Dieser Wolf lebt im Wolf- und Bärenpark Schwarzwald. Dessen Geschäftsführer Rüdiger Schmiedel fordert Grünbrücken und mehr Aufklärung für die Bevölkerung. Foto: Wolf- und Bärenpark

Experten untersuchen totes Tier und seine DNA. Raubtier ist geliebt, gehasst und gefürchtet.

Lahr - Am Rand der A 5 südwestlich von Lahr ist ein Tier gefunden worden, das überfahren wurde und den Verletzungen erlegen ist. Äußerlich könnte es ein Wolf sein. Doch Politik und Forschung wollen sicher gehen und lassen den Kadaver untersuchen. Wenn es wirklich ein Wolf ist, wäre er wohl der erste auf Lahrer Gemarkung gewesen.

"Die äußeren Anzeichen sprechen dafür, dass es sich bei dem Tier um einen jungen Wolf handelt", teilte Alexander Bonde (Grüne), baden-württembergischer Naturschutzminister, am Donnerstag mit. "Unsere Experten haben das überfahrene Tier für weitere Untersuchungen und zur endgültigen Abklärung an das auf Wölfe spezialisierte Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin abgegeben." Genetische Proben des toten Tiers wurden zudem an das Senckenberg-Institut und an Gen-Labore in der Schweiz und Frankreich versandt, erklärt der Minister.

"Falls die Laborergebnisse bestätigen, dass es sich beim aufgefundenen Tier um einen Wolf handelt, greift unser Handlungsleitfaden Wolf", versichert Bonde. Dieser sehe vor, die Koordinationsgruppe Wolf einzuberufen und die Mitglieder über die Ergebnisse zu informieren. Der Gruppe angehörig sind sowohl die zuständige Naturschutzbehörden als auch Naturschutz-, Jagd- und Landnutzerverbände. "Wenn es wirklich ein Wolf ist, dann wäre das ein absolutes Novum", sagt Holger Rappenecker, Forstwirt bei der Stadt Lahr. Er arbeitet seit 30 Jahren in den Wäldern der Umgebung und hat dort noch nie einen Wolf gesehen. "Mit einem Luchs könnte man hier rechnen, aber ein Wolf wäre echtes Neuland und definitiv eine Stufe höher als ein Luchs", so Rappenecker. Vielleicht, so spekuliert der Förster, sei das Tier aus einer privaten Haltung ausgebrochen oder aus Frankreich, vielleicht der Schweiz, eingewandert.

Diese Möglichkeit zieht auch Jochen Haller-Burger, Vorsitzender der Jägervereinigung Lahr, in Betracht. Dass das Tier aus Privathaltung kommt, hält er für unwahrscheinlich – schließt es aber nicht aus. Wahrscheinlicher sei, dass das Tier eingewandert sei. "Wir wissen seit Längerem, dass es in Frankreich, der Schweiz und auch im Nordosten Deutschlands viele Tiere gibt, die auch Schaden verursachen", erläutert Haller-Burger.

Badenist für Wölfe nicht geeignet

Er geht seit mehr als 40 Jahren auf die Jagd, hat seit 20 Jahren sein Revier am Streitberg – und auch ihm ist dort noch kein Wolf über den Weg gelaufen. Einzelne Tiere hätten für den Jagdbetrieb auch keine Folgen. "Für uns wird das Tier nur relevant, wenn die Population reduziert werden muss weil es zu viele sind und sie Schaden anrichten."

Für Haller-Burger ist das gefundene Tier ein Wolf: "Das ist meine Meinung. An den Fangzähnen und an der Lunte, also dem Schwanz, kann man das Tier finde ich identifizieren." Es sei sehr unwahrscheinlich, dass das verendete Tier ein Hund sei. Der Jäger prophezeit allerdings, dass das Gebiet für Wölfe nicht geeignet sei. "Wir haben hier ein dichtes Verkehrsnetz, viele Straßen und eine dichte Besiedlung. Nicht wie in Mecklenburg-Vorpommern, das ja ein Flächenagragland ist." Die Überlebenschancen für die Tiere seien rund um Lahr recht schlecht. Es gebe zu viel Verkehr.

Die Bevölkerung muss in das Thema mit eingebunden werden

Dieses Problem sieht auch Rüdiger Schmiedel vom Wolf- und Bärenpark Schwarzwald: "Das Straßennetz am Oberrhein ist fatal für den Wolf und andere Wildtiere", wettert er und fordert Grünbrücken. Denn: "Der Rhein stellt keine Barriere dar, das dürfte jetzt klar sein."

Für Schmiedel steht mit hoher Wahrscheinlichkeit fest, dass es sich bei dem toten Tier um einen Wolf handelt: "Dass der Wolf nach Baden-Württemberg kommen würde, ist seit Jahren bekannt. Jetzt hat es sehr wahrscheinlich endlich einer geschafft. Leider erlitt er das Schicksal, das schon viele Wölfe zuvor in Deutschland erfahren mussten." Jetzt sei es noch deutlicher geworden, dass der Wolf die heimischen Gefilde bereichern wird. "Jetzt müssen Taten folgen", fordert der Geschäftsführer des Wolf- und Bärenparks. Er ruft dazu auf, die Bevölkerung mehr mit dem Thema zu konfrontieren: "Wer jetzt anfängt, sich auf den Wolf vorzubereiten, hat weniger Ärger, wenn er tatsächlich da ist." Als Beispiel nennt er Viehhalter, die die richtigen Elektrozäune bräuchten. "Gut geschützt, gibt es weniger Zwischenfälle und desto höher ist die Akzeptanz in der Bevölkerung." Die Stiftung für Bären plant, Kompetenzen zum Thema Wolf zu bündeln und Vertreter verschiedener Verbände zu Treffen einzuladen. Denn: "Wölfe sind faszinierende Tiere. Ich kann den Tag, an dem ich im Schwarzwald den ersten wilden Wolf sehe, kaum erwarten", so Schmiedel.      

Info: Der Wolf

Der Wolf unterliegt internationalen Artenschutzbestimmungen und den Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes. In Ost- und Norddeutschland, Italien, der Schweiz und den Vogesen gibt es wieder Wölfe. u

Der Handlungsleitfaden Wolf legt für den Fall des Auftretens von Wölfen in Baden-Württemberg einen Maßnahmenkatalog und Handlungsroutinen fest. Erarbeitet haben ihn Fachleute der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt sowie der Naturschutzverwaltung unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Naturschutzverbände, der Jägerschaft und der Landnutzerverbände. Das Werk beschreibt den rechtlichen und administrativen Handlungsrahmen und regelt Zuständigkeiten, Kommunikationswege, Handlungsroutinen sowie das Monitoring, also die Überwachung. Darüber hinaus stellt er Parameter zur Einschätzung verschiedener Wolfsverhaltensweisen in Bezug auf die Gefährlichkeit für den Menschen dar und leitet daraus Handlungsempfehlungen ab.

 Ergänzt wird die Anleitung um Aussagen zum Schadensausgleich im Rahmen eines Ausgleichsfonds Wolf, zu möglichen Präventionsmaßnahmen für den Fall des Auftretens mehrerer Wölfe im Land und Aussagen zur Öffentlichkeitsarbeit. Weitere Informationen