Die Kriminalbeamten Jürgen Rudigier und Hans-Gerd Rindt präsentieren in der Polizeidirektion Waldshut-Tiengen einen der Teil der sichergestellten Gemälde. Darunter auch Werke von Picasso, Kandinsky und Dix. Foto: Polizei

Großteil der gestohlenen Gemälde sichergestellt. Ehepaar aus Köln hat Taten gestanden.

Waldshut-Tiengen - Der Kriminalpolizei Waldshut-Tiengen ist es gelungen, einen nicht alltäglichen Kunstdiebstahl aufzuklären und einen Großteil der gestohlenen Gemälde im Wert von rund 1,6 Millionen Euro sicherzustellen.

Ein Ehepaar aus Köln hat die Taten mittlerweile gestanden.

Ein 81 Jahre alter Kunstliebhaber aus dem Raum Waldshut, der seit über 50 Jahren leidenschaftlich Werke aus der Zeit des Expressionismus und der Klassischen Moderne sammelte, war im Besitz von Werken namhafter Maler wie Pablo Picasso, Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Alex von Jawlensky, Lyonel Feininger, Otto Dix, Ludwig Kirchner, Max Beckmann und weiterer Künstler. Vor etwa einem Jahr stellte der Sammler fest, dass zwei hochwertige Gemälde fehlten, die zusammen mit anderen Werken kurz zuvor von einer Ausstellung in Karlsruhe zurückgegeben worden waren. Nach der Überprüfung seiner Sammlung, die er in seinem Wohnhaus aufbewahrte, musste er das Fehlen von 93 Gemälden, Grafiken, Zeichnungen und Lithografien großer Künstler feststellen.

Die Polizei stand zunächst vor einem Rätsel, da keinerlei Einbruchsspuren an dem Wohnhaus zu finden waren. Bis November 2009 war die Sammlung noch in vollem Umfang vorhanden. Die Ermittler gingen deshalb davon aus, dass die Diebstähle über einen längeren Zeitraum von sach- und ortskundigen Tätern begangen wurden. Der Verdacht fiel Anfang des Jahres auf ein in Köln lebendes Ehepaar. Finanzermittlungen belegten auffällige Kontobewegungen der aus der Ukraine stammenden Frau, die mit dem Kunstsammler seit einigen Jahren befreundet war und gelegentlich auch in dessen Haus übernachtete.

Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die angeblich in leitender Stellung in der Kosmetikbranche tätige Verdächtige dem 81-Jährigen gegenüber offenbar falsche Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse gemacht hatte. Bei einer Durchsuchung der Kölner Eigentumswohnung der Tatverdächtigen und mögliche Lagerstätten wurden zwar nicht die fehlenden Kunstwerke gefunden, dafür aber dort überraschenderweise der angeblich von der Urkainerin getrennt lebende Ehemann angetroffen, ein 63 Jahre alter Kunsthändler.

Sichergestellte Unterlagen aus der Wohnung erhärteten den Tatverdacht gegen die Beschuldigten. Die Spur führte zu einem mutmaßlichen Käufer von Bildern in Konstanz. Dort gelang es Ende Februar 2011 sieben gestohlene, aus der Sammlung stammende Bilder sicherzustellen, die der gutgläubige Käufer über den Ehemann der Tatverdächtigen erworben hatte. Anfang März 2011 ergingen Haftbefehle gegen das verdächtige Ehepaar.

Zahlreiche gutgläubige Käufer

In der Folgezeit wurden bei zahlreichen weiteren gutgläubigen Käufern, vorwiegend selbstständige Unternehmer, Ärzte und gut situierte Ruheständler in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Bayern und Baden Württemberg, weitere 22 gestohlene Bilder sichergestellt. Das Täterpaar legte in den Vernehmungen nach und nach ein Geständnis ab. In der Folge wurden zwei Lagerstätten ausfindig gemacht, wo insgesamt 36 noch nicht veräußerte Bilder versteckt waren. Der beschuldigte Ehemann und Kunsthändler hatte sie dort unter einem Vorwand in den Wohnungen zweier älterer Damen in Kaiserslautern und Auerbach/Bayern untergestellt.

Insgesamt gelang es den Ermittlern bei der bundesweiten Aktion 65 von 93 entwendeten Bildern in einem Gesamtwert von rund 1,6 Millionen Euro sicherzustellen und weitgehend an den Sammler zurückzugeben. Zur Sicherung von zivilrechtlichen Ansprüchen der Geschädigten wurden bei dem Täterehepaar auch beträchtliche Vermögenswerte beschlagnahmt.

Der Tatablauf ist Drehbuchreif. Nach Erkenntnissen der Polizei soll die Ukrainerin anlässlich ihrer Besuche bei dem Sammler im Raum Waldshut, nachts ihrem angeblich getrennt lebenden Ehemann mehrfach heimlich ins Wohnhaus des 81-Jährigen gelassen haben. Der soll von dort die Bilder mitgenommen haben. Insgesamt werden dem Duo mindestens 18 Einzeltaten zur Last gelegt, die sich über den Zeitraum eines ganzen Jahres erstreckten. Länderübergreifend wurden 35 Zeugen vernommen, zwei Haftbefehle vollzogen sowie insgesamt zehn Wohnungen und ein Bankschließfach durchsucht, unter anderem in Mannheim und Konstanz.

Die Haftbefehle gegen das Kölner Ehepaar wurden zwischenzeitlich gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Sammlung des 81-Jährigen ist mittlerweile aufgelöst, die Kunstwerke an Händler und Kunstliebhaber verkauft. Diesmal ganz legal.