US-Außenminister John Kerry und die Außenbeauftragte der EU Catherine Ashton beim Krisentreffen in Genf. Foto: dpa

Sie sprechen wieder miteinander: In einer beraten die Außenminister der USA, Russlands, der Ukraine sowie die Außenbeauftragte der EU über die Möglichkeiten einer politischen Lösung des Ukraine-Konflikts.

Sie sprechen wieder miteinander: In einer beraten die Außenminister der USA, Russlands, der Ukraine sowie die Außenbeauftragte der EU über die Möglichkeiten einer politischen Lösung des Ukraine-Konflikts.

Genf/Moskau - Erstmals seit Beginn der Ukraine-Krise haben sich die wichtigsten Beteiligten wieder an einen Tisch gesetzt. Die Europäische Union, Russland, die Ukraine und die USA berieten am Donnerstag in Genf über Möglichkeiten, trotz Annexion der Krim und Unruhen in den östlichen Landesteilen noch eine politische Lösung zu finden. Die Gespräche der Außenminister und der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton dauerten länger als erwartet.

Die Hoffnung ruht darauf, dass durch die Bildung einer internationalen Kontaktgruppe zwischen Kiew und Moskau ein Verhandlungsprozess in Gang kommt. Nach Angaben russischer und westlicher Diplomaten wurde in Genf eine Grundsatzerklärung für eine friedliche Lösung der Krise anstrebt. Im Süden und Osten der Ukraine blieb die Lage angespannt. Bei einem Angriff prorussischer Separatisten auf einen Militärstützpunkt gab es mindestens drei Tote.

Putin bereit zu "echtem Dialog"

Parallel zu den Gesprächen in Genf zeigte sich Russlands Präsident Wladimir Putin bereit zu einem „echten Dialog“. Weder Flugzeuge noch Panzer könnten die Krise beenden, sagte er bei einem landesweit übertragenen TV-Auftritt. Zugleich warf er Kiew vor, Gewalt gegen die eigene Bevölkerung auszuüben. Vorwürfe, die Separatisten würden vom russischen Militär gesteuert, wies er scharf zurück. „Es gibt im Osten der Ukraine überhaupt keine russischen Einheiten.“

In der Nacht zum Donnerstag wurden nach Kiewer Angaben bei einer Attacke auf einen Militärstützpunkt in Mariupol im Südosten mindestens drei Angreifer getötet und 13 weitere verletzt. Nach Angaben des Innenministeriums warfen etwa 300 Vermummte Brandsätze und schossen mit scharfer Munition. Die Nationalgarde habe den Angriff mit Spezialeinheiten abgewehrt. Das Treffen in Genf war für den Außenminister der ukrainischen Übergangsregierung, Andrej Deschtschiza, und dessen russischen Kollegen Sergej Lawrow die zweite Gelegenheit zu direkten Gesprächen. An der Vierer-Runde nahmen neben Ashton auch US-Außenminister John Kerry teil.

Die ukrainische Delegation wollte nach Angaben von Diplomaten Vorschläge für eine stärkere Berücksichtigung der Wünsche ethnischer Russen im Osten des Landes machen. Zugleich hieß es, man könne jederzeit Beweise für eine militärische Verstrickung Moskaus in der Ostukraine vorlegen.

Kiew ist skeptisch

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk äußerte sich pessimistisch zu den Erfolgsaussichten der Gespräche. „Ich habe keine übermäßigen Hoffnungen an dieses Treffen, da ich der russischen Seite nicht traue“, sagte der prowestliche Regierungschef. „Russland setzt jetzt nur auf eines: auf eine weitere Zuspitzung.“

Falls die Gespräche scheitern, wollen die USA Kurs auf eine deutliche Verschärfung der Sanktionen gegen Russland nehmen. „Wir bereiten aktiv neue Sanktionen vor“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Man hoffe aber, dass Moskau jetzt Bereitschaft zur Deeskalation demonstriere.

Erneut Gewalt im Osten der Ukraine

Im Osten der Ukraine kam es erneut zu Zusammenstößen. Schusswechsel wurden unter anderem aus Slawjansk und Kramatorsk nördlich der Gebietshauptstadt Donezk gemeldet. Nach Aussage prorussischer Aktivisten deckte ein Militärhubschrauber in der Nähe von Kramatorsk einen Durchbruchsversuch von Regierungseinheiten. Der Helikopter habe immer wieder gefeuert, dabei seien mindestens vier Zivilisten verletzt worden.

Im Raum Donezk zogen sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums ukrainische Regierungstruppen mit 15 Panzerfahrzeugen zurück, nachdem sie von prorussischen Bewaffneten und Anwohnern blockiert worden waren. Die Einheit sollte eigentlich mit einem „Anti-Terror-Einsatz“ gegen Separatisten vorgehen, die in mehreren Städten des Gebiets Donezk staatliche Gebäude besetzt halten.

In Kiew drohte Interimspräsident Alexander Turtschinow allen Soldaten, die den Separatisten ihre Waffen übergeben, mit einem Militärgericht. Eine Fallschirmjäger-Einheit, die sich im Gebiet Donezk dem Druck prorussischer Aktivisten gebeugt hatte, werde aufgelöst, sagte Turtschinow.

Unterdessen verschärft sich der Streit um russische Gaslieferungen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso warnte Moskau vor einer Unterbrechung der Gasversorgung Europas. Putin seinerseits forderte die Ukraine ultimativ zur Zahlung ihrer Gasschulden in Milliardenhöhe auf. Das Nachbarland habe noch einen Monat Zeit - danach verlange Russland Vorkasse.

Das EU-Parlament hat verlangte eine rasche Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Die EU-Regierungen sollten mit sofortiger Wirkung Wirtschaftssanktionen einleiten und ein Embargo auf Rüstungsgüter und Technologien verhängen, hieß es in einer fraktionsübergreifenden Entschließung, die in Straßburg mit großer Mehrheit verabschiedet wurde.