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Nach 182 Millionen im laufenden Jahr wird für 2017 Volumen von 196 Millionen Euro angepeilt. Mit Kommentar

Kreis Rottweil - Eine starke Wirtschaft und ein riesiges Aufgabenfeld sorgen beim Landkreis für einen weiteren Rekordhaushalt. Nach knapp 182 Millionen im laufenden Jahr wird für 2017 ein Haushaltsvolumen von 196 Millionen Euro angepeilt.

Das ist eine Menge Holz. Nicht nur die Investitionen in Berufsschulen, Breitbandausbau, Straßenverbesserungen und die Integration von Flüchtlingen benötigen einen hohen finanziellen Aufwand. Die investiven Ausgaben des Kreis-Haushalts liegen laut Plan bei 18,3 Millionen Euro, und damit fast wieder auf Höhe des Rekordinvestitionsbudgets des laufenden Jahres. Der geplante Vermögenshaushalt umfasst 19,6 Millionen Euro mit investiven Ausgaben von 18,3 Millionen Euro.

Sozialetat springt über 100-Millionen-Marke

Wenn sich die Ausgaben im Sozialetat um 16,5 Millionen Euro – das sind 20 Prozent – erhöhen und damit erstmals die 100 Millionen Euro-Marke (100,194 Mio. Euro) übersteigen, spiegelt sich darin vor allem die Unterbringung und Betreuung einer hohen Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern wider. Allein die Personalkosten des Sozialdezernats liegen bei nahezu acht Millionen Euro. Zum Vergleich: In 2013 beliefen diese sich auf 5,9 Millionen Euro.

Dass die aus der Flüchtlingsbewegung nach Europa entstandene große soziale Aufgabe mit großer gesellschaftlicher Kraft zu schultern versucht werde, betonte Landrat Wolf-Rüdiger Michel jetzt in seiner Rede zur Einbringung des Haushalts 2017. Notwendig sei es aber auch, den Bürgern zur durch diese Zuwanderung entstanden Situation mit offenem Visier gegenüberzutreten. Vor rund einem Jahr hätten viele führende Wirtschaftsvertreter und Politiker angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen fast ausschließlich von den Chancen für den Arbeitsmarkt und der Bewältigung unserer demografischen Probleme durch Zuwanderung gesprochen. In bester Absicht sollte damit die Akzeptanz für die Flüchtlingswelle geschaffen werden. Die Menschen aber hätten schnell bemerkt, dass gut gemeinte Erklärungen oft weit an den Fakten und den Herausforderungen an unsere Gesellschaft vorbeigegangen seien, was zu einem Vertrauensverlust und dem Erstarken der Populisten geführt habe, konstatiert Michel und fordert – insbesondere von der "höheren Politik" – die Rechtswirklichkeit wirklich zum entscheidenden Maßstab zu machen. Menschen, die kein Bleiberecht hätten oder nur aus wirtschaftlichen Gründen zu uns gekommen seien, müssten in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. Trotz des Bemühens in der Landes- und Bundespolitik hänge gerade hier manches leider immer noch im Parteienstreit fest. "Die Bürger, aber auch wir davon betroffenen Behörden, haben kein Verständnis dafür, dass hier dem geltenden Recht keine Umsetzung folgt". Wenn der Landrat solch deutliche Worte spricht, betont er gleichermaßen die "Hilfe für die in Not Geratenen aus voller Überzeugung", auch durch die nachhaltige Unterstützung ehrenamtlicher Netzwerke.

Dass die von zahlreichen erfolgreichen Unternehmen getragene Steuerkraft der Städte und Gemeinden im ausschlaggebenden Basisjahr 2015 um zwölf Prozent zulegte, schafft finanzielle Manövriermasse für die Aufgabenfülle, bei der neben den oben genannten Verwendungen die Mittelvergaben vom Klimaschutz über den öffentlichen Personennahverkehr bis zum Feuerwehrwesen reichen.

Bei einem unverändertem Hebesatz (30 Prozentpunkte) würde dies zu einem Plus beim Kreisumlageaufkommen von 6,2 Millionen Euro führen. Der Wermutstropfen: Die Schlüsselzuweisungen nach der mangelnden Steuerkraft brechen dadurch deutlich ein und schmälern das Nettoplus.

Bei Kreisumlage Gerangel mit Gemeinden

Bei den nun eingeläuteten Haushaltsberatungen können Michel und Finanzdezernent Gerald Kramer viel Zustimmung für die im Haushaltsplanentwurf vorgeschlagene Marschroute erwarten. Beim Stichwort Kreisumlage dürfte es allerdings ein Gerangel zwischen dem auch mit vielen Bürgermeistern besetzten Kreistagsgremium und der Landkreisverwaltung geben. Dies vor allem im Hinsehen auf die Ende 2015 noch nicht vorhersehbaren Förderbescheide von Bund und Land in Höhe von 8,4 Millionen Euro für den Breitbandausbau. Insbesondere mit Verweis auf die flächendeckende Investition ins schnelle Internet (Zuschuss von 11,85 Millionen Euro an die Telekom) war für 2016 die Kreisumlage von 28 auf 30 Prozentpunkte erhöht worden. Angesichts des durch die gute Steuerkraft entstehenden höheren Millionenzuflusses und der in Aussicht stehenden Breitbandzuschüsse liebäugeln die Städte und Gemeinden mit einem Abschlag in Form von weniger als 30 Prozentpunkten bei der Kreisumlage. Landrat Michel hält dagegen: Durch die Reform der Bund-Länderfinanzbeziehungen würden in Baden-Württemberg vor allem die Kommunen finanziell profitieren.

Kommentar: Offenes Visier

Von Winfried Scheidel

Die Steuerkraftsumme hat sich im Kreis Rottweil in den zurückliegenden zwölf Jahren fast verdoppelt. Das Arbeitnehmereinkommen steigt seit 2000 über dem Landesdurchschnitt. Die sehr mittelständisch geprägte heimische Wirtschaft bietet mit ihrer Stärke und den sich daraus ergebenden Steuerzahlungen ein starkes Pfund bei der Bewältigung einer großen Aufgabenfülle in Regie des Landkreises. Die Themen Breitbandausbau, Straßenbau, Berufsschulwesen und Integration von Flüchtlingen stehen dabei ganz oben auf der Agenda. Zum Thema Asylbewerber hat sich Landrat Wolf-Rüdiger Michel jetzt bei seiner Haushaltsrede in bemerkenswerter Weise zu Wort gemeldet. Eine nachhaltig wirkende Willkommenskultur müsse man sich sehr problembewusst errabeiten. Soll auch heißen: Notorisches Gutreden tut in den oft schwierigen Problemlagen überhaupt nicht gut.