In Villingendorf regt sich heftiger Widerstand gegen eine JVA am Standort Esch. Etliche Bürger stellen kritische Frage und lehnen das Vorhaben vor der eigenen Nase ab. Foto: Schmidt

Werbetour der Rottweiler Verwaltungsspitze bringt nichts ein. Heftige Kritik und Gegenwehr.

Villingendorf - Auch, wenn Alfons Bürk den Bürgern etwas anderes einreden wollte: Die Stimmung ist eindeutig. Villingendorf ist vehement gegen den Bau einer Justizvollzugsanstalt (JVA) im Esch.

Bürgermeister Karl-Heinz Bucher musste nur selten eingreifen. Seine Bürger blieben in der Argumentation sachlich, obwohl die genagelt volle Aula in der Schule und das empörte Gemurmel und Zwischenrufe nicht darüber hinwegtäuschten, wie sehr die Villingendorfer das Vorhaben bewegt. Für Oberbürgermeister Ralf Broß, Bürgermeister Werner Guhl und Projektleiter Alfons Bürk war es die zweite Infoveranstaltung innerhalb einer Gemeinderatssitzung, zu der sie in dieser Woche geladen wurden. Und sie argumentierten in alle Richtungen. Für das Esch, für die Stadt, für die Notwendigkeit einer modernen Haftanstalt und auch für die Vorteile der umliegenden Gemeinden. „Wir haben keinen anderen Standort mehr“, konstatierte Broß, dass es zum Esch keine Alternative geben kann. „Und wir wollen unsere Verantwortung wahrnehmen“. Rottweil brauche die JVA. Für neue Arbeitsplätze, Schlüsselzuweisungen, aber auch, um nicht ein weiteres Standbein zu verlieren. Die meist zitierten Worte des Abends kamen daher von Justizminister Rainer Stickelberger: Bei einer wann auch immer kommenden Justizreform könne davon ausgegangen werden, dass der Justizstandort erhalten bleibt, wenn er sich in der unmittelbaren Nähe einer JVA befindet.

Doch was bleibt den Villingendorfern? „Eine starke Stadt sorgt für ein starkes Umland“, versuchte Broß die Bürger mit ins Boot zu holen. Doch die sahen in erster Linie die Zerstörung eines Naherholungsgebietes auf der Grenze zu ihrer Gemarkung, und wie die Räte vermuteten, ein unangenehmes Gefühl, dass zwischen dem Privateigentümer des Gewanns und der Stadt gemauschelt wird. Warum wurde das Esch vor sechs Jahren abgelehnt, warum bauen die Rottweiler nicht bei sich zu Hause? Fragen, auf die Bross und Guhl gut vorbereitet waren. Als das Esch 2009 abgelehnt wurde, lagen die Hoffnungen des Rottweiler Gemeinderats noch auf dem Stallberg und der liege vor der Haustür, nämlich zwischen Bühlingen, Altstadt und der Saline. Und fast verärgert fügte Guhl hinzu: „Wenn alles abgelehnt wird, nicht Bauen an der Landkreisgrenze, nicht in der Natur, nicht auf Gips und nicht innerhalb der Wohnbebauung, findet das Land keinen einzigen Standort in Baden-Württemberg“. Der Stallberg jedenfalls sei endgültig vom Tisch, auch wenn die Mehrkosten für den Bau an dieser Stelle inzwischen mit zwei Millionen Euro vom Land benannt wurden.

Zwei Stunden dauerte dieses Hin und Her zwischen Gemeinderäten und der Rottweiler Verwaltungsspitze, bis einer Bürgerin der Geduldsfaden riss. „Das ist eine Frechheit, das wissen wir doch schon alles“. Sie interessiere vielmehr, warum die Stadt denke, dass mit dem Bau einer JVA der Wert von Rottweil steige. In diese Kerbe schlug auch ein anderer Villingendorfer. Rottweil werde mit einer JVA nicht attraktiver. Die Stadt solle sich bemühen, in der Industrie mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Innerhalb von drei Jahren habe er in seinem Unternehmen ebenso viele Mitarbeiter einstellen können, wie sie sich die Stadt durch die JVA erhoffe. Ein Monstrum im Esch befürchtete ein weiterer Bürger. Ein Monstrum, das er schon in zehn Jahren überholt sieht. In den USA habe man bereits erkannt, dass mit Großgefängnissen eben nicht die Resozialisierung verbessert werden könne. Das Esch sei dann aber verbaut. „Das wird immer mit ihrem Namen verbunden bleiben“, warnte er.

Klare Worte fand auch ein Anwalt, der keine Symbiose zwischen Gerichtsstandort und JVA feststellen konnte. Das Landgericht Rottweil verhandle überwiegend Zivilsachen und sei keine Strafvollzugsanstalt. Eine Bürgerin beunruhigte außerdem das fehlende Übergangsmanagement. Für Menschen, die nach der Haft in der Umgebung neu starten. Rottweil müsse sich darauf vorbereiten, und ihnen einen Zukunft bieten.

Eher am Rande meldete sich auch Alfons Bürk zu Wort. Er appellierte, die Entwicklung offen anzunehmen, und „diese Stimmung nicht gegen Rottweil zu richten“. Nach seiner Wahrnehmung wären die meisten Villingendorfer für das Vorhaben im Esch. Zu bemerken war davon auf der Infoveranstaltung aber nichts.