vorjahr. Mais Rüben, Obst, Wein und Kartoffeln müssen auf die derzeitigen Niederschläge hoffen. Diese könnten sich auf die Erntemengen noch positiv auswirken.

Nach 31 Jahren ist die Milchquote im Frühjahr gefallen – die Preise sinken

Aber das Wetter war ja nicht alles. Die Märkte für Agrarrohstoffe stehen allgemein unter Druck. Hohe Lagerbestände bei Getreide aus dem letzten Jahr erhöhen das Angebot und senken die Preise. Und nach dem Ende der Milchquote, die die Produktion in Europa 31 Jahre lang festgelegt hat, ist der Milchpreis für die Erzeuger auf ein Niveau abgerutscht, das nicht mehr auskömmlich ist, wie es heißt. Verschärft wird alles durch den versiegenden Milchdurst Asiens und das Russlandembargo. Je nach Region und Molkerei betrügen die Milch-Auszahlungspreise im Südwesten derzeit zwischen 25,5 und 29 Cent pro Liter, sagte Rukwied.

Als „dramatisch“ bezeichnet er die Lage der Ferkel- und Veredelungsbetriebe in Baden-Württemberg. Gerade mal 1,36 Euro pro Kilo Schweinefleisch erhalten die Viehwirte derzeit im Durchschnitt. Für ein monatelang aufgezogenes Ferkel gibt es 35 Euro. „Überall legt der Bauer drauf“, sagt der Bauernpräsident.

Von der Politik fordert der Präsident des Landesbauernverbands (LBV) daher, unterstützend einzugreifen und beispielsweise bei der Mindestlohngesetzgebung nachzubessern. Speziell Obst-, Gemüse- und Winzerbetriebe leiden laut LBV unter den Vorschriften, die in eine „Bürokratie exzessiver Art“ ausuferten. Außerdem sollten gut 300 Millionen Euro Strafzahlungen, die die deutschen Landwirte leisten mussten, weil sie im Jahr 2014 mehr Milch gemolken haben als erlaubt, in die Erschließung neuer Exportmärkte fließen. Und nicht zuletzt dringt Rukwied auf die pünktliche Auszahlung von EU-Hilfsgeldern zum Jahresende.

Land sichert Bauern Hilfen zu

Das Wirtschafts- und Finanzministerium in Stuttgart hat Hilfe indes schon zugesagt. Um geschädigten Landwirten unter die Arme zu greifen, kämen unter anderem „Steuerstundungen ohne Stundungszinsen“ oder auch Herabsetzungen von Steuer-Vorauszahlungen“ infrage, hieß es aus dem Ministerium von Nils Schmid (SPD).