Thomas Strobl (links) und Guido Wolf beanspruchen jeweils eine Führungsposition bei den Koalitionsverhandlungen. Foto: dpa

Einst waren sie Kontrahenten um die CDU-Spitzenkandidatur. Jetzt kommen sich Thomas Strobl und Guido Wolf wegen der Führung der Sondierungsgespräche in die Quere.

Stuttgart - Vor schwierigen Verhandlungen mit den Grünen über eine mögliche Koalition schwelt in der CDU ein Streit um die Vormachtstellung. Es geht um die Frage, wer die Gruppe anführt, die mit der Delegation von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) über eine grün-schwarze Regierungskoalition verhandelt - Parteichef Thomas Strobl oder der vor kurzem im Amt bestätigte Fraktionschef Guido Wolf. Am Wochenende hatte Wolf seinen Anspruch bekräftigt, die CDU-Gruppe zu leiten. Prompt wies Strobl das zurück. „Über mögliche Koalitionen verhandeln Parteien“, sagte er der „Welt“.

Die Frauen Union forderte ein Ende des „typischen Gehackes“ zwischen Männern nach dem Motto „Wer ist der Erste“. Ein „wirkliches Team“ müsse in Verhandlungen treten, in denen die CDU-Frauen ein gewichtiges Wort mitreden sollten, sagte Landeschefin Inge Gräßle. Sie gehört gemeinsam mit Generalsekretärin Katrin Schütz der CDU-Delegation an. Partei und Fraktion dürften sich nicht gegeneinander stellen. Das weitere Vorgehen müsse auf eine möglichst breite Basis gestellt werden. Auch die Junge Union verlangte, bei weiteren Gesprächen mit den Grünen die Parteibasis eng einzubinden, etwa auch in Form einer Abstimmung über den Entwurf eines möglichen grün-schwarzen Koalitionsvertrages.

Die Jungendorganisation der CDU sieht den Auftrag der Gesprächsführung mit den Grünen klar bei Landeschef Strobl. JU-Landeschef Nikolas Löbel betonte: „Guido Wolf war Spitzenkandidat bis zum Wahltag um 18.00 Uhr. Thomas Strobl ist unser gewählter Landesvorsitzender, der eine Kommission führt, der natürlich auch der Fraktionsvorsitzende angehört.“ Die JU lobte, dass Strobl das schlechte Wahlergebnis vom 13. März mit der angemessenen Demut trage - anders als Wolf.

Rücktrittsforderungen gegen Guido Wolf

Der ehemalige Spitzenkandidat Wolf hatte trotz eines Absturzes der CDU von 12 Punkten auf 27 Prozent eine Regierung unter seiner Führung ins Gespräch gebracht. Auch in der CDU hatten dies viele als Anmaßung kritisiert und dem Politiker Realitätsverlust vorgeworfen. Die Junge Union Nordbaden hatte neben anderen für den Rücktritt Wolfs plädiert, der am Dienstag vergangener Woche mit 34 Ja- und 7 Nein-Stimmen als Fraktionschef wiedergewählt worden war. Auch Löbel sagte: „Das Signal, das mit der Wahl nach außen gesendet wurde, ist bei vielen Mitgliedern und in der Öffentlichkeit überhaupt nicht gut angekommen.“ Wolf lehnt einen Rücktritt ab.

CDU-Fraktionsvize Volker Schebesta sagte, Partei- und Fraktionschef müssten die Gespräche miteinander vorbereiten. Dass dann einer den Hut aufhabe, sei gar nicht nötig. Viel wichtiger sei, dass die der Union wichtigen Inhalte durchgesetzt würden. Zu Rücktrittsforderungen sagte Schebesta, Wolf sei im Amt bestätigt worden. Aber: „Es ist klar,dass nach einem solchen Wahlergebnis auch über Personen diskutiert wird.“

Das CDU-Fraktionsvorstandsmitglied Wolfgang Reinhart rief seine Partei nach dem Wahl-Debakel zur Geschlossenheit auf. „Es ist nicht die Zeit für Machtspiele.“ Das CDU-Ergebnis bei der Landtagswahl von 27 Prozent sei viel zu ernst für Konflikt und Streit. Partei und Fraktion müssten an einem Strang ziehen, mahnte Reinhart. Er habe kein Problem damit, dass die Partei – in Abstimmung mit der Fraktion – etwaige Koalitionsgespräche führe.