Am Bahnsteig in Oberndorf-Aistaig wurde die Straße abgefräst. Immer wieder streiften Fahrzeuge den Belag. Foto: Maier

Antwort von Winfried Hermann liest sich wie aus Pressestelle des Verkehrsunternehmens. Mit Kommentar.

Kreis Rottweil - Man könnte den Eindruck gewinnen, sie würden voneinander abschreiben: die Deutsche Bahn und das Verkehrsministerium. Auffällig jedenfalls, wie ähnlich sie sich äußern, wenn es um die Sicherheit der Bahnübergänge im Land geht. Da wird beschwichtigt und die Gefahr kleingeredet.

"Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben und der Umsetzung des daraus abgeleiteten Regelwerks der DB AG kann ein unzureichender Sicherheitsstandard bei der Bahn als Ursache des Unfalls am Bahnübergang Talhausen nicht erkannt werden." So antwortet Winfried Hermann, der Verkehrsminister des Landes, auf eine so genannte Kleine Anfrage des CDU-Landtagsabgordneten Stefan Teufel.

Auch Hermann sieht Schuld allein bei Lkw-Fahrer

Es geht um das Bahnunglück in Talhausen von Anfang Juli, bei dem es über 30, teils schwer verletzte Personen gab, und nur das beherzte Eingreifen eines Anwohners Schlimmeres, möglicherweise Todesopfer, verhinderte. Die Bahn – und jetzt auch das Ministerium – wird nicht müde, immer wieder zu betonen, dass der Lastwagenfahrer schuld am Unglück ist. Keine Frage: Er hat Verbotsschilder ignoriert und war mit seinem Tieflader auf den Gleisen liegengeblieben. Dadurch kam es zum Zusammenstoß mit dem Personenzug. So sieht es auch die Landesregierung. Minister Hermann spricht dieselbe Sprache, die Bahn-Sprache: "Ursächlich für den Unfall war offensichtlich ein Fehlverhalten des Fahrers des Tiefladers..."

Doch es bleibt die Frage, ob die Bahn nicht mehr unternehmen könnte, um so etwas zu verhindern? Lassen wir das Ministerium zu Wort kommen. Hermann äußert: "Mit den gesetzlichen Vorgaben, den Regelwerken der DB Netz AG sowie der Überwachung durch das Eisenbahnbundesamt wird ein stimmiges und mit sehr hoher Sicherheit ausgestattetes Gesamtsystem erreicht."

Na ja, so ganz sicher scheinen sich der Verkehrsminister und die Deutsche Bahn ihrer Sache dann doch nicht zu sein: So soll ja der Bahnübergang nach einer Verkehrsschau Ende August, die aufgrund unserer Berichterstattung und auf Initiative des CDU-Abgeordneten Volker Kauder zustande kam, nun doch umgebaut, die Situation entschärft werden. Wie von Verkehrsexperten gebetsmühlenartig gefordert, von der DB jedoch lange Zeit abgelehnt, wird die Kuppe über die Gleise abgeflacht. So soll die Gefahr, dass weitere Lastwagen liegen bleiben, gebannt werden.

Ähnliches passiert am Bahnübergang in Oberndorf-Aistaig. Der Schwarzwälder Bote hatte aufgedeckt, dass die Fahrbahn etliche Schleifspuren aufweist. Offensichtlich kamen Lastwagen nur mit Mühe über die Gleise: Sie streiften die Straße und hinterließen tiefe Kratzer. Der Belag wurde vor Kurzem abgefräst. Dabei waren schon im März bei einer Verkehrsschau diese Schleifspuren aufgefallen. Das geht aus einem Schreiben des Konzernbevollmächtigten für das Land, Eckart Fricke, an unseren Leser Hartmut Polet aus Sulz hervor. Als Konsequenz wurde eine ingenieurstechnische Überprüfung anberaumt. Das Ergebnis lag vor wenigen Tagen noch nicht vor. Die Bahn, so scheint es, lässt sich Zeit.

Dass bei der Deutschen Bahn alles ein bisschen länger geht, das musste ein Leser vor Kurzem erfahren. Und zwar am Bahnübergang Talhausen. Dort fiel am Wochenende die Schrankenanlage aus. Die Ampeln zeigten Rot, eine Halbschranke war geschlossen, die andere offen. Verkehrsteinehmer wussten nicht, wie sie sich nun verhalten sollten. Unser Leser hat die Notfallnummer der Bahn gewählt. Der Techniker trudelte erst Stunden später ein.

So lange war es dem Konzern nicht möglich, auf den Defekt am Bahnübergang zu reagieren. Da nahm unser Leser zusammen mit einem weiteren Verkehrsteilnehmer die Sache selbst in der Hand und regelte den Verkehr. Ein solch schnelles und berherztes Vorgehen würde man sich von den Bahn-Verantwortlichen wünschen.

Kommentar: Arrogant

Von Armin Schulz

Die Deutsche Bahn gibt Rätsel auf. Sie ist träge, langsam und unpünktlich. Das ist bekannt. Dabei realitätsfern und abgehoben. Das war bislang lediglich zu befürchten. Was ließ die Pressestelle vor Kurzem auf unsere Anfrage bezüglich des Bahnübergangs Talhausen von sich? An welcher Skandalgeschichte wir denn jetzt wieder dran seien. Als wenn es unerhört wäre, ein Unglück mit über 30 zum Teil schwer verletzten Personen näher beleuchten und darstellen zu wollen, wer wo was besser machen könnte. Vielleicht aber sind die Bahnmitarbeiter lediglich zu oft in den eigenen Schlafwagen unterwegs. Es muss so sein. Nur so ist zu erklären, warum sie stundenlang brauchen, um auf eine defekte Anlage wie in Talhausen zu reagieren. Auch da musste sich unser Leser offensichtlich anschnauzen und sagen lassen, das alles ginge ihn bitteschön gar nichts an. Welch Arroganz.