Bei schrecklichem Vorfall zwischen Wellendingen und Neufra gibt es laut Gericht keinen Spielraum für Bewährung.

Kreis Rottweil - "Zwei Tote wegen einer Flasche Jägermeister. Bitterer könnte es nicht sein", sagte Wolfgang Heuer gestern, nachdem er einem heute 48-jährigen Unfallfahrer bei der Berufungsverhandlung bescheinigt hatte, bei einer solchen Tat führe an einem Gefängnisaufenthalt kein Weg vorbei.

Der Vorsitzende Richter am Landgericht Rottweil wollte ganz genau in Erfahrung bringen, wieso sich der aus Ungarn stammende Mann und ein Bekannter am frühen Nachmittag des 13. Februar 2016 in Weigheim erheblich alkoholisiert ins Auto setzten, um einen Discounter im nahen Trossingen anzusteuern. Eine Flasche Jägermeister zum Valentinstag für die Freundin in Ungarn habe man besorgen wollen, lässt der Unfallfahrer mehrfach über eine Dolmetscherin wissen. Zuvor hatte der Berufskraftfahrer nach einer Tour mit dem Lkw zusammen mit einem Bekannten dem Getränk selbst kräftig zugesprochen.

Knapp drei Stunden nach dem fatalen Unfallgeschehen gegen 14.50 Uhr zwischen Neufra und Wellendingen wird dem Verursacher im Krankenhaus eine Blutprobe entnommen: 1,1 Promille. Zum Tatzeitpunkt muss der Angeklagte mindestens 1,3 Promille im Blut gehabt haben, gab ein Sachverständiger bei der erstinstanzlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Rottweil am 6. Oktober 2016 zur Kenntnis.

Das tödlich verunglückte Ehepaar hatte an dem schlimmen Unglückstag keine Chance: Der heute 48-Jährige rammte mit seinem Auto frontal den Kleinwagen der 67 und 69 Jahre alten Eheleute. Ein Unfallsachverständiger konstatierte bei der Verhandlung im Oktober, dass der 47-Jährige 100 bis 120 Stundenkilometer schnell gewesen sein muss – was an dieser Stelle schon für einen nüchternen Fahrer eine Herausforderung darstelle.

Als Heuer am Dienstag nicht locker lässt, den Angeklagten hinsichtlich seiner Beweggründe zu befragen, wieso er trotz des vorangegangen Besäufnisses mit dem Bekannten ins Auto gestiegen sei, lässt der Mann zunächst wissen, dass er sich selbst für absolut fahruntüchtig gehalten habe. Da staunt auch der Pflichtverteidiger, der sich nach weiteren deutlichen Bekenntnissen seines Mandanten zu dessen absurd anmutendem Verhalten die Frage gestellt haben dürfte, weshalb überhaupt man sich zu einer Berufungsverhandlung hatte hinreißen lassen. Sachliche Gründe dafür können aus dem, was der 48-Jährige so alles an Aussagen zu Markte trägt, kaum abgeleitet werden. Zum Beispiel, wenn dieser nebulös zu erklären versucht, wie er beim Bemühen, den kurzen Weg von Trossingen zurück nach Weigheim zu finden, plötzlich in Wellendingen gelandet ist.

Nach der von ihm geführten eingehenden Befragung reicht es Richter Heuer. Weitere Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen braucht es nach dessen Dafürhalten keine mehr. Der Angeklagte selbst nämlich hatte in kaum zu überbietender Deutlichkeit die Fahrt nach starkem Suff mit seinem Bekannten unumwunden eingeräumt. Als Fahrer habe er dann völlig die Orientierung verloren, sagte der 48-Jährige.

Nach einer kurzen Besprechung zu diesem Geständnis empfahl die kleine Strafkammer Verteidiger und Angeklagtem, die Berufung zurückzuziehen, mit der eine Bewährungsstrafe angestrebt werden sollte.

Die deutliche Empfehlung der Kammer war insbesondere auch mit dem Hinweis garniert, das erstinstanzliche Urteil sei überaus milde ausgefallen, sowohl bezüglich des Schuldspruchs als auch mit Blick auf die Strafhöhe.

Die Empfehlung für einen juristischen Rückzug ließen sich die beiden Angesprochenen dann auch nicht zwei Mal sagen. Das Urteil des Amtsgerichts vom Oktober bleibt somit bestehen: Wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen, fahrlässiger Körperverletzung und Gefährdung des Straßenverkehrs hat der 48-Jährige eine Freiheitsstrafe von einem Jahr anzutreten. Der Führerschein wird auch weiter auf Eis gelegt bleiben. Zudem hat der 48-Jährige aus der Berufungsverhandlung etliche Kosten zu tragen.

Indem er mit der Lügerei aufgehört habe, sei vielleicht ein erster Schritt gemacht worden für einen Weg, um mit der Schuld leben zu können, betonte Wolfgang Heuer abschließend zum Auftritt des 48-Jährigen, dem er auch empfahl, in Anbetracht seiner Alkoholneigung über eine Therapie nachzudenken.