Die IS-Flagge weht am Rande der Kurdenstadt Kobane. Foto: dpa

Von drei Seiten nehmen die IS-Dschihadisten die syrisch-türkische Grenzstadt Kobane in die Mangel. Die Kurden und die Allianz scheinen machtlos. Indes wird wieder Kritik am Verhalten der Türkei laut.

Kobane/Beirut - Scheinbar unbeeindruckt von den internationalen Luftschlägen erhöht die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Druck auf die nordsyrische Stadt Kobane - und startet sogar neue Angriffe im Irak.

In Kobane an der Grenze zur Türkei intensivierten die Dschihadisten am Samstag ihre Angriffe und nahmen nach Angaben von Aktivisten die Kämpfer der kurdischen Volksschutzeinheiten von drei Seiten in die Zange.

Der Aktivist Farhad al-Schami berichtete der Deutschen Presse-Agentur am Telefon, es gebe heftige Gefechte im Süden, Westen und vor allem im Osten der Stadt. Den nur mit leichten Waffen ausgerüsteten kurdischen Kämpfern sei es gelungen, in der Nacht mindestens sieben Angriffe im Südwesten zurückzuschlagen.

Zwei Selbstmordanschläge vereitelt

Ismat Hassan vom Verteidigungsrat in Kobane sagte der kurdischen Nachrichtenagentur Welati, seine Kämpfer hätten nachts mindestens zwei Selbstmordanschläge von IS-Angreifern in der Nähe des Zentrums vereitelt. Im Laufe des Samstags wehrten kurdische Kämpfer nach Informationen der syrischen Menschenrechtsbeobachter erneut zwei Selbstmordattentäter ab. Kurdischen Verteidigungskräften sei es gelungen, die Sprengsätze zur Explosion zu bringen, bevor die Angreifer ihr Ziel erreicht hätten.

Die Dschihadisten versuchen seit Freitag die lebenswichtige Versorgungsroute der Kurden zur türkischen Grenze zu erobern. Laut Menschenrechtsbeobachtern kamen seit Beginn des IS-Vormarschs in der Region innerhalb von 25 Tagen mehr als 550 Menschen ums Leben.

Im Irak starteten die Dschihadisten einen neuen Versuch, in Richtung Bagdad vorzurücken. Wie das Nachrichtenportal "Sumaria News" berichtete, zielte die Offensive der IS-Kämpfer auf eine Übernahme der strategisch wichtigen Stadt Amirijat al-Falludscha. Irakische Streitkräfte und Stammeskrieger hätten die Terrormiliz jedoch zurückschlagen können.

Die Regionalregierung der westlichen Provinz Anbar hatte laut "Sumaria News" am Freitag entschieden, dass sie einen Einsatz von Bodentruppen der internationalen Koalition befürworten würde. Die Provinz Anbar liegt zwischen Bagdad und der syrischen Grenze. Eine Entsendung von Bodentruppen steht in der Koalition derzeit aber nicht zur Debatte.

Özdemir: Türkei schaut nur zu

Indes üben deutsche Politiker weiter Kritik am wachsweichen Verhalten der Türkei: Bei den Angriffen in der nordkurdischen Grenzstadt Kobane schaue die türkische Führung nur zu, sagte Özdemir auf einem Parteitag der Berliner Grünen.

"Isis muss in der Türkei bekämpft werden. Umgekehrt muss die Grenze offen sein für Kurden, die zu ihren Freunden und Verwandten, Nachbarn in Kobane gehen wollen." Die Türkei gefährde ihren Friedensprozess mit den Kurden.

Europa müsse auch mit den Golfstaaten Klartext reden und deutlich machen, dass die Terrororganisation nicht unterstützt werden dürfe, forderte Özdemir. Die Aufnahme von Flüchtlingen reiche nicht aus: "Humanitäre Flüchtlingspolitik ist unabdingbar, aber keine Maßnahme gegen drohenden Völkermord."

Zugleich setzte sich Özdemir dafür ein, schnell die Kontingente für syrische Flüchtlinge in Deutschland zu erhöhen. "Ich bitte darum, dass man unbürokratisch Flüchtlinge aufnimmt." Syrer in Deutschland sollten Familienangehörige nachholen dürfen. Deutschland klage in der Flüchtlingspolitik auf sehr hohem Niveau. Andere Länder seien viel stärker betroffen und nähmen - im Verhältnis zu ihrer Größe und Einwohnerzahl - auch mehr Menschen auf.