Spätaussiedler demonstrieren auf dem Rathausplatz. Foto: Baublies

Polizei und Stadtverwaltung wurden rechtzeitig informiert. Protest verläuft ohne Zwischenfälle.

Lahr - Rund 300 Demonstranten haben am Sonntag in einer nicht angemeldeten Demonstration ihrer Wut Luft gemacht. Laut einem Gerücht vertusche die Polizei Straftaten, die Asylanten an einer Aussiedlerin begangen haben sollen – in Berlin.

Polizei und Stadtverwaltung waren von der Demonstration gegen 14 Uhr rechtzeitig informiert. Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller war zusammen mit Felix Neulinger, dem Chef des Lahrer Polizeireviers, um eine sachliche Diskussion bemüht. Angesichts der rund 300 Teilnehmer, überwiegend Spätaussiedler, war das kaum möglich. Die Demonstration war angeblich spontan entstanden, weil eine 13-jährige Aussiedlerin in Berlin entführt und vergewaltigt worden sei. Der Täter, ein Asylant, werde von der Polizei gedeckt.

Dies riefen mehrere  aus der Menge zu Beginn der Demonstration in Lahr. Gegen 14 Uhr waren es etwa 150 Teilnehmer, die Zahl verdoppelte sich allerdings rasch. Die wiederholte Aussage Neulingers, dass es weder eine Vertuschung noch eine solche Tat gebe, wollte niemand hören. Auch die Aussage des Polizeichefs, dass es in Lahr bisher keine Straftaten vonseiten der Flüchtlinge gebe, rief nur Pfiffe und Geschrei hervor. Die Verständigung des Oberbürgermeisters und des Lahrer Polizeichefs mit einer Gruppe der Demonstranten, die Wortführer sein wollten, gestaltete sich  schwierig. Das Megafon reichte nicht aus, die Menge zu übertönen. Eine große, schweigende Mehrheit hingegen war offensichtlich daran interessiert, die Argumente der Stadtverwaltung und der Polizei zu hören.

Protest verläuft ohne Zwischenfälle

Müller hatte am Samstag im evangelischen Gemeindezentrum am Doler Platz erst die gute Integrationsarbeit in Bezug auf die Aussiedler betont. Bei der Demonstration wurde er immer wieder unterbrochen.  "Warum muss das kleine Lahr 1000 Flüchtlinge aufnehmen?", fragten Demonstranten. Viele  waren über diese Zahl an Fremden bestürzt und erbost. Der OB stellte  die Gegenfrage: "Warum musste das kleine Lahr 9000 Spätaussiedler aufnehmen?" Was er  weiter sagen wollte, ging unter. Zu hören waren auf der Gegenseite vor allem diese Argumente: "Wir waren immer Deutsche."

Und: Aussiedler seien nie Flüchtlinge gewesen.Alexander Marker, der als Aussiedler und Sozialarbeiter der Stadt am Kanadaring eine gewichtige Figur ist, bot den Demonstranten an, sie könnten ihn gerne begleiten, um den Unsinn der Behauptungen zu überprüfen, dass die Stadt Lahr oder die Polizei etwas vertuschen würden. Auch seine Worte gingen im Lärm unter. Mehrfach hatte der OB die Verdienste der Aussiedler um das Wohl der Stadt betont.  Was hinter dem Sinn der Demonstration gestanden haben kann, zeigte ein einziges Plakat mit der Aufschrift "Jeder Mensch ist kostbar."

Als der OB genau dies auch für die Flüchtlinge geltend machen wollte, gab es nur Gelächter, Geschrei und Pfiffe. Nach einer guten Stunde bat Neulinger die Demonstranten, nach Hause zu gehen. Eine weitere geplante Demonstration vor der Containersiedlung fand nicht mehr statt. Die Menge zerstreute sich relativ schnell ohne weitere Vorkommnisse.Wie das Polizeipräsidium Offenburg gestern mitteilte, kam es in anderen Städten  zu ähnlichen Versammlungen, darunter in Achern und Offenburg.