Einer der beiden Angeklagten muss für mindestens zwei Jahre in eine geschlossene Therapieeinrichtung. Foto: Naupold

Landgericht: Zwei Dealern drohen hohe Haftstrafen. Langzeittherapie die letzte Chance für beide.

Kreis Rottweil - Empfindliche Strafen kassierten am Mittwoch ein 51 und ein 26 Jahre alter Mann, denen der Schmuggel und Verkauf erheblicher Mengen Drogen, auch harter Drogen, zur Last gelegt wurde. Für beide steht allerdings zunächst eine vom Gericht angeordnete Therapie gegen ihre Drogensucht an.

Dabei setzte die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil unter Vorsitz von Karlheinz Münzer auf die Mitarbeit der beiden Männer, die wiederholt beteuerten, dass sie nach einer Therapie geläutert durch Leben gehen wollen. Im Raum stehen für den einen Angeklagten vier Jahre Haft, und für den anderen zwei Jahre und zehn Monate. Wobei die Kammer, nach eigenen Worten, an der unteren Grenze des Möglichen blieb.

Dem älteren Angeklagten wurde vorgeworfen, in mindestens fünf Fällen erhebliche Mengen Drogen von Cannabis bis zu Kokain und Ecstasy im holländischen Arnheim gekauft und im Raum Rottweil veräußert zu haben. Bei der letzten Fahrt ging ihm der jüngere Angeklagte zur Hand. Als Lohn winkte diesem Rauschgift für den Eigenbedarf.

Auf dem Rückweg griff die Polizei aufgrund eines Tipps eines Bekannten der beiden zu. Im Volvo fanden sich 5000 Ecstasy-Pillen, zwei Kilogramm Marihuana, 1,2 Kilogramm Haschisch, aber auch rund 250 Gramm Kokain. Die beiden wanderten in Untersuchungshaft.

Die Beweisaufnahme hatte in zwei Verhandlungstagen ergeben, dass der Ältere in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen war. Der Vater war Alkoholiker, schlug die Mutter, bis sich das Paar trennte. Er selbst scheiterte mit zwei Ehen. Beruflich schien dagegen alles gut zu laufen. Der gelernte Maler und Lackierer machte Karriere bis zum Betriebsleiter, schaffte sogar den Sprung in die Selbstständigkeit. Durch zwei Bandscheibenvorfälle und einen Blinddarmdurchbruch litt er an chronischen Schmerzen, die er in Selbsttherapie mit Alkohol und Drogen betäubte. Er beging einen Betrug, kassierte eine Bewährungsstrafe, musste schließlich doch in Haft.

Da er nicht mehr in seinem Beruf arbeiten konnte, schlug er sich mit Gelegenheitsjobs durch. Als Lösung, auch seiner finanziellen Probleme, erschien ihm der Drogenschmuggel und -verkauf attraktiv. Damit verdientes Geld wurde größtenteils für die nächste Beschaffungsfahrt reinvestiert.

Auch der 26-jährige Angeklagte erlebte schwierige familiäre Verhältnisse, schaffte jedoch trotzdem den Realschulabschluss. Er wurde Landschaftsgärtner. Seine Freundin, übrigens die Enkelin des anderen Angeklagten, wurde ungewollt schwanger. Eine Problemschwangerschaft. Er musste sich um alles kümmern, auch um seinen Shisha-Shop, den er inzwischen betrieb. Ihm sei alles über den Kopf gewachsen, so der Angeklagte. So griff er zu weichen Drogen, wurde zum Gewohnheitskonsumenten.

Umfassendes Geständnis Voraussetzung für eine Verständigung

Die Kammer und die Anwälte der beiden kamen während des Prozesses zu einer Verständigung. Voraussetzung war allerdings bei beiden Angeklagten ein umfassendes Geständnis, das sie auch lieferten.

Die beiden Anwälte des Älteren stellten allerdings in den Raum, ob nicht der Jahre andauernde Drogenkonsum eine verminderte Schuldfähigkeit nahelege.

Indes, der psychologische Sachverständige, Professor Helmut Kury, verneinte. Die Fahrten nach Holland mit Übernachtung und den Verhandlungen mit dem Lieferanten seien insgesamt zu komplex, um an eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit zu glauben. Was der Angeklagte aber dringend brauche, sei eine Therapie, um aus dem Teufelskreis der Sucht auszubrechen, so Kury. Er empfehle die Unterbringung in eine geschlossenen Therapieeinrichtung, also die Anordnung des sogenannten Maßregelvollzugs, für mindestens zwei Jahre. "Ein halbes Jahr nützt mir nichts", habe der Angeklagte selbst geäußert. Er, Kury, habe den Eindruck gewonnen, dass der Angeklagte dies ehrlich selbst wolle. Aber die Sache hat einen Pferdefuß: Nur wenn die Therapie gelingt und der Angeklagte gut mitarbeitet, entgeht er der Haftstrafe.

Ähnlich erging es dem zweiten Angeklagten. Auch er muss eine Therapie antreten, die mindestens zwei Jahre dauern wird. Auch hier rettet den Angeklagten nur das ehrliche Bemühen um Heilung vor dem Knast. Bei beiden Angeklagten wird die Vollstreckung der Haftstrafe während der angeordneten Therapie ausgesetzt.

In der Gesamtschau der Straftaten des 51-Jährigen kam die Kammer letztendlich auf eine Haftstrafe von vier Jahren, wie es der Staatsanwalt beantragt hatte. Die Initiative sei eindeutig von diesem Angeklagten ausgegangen, eine Milderung des Strafmaßes sei eher beim anderen Angeklagten zu sehen, so Richter Münzer. Dieser habe sich inzwischen einen Therapieplatz gesichert. Mithin warte auf die beiden Angeklagten eine harte Zeit des Entzugs, so Karlheinz Münzer. Aber er könne bei beiden eine hohe Therapiemotivation ausmachen. Ohne Therapie sah er beide in Gefahr, in alte Verhaltensweisen zurückzufallen und wieder Drogen zu konsumieren. Dies könne schnell wieder in die Beschaffungskriminalität münden.

In ihrem Schlusswort gaben sich beide Angeklagten reuig. Er habe auf den acht Quadratmetern seiner Zelle während seiner Untersuchungshaft seinen Fehler erkannt, gab der 26-Jährige zu Protokoll. Er habe seine Freundin und sein Kind im Stich gelassen. Das tue ihm leid. Ähnlich äußerte sich der zweite Mann auf der Anklagebank. Beide zeigten sich geradezu dankbar für die angeordneten Therapien, damit sie anschließend "ein straffreies Leben führen können".