Der Wohnungsmarkt in Stuttgart hält durchaus Angebote bereit – wer eine günstige Bleibe sucht, hat aber Schwierigkeiten. Foto: Leif Piechowski

Die Stuttgarter Sozialdemokraten besinnen sich auf ihre Wurzeln. Sie fordern vom neuen Grünen-OB Fritz Kuhn ein Sonderprogramm für den Wohnungsbau. Um den akuten Mangel und den Preisanstieg zu dämpfen müssten jährlich wenigstens 1800 Einheiten neu entstehen.

Stuttgart - Die Immobilienpreise steigen sprunghaft, die Mieten in Stuttgart kletterten zwischen April 2010 und April 2012 überdurchschnittlich um 5,5 Prozent. Menschen, die am unteren Ende der Einkommensskala stehen, bekämen immer größere Probleme, in Stuttgart noch eine bezahlbare Wohnung zu finden, sagt die SPD.

Fraktionschefin Roswitha Blind, die Co-Vorsitzende Monika Wüst und der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Daniel Campolieti wollen zusammen mit dem OB Fritz Kuhn eine Wohnungsbau-Offensive einläuten. Kuhn habe im Wahlkampf „bezahlbaren Wohnraum für alle versprochen“, sagt Blind. Die eigenen Kandidatin Bettina Wilhelm habe nach einem Gespräch mit Kuhn ihre Bewerbung zurückgezogen, die SPD Kuhn empfohlen. Nun wollten die Genossen den neuen Oberbürgermeister an seine Zusagen erinnern.

Die Einschätzung der Verwaltung, mit 1300 neuen Wohnungen pro Jahr die Einwohnerzahl halten zu können, sei nicht mehr aktuell, sagt Blind. Die Attraktivität Stuttgarts wachse, der doppelte Abiturjahrgang und Zuwanderer verschärften die Lage auf dem Wohnungsmarkt. Die SPD will mit einem Sonderprogramm gegensteuern. Dazu solle der neue OB ein „Bündnis für Wohnen“ schmieden. Das bisher jährliche Treffen von Verwaltung und Baugesellschaften habe „Plaudercharakter“, kritisiert Wüst. Alle Wohnungsbauer, und dazu zählten auch kirchliche Träger, müssten an einen Tisch. Außerdem müsse ein Amt für Wohnungswesen eingerichtet werden – Stuttgart hatte dies früher.

Aufschläge bei Sanierungen begrenzen oder Zuschüsse geben

600 der 1800 neuen Wohnungen pro Jahr will die SPD über bestehende Programme fördern. Weil jährlich rund 400 bisherige Sozialwohnungen mit günstigen Mieten aus der Sozialbindung fallen, solle sich die Stadt um eine Verlängerung der Bindung bemühen. Dazu wäre eine Nachsubventionierung nötig. Weil die Zinsen günstig und die Mieten hoch sind, entscheiden sich Eigentümer von Sozialwohnungen zurzeit verstärkt für die vorzeitige Rückzahlung der Förderung.

Ein Mittel, um Wohnungen zum Beispiel auch für Auszubildende, Pflegekräfte und Erzieherinnen bezahlbar zu halten sei, die Aufschläge bei Sanierungen zu begrenzen oder Zuschüsse zu geben. Bei der Wärmedämmung zum Beispiel seien 30 statt bisher acht Euro pro Quadratmeter neu gedämmter Dachfläche angebracht, sagt Wüst. Die Dämmung koste immerhin rund 300 Euro pro Quadratmeter.

Wohnungsumwandlungen oder Luxussanierungen verbieten

Eine Schlüsselposition kommt aus Sicht der Genossen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWSG zu. Sie hat rund 19 000 Mietwohnungen im Bestand, von denen rund 13.500 entweder eine Sozial- oder eine Mietpreisbindung hätten. Weil die SWSG seit Jahren ein Sanierungsstau drückt müssen Mieter mit sprunghaften Preissteigerungen rechnen. Im Hallschlag ergaben sich, bei günstigen Ausgangsmieten von unter fünf Euro pro Quadratmeter, Aufschläge von 60 Prozent. Die SPD hatte diesen im SWSG-Aufsichtsrat zugestimmt. Die SWSG müsse einen jährlichen Zuschuss für Sanierungen erhalten, um den Aufschlag dämpfen zu können, sagen Blind und Campolieti.

Als weitere Instrumente sieht die SPD Erhaltungssatzungen, die Wohnungsumwandlungen oder Luxussanierungen verbieten, vor. Gefordert wird auch ein grundlegender Wohnungsbericht. Der sei zuletzt 1981 erstellt worden.

Bei der Kostenfrage werden die Parteigänger einsilbig. Die ursprünglich veranschlagten 100 Millionen Euro für zehn Jahre würden aber nicht ausreichen. Bei den Kosten, sagt Wüst, seien die städtischen Ämter mit ihrem Fachwissen gefragt.