Waren doch falsche Medikamentengaben schuld an den Vergiftungen am 7. Oktober 2011? Dies soll nach dem Willen von Angehörigen eines durch den Vorfall zum Pflegefall gewordenen Seniors neu geprüft werden. Foto: Weigel

Angehörige lassen nicht locker: Justiz soll sich erneut mit Vergiftung im Vöhringer Seniorenheim beschäftigen.

Kreis Rottweil - Jedes Mal, wenn sie den Vater besuchen, kommt die ganze Geschichte wieder hoch. Seit zwei Jahren ist er ein Pflegefall. Seine Angehörigen glauben, dass ein ehemaliger Hilfspfleger im Vöhringer Seniorenheim dran schuld ist. Nun wollen sie eine Wiederaufnahme des Verfahrens erwirken.

Der Schwiegersohn des mittlerweile 82-Jährigen hat sich erneut an die Staatsanwaltschaft gewandt. Die hatte im September ein Verfahren wegen versuchten Mordes gegen den Hilfspfleger eingestellt, der im Verdacht gestanden hatte, Patienten im Seniorenheim nicht verschriebene Medikamente verabreicht zu haben (wir berichteten). Die Indizien, so heißt es in der Begründung, bildeten keine geschlossene Kette.

"Erhebliche Zweifel" am Gutachten

Bei neun Heimbewohnern tauchten am 7. Oktober 2011 Vergiftungserscheinungen auf. Darunter auch der Schwiegervater der Mannes, der an einen Unfall nicht glauben mag. Der hat sich nun durch die anderthalb Leitzordner dicke Ermittlungsakte gearbeitet und äußert "erhebliche Zweifel" am Gutachten, dass seinerzeit im gerichtsmedizinischen Institut in Tübingen erstellt wurde.

Auf eigene Kosten ließ er deshalb die Blutproben seines Schwiegervaters in einem Freiburger Institut nochmals untersuchen. "Das bin ich meinem Vater schuldig", sagt seine Frau, die Tochter des alten Mannes, der vor dem Vorfall kein Pflegefall war.

Jetzt liegt der Familie das Ergebnis vor, und sie fühlt sich in ihrem Verdacht bestätigt. Benzodiazepine, Clozapin (ein Neuroleptika) und Levomepromazin, so erklärt der Schwiegersohn im Gespräch mit unserer Zeitung, haben sich laut Laborbericht im Blut des Schwiegervaters gefunden. Allesamt Medikamente, um jemanden zu sedieren, davon ist er überzeugt. Er unterstellt dem Hilfspfleger aber keine Tötungsabsicht. Womöglich sei der mit den demenzkranken Patienten überfordert gewesen, mutmaßt er, und habe sie einfach ruhigstellen wollen.

An eine sogenannte Raumluftbelastung glaubt der Schwiegersohn nicht. Zwar wurde vom Hilfspfleger seinerzeit angegeben, es habe ein beißender Geruch in der Luft gelegen, was hernach auch vom DRK-Einsatzleiter bestätigt worden war. In der Akte sei aber noch eine Vernehmung einer weiteren Pflegekraft aufgeführt, wo davon keine Rede sei.

Die neuen Untersuchungsergebnisse hat er nun mitsamt seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens der Staatsanwalt zukommen lassen. Er erhofft sich dabei auch, dass die Urinproben ebenfalls nochmals untersucht werden. Denn anhand derer, so habe ihm der Arzt des von ihm beauftragten Freiburger Instituts mitgeteilt, lasse sich feststellen, ob die Medikamentengabe einmalig oder über einen längeren Zeitraum hinweg stattgefunden habe.

Bis vors Oberlandesgericht Stuttgart ist er mit seinem Anliegen schon gezogen. "Doch die haben die Klage schneller abgeschmettert, als man sich durch die Akten gewühlt hat." Für den betagten Mann möchten er und seine Frau Gerechtigkeit. Deshalb wollen sie auch nicht locker lassen. Jetzt warten sie auf Antwort der Staatsanwaltschaft.

In der Zwischenzeit besuchen sie weiterhin regelmäßig ihren Vater, der übrigens immer noch im Vöhringer Pflegeheim untergebracht ist. Denn mit dem sind die Angehörigen ansonsten sehr zufrieden. Dem Hilfspfleger war seinerzeit gleich nach dem Vorfall gekündigt worden.