Szenen von der Wassersteige: Die Fahrbahn der K 5545 ist an manchen Stellen unterspült worden. Foto: Schickle

Boden kann Wasser nicht mehr aufnehmen: Hangrutschungen im Kreis. Gesperrte Straßen und hohe Kosten. Mit Kommentar.

Kreis Rottweil - Mit dem Unwetter kommen die Probleme: Weil der Boden die Wassermassen nicht mehr aufnehmen konnte, kam es im Landkreis zur Hangrutschungen. Die Folge sind gesperrte Straße und unüberschaubare Kosten.

Für Gerold Günzer, den Straßenbauchef im Kreis, ist es ein Tag im Außendienst: Zunächst ist er zwischen Trichtingen und Leidringen (K 5500) unterwegs – die Strecke ist seit Dienstag wegen Hangrutschungsgefahr gesperrt –, dann zwischen Wilflingen und Gosheim. An der Kreisstraße 5545, ebenfalls dicht, kommt es knüppeldick: Die Erde ist nach den sintflutartigen Regenfällen von Montagabend an etlichen Stellen abgegangen. Das allerdings teils so massiv, dass die Fahrbahn in Gefahr ist.

Den ersten Halt legen Günzer und sein Kollege Joachim Hilser an einer Stelle ein, die recht idyllisch aussieht. Links am Hang grasen Schafe, am Fahrbahnrand stehen zwar Warnbaken, aber zu sehen ist nichts. Das ändert sich erst mit einem Perspektivwechsel. Wer unter die Fahrbahn schaut, stellt fest: Der Unterbau fehlt, das Wasser hat die Straße regelrecht ausgehöhlt. Fährt über diese Stelle ein Auto, bricht die Asphaltschicht vermutlich. Bauarbeiter haben bereits angefangen, die ausgewaschenen Stellen entlang der Strecke auszubessern. Sie arbeiten sich von unten, von Wilflingen, Richtung Gosheim vor. Die unterspülte Stelle werden sie mit Beton auffüllen. Drei bis vier weitere gibt es.

Weiter oben, unterhalb der Haarnadelkurve, ist die Lösung nicht so einfach: Dort oben ist der Hang abgerutscht, Erdmassen, mitgerissene Bäume und Pflanzen liegen auf der Straße. "Da ist der ganze Hang letztlich rausgerutscht", erklärt Günzer. Das ist noch nicht das größte Problem. Kritisch wird es, weil die oberhalb weiter verlaufende Straße so nah an der Abrutschstelle liegt: "Da fehlt jetzt die Abstützung." Nur wieder Erde auf die Stelle zu kippen, wird nichts bringen. Günzer nimmt den Finger und berührt die Dreckhaufen, die dort liegen. "Richtig pampig, wie Ton", befindet er. Oder wie Schmierseife. Was dort liegt und nass wird, kann jederzeit wieder abrutschen. Und die Einheimischen nennen die Strecke nicht umsonst Wassersteige. Auch jetzt drückt die Feuchtigkeit noch wie Wasserfälle aus dem Boden. Eine weitere Hangrutschung entdecken Hilser und Günzer auf Hinweis eines Spaziergängers kurz vor der Kreisgrenze. "Das ist auch nicht ohne", sagt der Amtsleiter. Also weitere Stützmauern, ober- und unterhalb der Haarnadelkurve? Heute ist der Leiter des Straßenbauamts mit einem Geologen auf der Strecke unterwegs, dann sehe man weiter. Zu möglichen Kosten kann und will er noch nichts sagen. Nur: "Das wird gewaltig teuer" – nach den sintflutartigen Regenfällen gibt es entlang der K 5545 nämlich einige Baustellen. Dabei kam die Straße, erst im September 2010 eröffnet, den Kreis bereits teuer zu stehen. Bis dato belaufen sich die Gesamtkosten auf 5,5 Millionen Euro. 2,8 Millionen davon fielen voriges Jahr an, als auf einer Strecke von knapp 200 Metern bis zu 18 Meter lange Stahlstangen senkrecht und genauso lange Querverstrebungen in den Hang eingebracht wurden – ebenfalls nach Rutschungen. Diese hatten zur Folge, dass ein Teil der Fahrbahn, auf einer Breite von einem halben Meter, einfach abgebrochen war. Deshalb wurde die Straße gleichzeitig zum Berg hin verlegt. An einer anderen Stelle hatten sich zudem Risse in Bankett und Fahrbahn gebildet. Dort musste der Hang mit Erdbetonscheiben gestützt werden.

Angesichts dessen erscheint der Hangrutsch zwischen Wellendingen und Wilflingen, am Ufer der Starzel, geradezu wie eine Randnotiz. Doch auch dort muss etwas getan werden, denn die Erde ist weiter in Bewegung. Von Dienstag auf Mittwoch hat sich bereits ein Riss neben der Fahrbahn gebildet. Wird diese an der betroffenen Stelle belastet, geht auch hier die Straße kaputt. Vor dem Winter allerdings wird es nichts mehr, sagt Günzer. So lange ist an der Stelle der Verkehr nur in eine Richtung möglich.

Und die Wassersteige bleibt erst einmal gesperrt. Daran hält sich allerdings schon jetzt nicht jeder: Gerade als Hilser und Günzer auf Besichtigungstour sind, rauscht ein Omnibus vorbei. Die Absperrung muss der Fahrer kurzerhand zur Seite geräumt haben. Die beiden Fachleute schütteln nur den Kopf. Fährt er über die unterspülte Stelle, bricht die Fahrbahn womöglich weg, und der Bus liegt im Graben. Künftig geht es erst einmal über Frittlingen auf den Heuberg. Die Strecke soll demnächst ausgeschildert werden. Noch ist das Straßenbauamt dabei, eine Firma zu finden, die auf die Schnelle Umleitungsschilder liefern kann. Die sind im Kreis Rottweil nämlich genau wie die Warnbaken ausgegangen – nach dem Unwetter gibt es einfach zu viele Baustellen.

Kommentar: Tribut an Berg

Von Winfried Scheidel

Sintflutartige Regenfälle sorgen nicht nur für immense Überschwemmungen. Das so sehr niederprasselnde Nass durchweicht die Landschaft in einer Weise, die reihum für immer größere Sorgenfalten sorgt. Hangrutschungen auf der Strecke Wilflingen-Gosheim, zwischen Epfendorf und Trichtingen, und – ganz neu – im Bereich der Straße von Trichtingen nach Leidringen treiben nicht nur dem Straßenbauchef des Landkreises zusehends die Sorgenfalten ins Gesicht. Die Natur scheint in Bergbereichen immer mehr in Bewegung zu geraten. Um hier wichtige Verkehrswege sicher zu erhalten, ist ein bisher kaum abschätzbarer Millionenaufwand vonnöten. Dabei gibt es im sonstigen Verkehrsnetz schon marode Straßen genug, die einer Modernisierung und Substanzverbesserung harren. Die Frage, wer das alles bezahlen soll, stellt sich deshalb dringlicher denn je.

Info: Unwetter und Versicherung

In den vom Hochwasser am Montagabend betroffenen Gemeinden geht das Aufräumen weiter. In Wellendingen und Wilflingen beispielsweise stehen inzwischen Container, um die verschlammten und zerstörten Habseligkeiten zu entsorgen. Ein Ende des Regens ist am Fuße des Lembergs laut Wetterbericht noch nicht in Sicht.

Für die Hochwasser-Opfer gibt es derzeit viel zu tun, auch wenn es darum geht, den Schaden ersetzt zu bekommen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat die wichtigsten Hinweise zusammengefasst. Versicherungen

Kommt es zu Überschwemmungen durch Starkregen, brauchen Hausbesitzer und Mieter zusätzlich eine Elementarschaden-Versicherung.

Über die Hausratversicherung sind Schäden am Wohnungsinventar abgesichert. Hat etwa ein Überspannungsschaden nach einem Blitzschlag die Elektrogeräte unbrauchbar gemacht, dann ist laut GDV der Hausratversicherer bester Ansprechpartner.

Die Teilkaskoversicherung übernimmt Schäden am Auto, die durch Sturm, Hagel oder Blitzeinschlag entstanden sind. Ist das Blech verbeult oder die Scheibe kaputt, werden die Reparaturkosten für gewöhnlich in voller Höhe erstattet. Fahrzeughalter, deren Auto durch ein Unwetter beschädigt wurde, sollten die Schäden am besten anhand von Fotos dokumentieren und diese unverzüglich dem Versicherer melden. Wenn das Haus oder seine Nebengebäude durch Sturm ab Windstärke acht in Mitleidenschaft gezogen wurde, kommt der Wohngebäudeversicherer für die Schäden auf. Was jetzt?

Direkt nach einem Unwetter sollte der Schaden so gering wie möglich gehalten werden, heißt es in der GDV-Mitteilung. Zerstörte Fenster beispielsweise könnten provisorisch abgedichtet werden, um das weitere Eindringen von Regenwasser zu verhindern. Herumliegende Gegenstände wie abgebrochene Äste oder Dachziegel sollten möglichst weggeräumt werden. Der Schaden sollte anhand von Fotos dokumentiert und schnell dem Versicherer gemeldet werden.