Elena und George Crivac in ihrer neuen Heimat Rottweil. Foto: Weißbrod

Bis zu 25 Prozent beträgt der Anteil an ausländischen Ärzten in den Kliniken in Rottweil. Chancen und Risiken. Mit Kommentar.

Kreis Rottweil - George und Elena Crivac stammen aus Rumänien. Er war zu Hause Allgemeinmediziner und bildet sich hier zum Neurologen weiter. Sie gibt Sprachkurse für ihre Landsleute, die in Deutschland Fuß fassen wollen. Ein Modell für die Zukunft? Ein Modell für die Gegenwart.

Von Rumänien über Frankfurt nach Rottweil: George Crivac (38 Jahre) und seine Frau Elena (29) leben seit gut eineinhalb Jahren in Rottweil. Sie fühlen sich wohl hier. Begeistert zeigen sie sich von der Schönheit der historischen Innenstadt, von den netten und offenen Leuten, die hier leben, und von der vielfältigen Tradition in der ältesten Stadt im Land. Dass die Rottweiler Fasnet etwas Besonderes ist, haben sie gleich gespürt, "sie ist sehr schön", sagt Elena.

Seit ihrem zwölften Lebensjahr hat sie in der Schule Deutsch gelernt. Das kommt ihr und ihrem Mann zugute. Er war in Rumänien Allgemeinmediziner und bildet sich hier in Deutschland zum Neurologen weiter. Die Sprache ist dabei eine Barriere, die es zu überwinden gilt.

Die beiden sind kein Einzelfall. Fachkräfte wie die Crivacs werden in Deutschland gebraucht. Der Chefarzt der Inneren Medizin II an der Helios-Klinik in Rottweil, Heiko C. Rath, sagt, freie Assistenzarztstellen mit in Deutschland ansässigen Bewerbern zu besetzen, sei in einem Haus der Größe der Helios-Klinik schwer möglich. "Hier sind ausländische Bewerber eine gute Möglichkeit, offene Arztstellen qualifiziert nachzubesetzen."

"Die Demografie spielt hier sicherlich eine große Rolle"

Insgesamt habe man bisher noch kein Problem, die offenen Arztstellen in einem angemessen Zeitrahmen mit geeigneten Kandidaten zu besetzen. Es sei auf jeden Fall schwieriger als vor 15 Jahren, heißt es im Vinzenz-von-Paul-Hospital (VVP) in Rottweil. Daher würden vermehrt Personalagenturen eingeschaltet. Die Kliniken für Innere Medizin der Helios-Klinik in Rottweil hätten sich beispielsweise auf ausländische Ärzte eingerichtet. Sie böten neben dem medizinischen auch ein spezielles soziales "Eingliederungs-Curriculum". Hierzu gehörten Sprach- und Kommunikations-Seminare und ein Angebot an sozialen Unternehmungen.

Qualifiziertes Personal zu finden, wird immer schwieriger werden

Diese Entwicklung wird sich kaum mehr umkehren lassen. Qualifiziertes Ärztepersonal zu bekommen, wird wohl immer schwieriger werden. Das VVP sieht die Ursache darin, dass es in Deutschland einen erhöhten Bedarf aufgrund deutlich angestiegener psychischer Erkrankungen gebe. Die Helios-Klinik sieht eine ähnliche Entwicklung wie in anderen Arbeitsbereichen in Deutschland. Chefarzt Rath sagt: "Die Demografie spielt hier sicherlich eine große Rolle. Auf der anderen Seite kommt es durch die Finanzkrise und ihre Auswirkungen zu einer Zunahme der Bewerbungen aus dem europäischen Ausland." Im Rottweiler Krankenhaus arbeiten 18 Ärzte aus dem Ausland, das ist ungefähr ein Viertel der gesamten Ärzteschaft. Im VVP sind zur Zeit rund ein Fünftel der Ärzte im Besitz einer ausländischen Staatsbürgerschaft.

Chancen und Risiken? Laut Chefarzt Rath ist eine Herausforderung sicherlich die Sprachbarriere. "Hier kann und muss man als Arbeitgeber und Vorgesetzter gezielt ansetzen, um dieses Problem zu lösen." Die Erfahrung zeige, dass dies machbar sei. Die Vorteile seien hoch engagierte Ärzte mit einer großen Bindung ans Haus und die Umgebung. "Insgesamt kann ich sagen, dass unsere Erfahrungen mit unseren ausländischen Kollegen sehr gut sind", so Rath. Hoch motivierte Mitarbeiter zu bekommen, dass ist auch die Erfahrung beim Vinzenz-von-Paul-Hospital. Die Sprachdefizite indes wirkten sich in der Psychiatrie erschwerend aus. Glück für George Crivac, dass er mit seiner Elena die Deutschlehrerin gleich fest an seiner Seite hat. 

Kommentar: Willkommen

Armin Schulz 

Volker Kauder hat auf der Sommertour durch seinen Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen gesagt: "Das kann ja auch nicht sein, dass man immer weiter nach Osten geht." Er meinte damit, es sei nicht gut, den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zunehmend durch Personal aus osteuropäischen Ländern und Ländern weiter östlich abzudecken.

Dabei ist das bereits Realität. Gerade auf dem Gesundheitsfaktor werden Fachkräfte – vom Pfleger bis zum Arzt – händeringend gesucht, auch im Kreis Rottweil. 20 bis 25 Prozent beträgt der Ausländeranteil bei Ärzten in den beiden Rottweiler Kliniken. Ohne diese Mitarbeiter könnte man den Krankenhausbetrieb in dieser Form nicht aufrechterhalten. Jammern hilft nicht. Wir brauchen diese Menschen und sollten danach schauen, dass sie hier zurechtkommen (Sprachkurse) und sich wohlfühlen (Willkommenskultur).