Vor dem Nato-Gipfel war es zu einigen Unstimmigkeiten gekommen, weil Frankreich ein Kriegsschiff an Russland liefern wollte. Jetzt schwenkt der deutsche Nachbar um und will vorerst auf die Lieferung verzichten.

Vor dem Nato-Gipfel war es zu einigen Unstimmigkeiten gekommen, weil Frankreich ein Kriegsschiff an Russland liefern wollte. Jetzt schwenkt der deutsche Nachbar um und will vorerst auf die Lieferung verzichten.

Paris - Mit der geplanten Lieferung von Kriegsschiffen an Russland hat Paris seine Bündnispartner irritiert. Jetzt schwenkt Frankreich um und will vorerst nicht ausliefern. Aufatmen vor dem Nato-Gipfel.

Nach massiver Kritik westlicher Partner will Frankreich einen für Russland gebauten Hubschrauberträger der Mistral-Klasse nun vorerst doch nicht ausliefern. Die Bedingungen seien angesichts der Ukraine-Krise aktuell nicht gegeben, teilte der Élysée-Palast am Mittwoch in Paris kurz vor Beginn des Nato-Gipfels in Newport (Wales) mit. Bisher hatte die Regierung argumentiert, Frankreich sei an die Verträge für die Lieferung gebunden.

Mit Blick auf die andauernden Kämpfe in der Ostukraine und die offensichtliche Einmischung Russlands sieht Paris nun eine "ernste Situation". Die jüngsten Aktionen Moskaus widersprächen dem Sicherheitsfundament in Europa, hieß es.

Das für Russland gebaute 199 Meter lange Schiff eignet sich unter anderem als schwimmende Kommandozentralen und zum Transport von Truppen und Ausrüstung. An Bord befinden sich unter anderem sechs Startplätze für bis zu 30 Hubschrauber.

Bei der Nato wurde die Entscheidung begrüßt. "Ich bin sicher, dass viele Verbündete das für eine gute Entscheidung halten", sagte ein ranghoher Nato-Beamter am Rande der Gipfel-Vorbereitungen. "Vielleicht werden alle Verbündeten das für eine gute Entscheidung halten."

Frankreich habe die Auslieferung offensichtlich deswegen gestoppt, weil jeder Versuch des Bündnisses, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Deeskalation der Ukrainekrise zu bewegen, fehlgeschlagen sei. "Die französische Regierung hat wohl entschieden, dass es derzeit nicht möglich ist, das Schiff auszuliefern." Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte am Montag gesagt, es handele sich hier um eine nationale französische Entscheidung.

Russland reagierte dagegen enttäuscht. "Paris riskiert seinen Ruf als sicherer Lieferant", sagte Regierungsvize Dmitri Rogosin in Moskau. Solche Entscheidungen würden die Ukraine-Krise nur weiter verschärfen. Auch Vize-Verteidigungsminister Juri Borrissow sprach von einem "unangenehmen Schritt", der die Spannungen verstärke.

Das Geschäft war wegen der europäischen Sanktionen gegen Russland seit Wochen umstritten, auch wenn der Milliarden-Vertrag aus dem Jahr 2011 nicht betroffen ist. "Wir erfüllen den Vertrag, und das ist völlig legal", hatte Präsident François Hollande noch im Juni betont. Später nannte er als Grund für die bisherige französische Vertragstreue auch finanzielle Erwägungen. Demnach müssten im Fall einer Nichterfüllung 1,1 Milliarden Euro zurückgezahlt werden. An dem Geschäft hängen auch zahlreiche Arbeitsplätze der staatlichen französischen Marinewerft DCNS und seiner Partner.

Ein zweites Kriegsschiff der Mistral-Klasse steht im kommenden Jahr zur Lieferung an. Die für 2015 geplante Übergabe des zweiten Hubschrauberträgers wollte Hollande bisher vom künftigen Verhalten Russlands abhängig machen. Der Kaufpreis für die beiden Schiffe beläuft sich nach Medienberichten auf 1,2 Milliarden Euro.

Das ohnehin umstrittene lange Festhalten von Paris an der Lieferung war durch eine Entscheidung der Bundesregierung noch zusätzlich unter Druck geraten. Berlin hatte im Juni einen Ausfuhrstopp für ein Gefechtsübungszentrum für die russische Armee verhängt. Die Verträge für das 135 Millionen Euro teure Trainings- und Ausbildungszentrum im russischen Mulino stammten ebenfalls aus dem Jahr 2011.

Nach dem Georgienkrieg soll ein russischer Marinekommandant gesagt haben, mit einem solchen Schiff hätte seine Flotte die Aufgabe in 40 Minuten statt in 26 Stunden erledigt.