Die Zahl der Notfallpraxen ist mit der Reform 2014 deutlich reduziert worden. Foto: Seeger

Viele fühlen sich im Stich gelassen. Für ein Rezept am Wochenende bis Reutlingen?

Kreis Rottweil - Dass einer Oberndorferin an der Notdienst-Hotline die Fahrt zum Augenarzt nach Bad Saulgau empfohlen wurde (wir berichteten), ist kein Einzelfall. Viele ärgern sich über die bestehende Regelung, wie die zahlreichen Reaktionen auf unsere Berichterstattung zeigen.

"Mir ging es schon genauso!", "An die Patienten wird nicht gedacht" oder "Mein Rezept sollte ich in Reutlingen holen!" – etliche Bürger haben sich nach unserer Berichterstattung bei uns gemeldet und ihre Erlebnisse geschildert. An diesem Thema müsse man dranbleiben, so der Tenor, denn was Patienten durch die Regelung der Kassenärztlichen Vereinigung zugemutet werde, sei "ein Unding".

Ein älterer Rottweiler Bürger, der die Entwicklung im Gesundheitswesen aufmerksam verfolgt, schildert uns sein Bemühen, bei seinem Kardiologen ein Rezept zu bekommen. Weil sich dieser im Urlaub befand, sei er per Anrufbeantworter an die Vertretung nach Reutlingen verwiesen worden. "Das kann nicht sein", ärgert er sich.

Sein Unverständnis sei umso größer, weil er wisse, dass ein Ärztepaar in Schwenningen, beides Kardiologen, von der Kassenärztlichen Vereinigung keine Zulassung bekomme mit der Begründung, Kardiologen gebe es in der Raumschaft schon genug. Eine hausärztliche Praxis sei zugelassen worden. "Das ist Planwirtschaft und hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun", ärgert er sich. Die Ärztedichte werde in völlig falscher Art und Weise gesteuert – zu Lasten von Patienten, erst recht von älteren Menschen, die nicht mehr so mobil seien.

Online schreibt uns eine Leserin, das Ganze sei auch für Angestellte von Krankenhäusern sehr ärgerlich und frustrierend. "Die augenärztliche Versorgung im Notfall ist sehr, sehr mangelhaft!", weiß sie aus beruflicher Erfahrung.

Optiker: Ärzteversorgung der Patienten wird immer schlechter

Das kann ein Optiker aus dem Landkreis nur bestätigen. Er schreibt uns, dass er immer wieder Kunden bedient, die aus seiner Sicht dringend als Notfall zum Augenarzt gehen sollten. Er schicke diese ab Freitag 14 Uhr gleich direkt nach Tübingen in die Notfallambulanz. Alles andere mache keinen Sinn. "Meiner Meinung nach wird die Versorgung von Patienten immer schlechter, die Anzahl der Ärzte wird weniger." Und Gesundheitsberufe wie Augenoptiker, Orthopädiemechaniker oder Physiotherapeut, die von der Ausbildung her mehr Verantwortung übernehmen könnten, würden im Moment eher aus der Versorgung herausgenommen.

Als "Frechheit hoch zehn" empfindet eine weitere Leserin die Notdienst-Regelung. Auch sie sei an Ostern nach Bad Saulgau verwiesen worden. "Da braucht man ja auch noch einen Fahrer". Viele finden vor allem ärgerlich, dass "das Wohl der Ärzte im Vordergrund" stehe, wenn plötzlich fünf Landkreise zusammengefasst werden, um jedem Facharzt ein (über-)volles Wartezimmer und gleichzeitig möglichst wenig Dienste zu bescheren.

Der erboste Rottweiler hat sich, wie er uns berichtet, am Mittwoch auch an den FDP-Landtagsabgeordneten für den hiesigen Wahlkreis, Gerhard Aden – seines Zeichens selbst Augenarzt – gewandt. Dieser habe unter anderem auf gesetzliche Notwendigkeiten verwiesen, was die Regelungen der Kassenärztlichen Vereinigung angeht.

Wer weiß, vielleicht kommt im anstehenden Bundestagswahlkampf ja nochmal Bewegung in das Thema.