Die "Red Devils" wollen Präsenz zeigen. Foto: Reinhardt

Sex-Übergriffe: Red Devils MC wollen für mehr Sicherheit sorgen. Ansage im Netz sorgt für mächtig Aufruhr.  

 

Kreis Rottweil - Verkehrte Welt: Genau vor einem Jahr wollte die Polizei mit einem Riesenaufgebot neun Mitglieder des Motorradclubs Red Devils aus der Rottweiler Innenstadt vertreiben. Jetzt wollen die Rocker selbst für mehr Sicherheit sorgen.

Die Ankündigung des "Red Devils MC Rottweil" auf seiner Facebook-Seite hat es in sich. Unter der Überschrift "Solidarität für Deutschland" schreiben die Rocker angesichts der jüngsten Übergriffe: "Frauen und Kinder haben Angst sobald es dunkel wird das Haus zu verlassen. ... Die Polizei löst lieber Demos gegen diese Zustände auf anstatt etwas dagegen zu tun. Deshalb werden wir ab sofort verstärkt unterwegs sein." Dies hatten zuvor auch die Red Devils aus Tuttlingen angekündigt. "Solltet ihr euch bedroht vorkommen, sprecht uns an wenn ihr uns seht", heißt es in dem Statement. Man helfe "ohne wenn und aber".

"Bürger haben Angst"

Die Resonanz ist gewaltig: Rund 3000 Leute zeigten bis gestern per "gefällt mir"-Klick in den Foren in Rottweil und Tuttlingen, dass sie die Aktion gut finden, tausendfach wird der Beitrag verbreitet. Dazwischen aber finden sich auch besorgte Stimmen. Es wird befürchtet, dass sich die Gewaltspirale so womöglich nur noch weiter dreht. "Glaubt ihr wirklich, dass das die Lösung ist??", fragt Leser Berthold B. in einem Facebook-Kommentar auf unserer Seite "Schwarzwälder Bote Rottweil". Und Fred S. sagt: "Besorgniserregend. Statt den Staat aufzufordern geltendes Recht umzusetzen wünschen sich einige, dass das irgendwelche Trupps erledigen. Braucht kein Mensch." "Leute bleibt mal auf dem Teppich. Wir leben trotz der Verbrechen in der Silvesternacht nicht in einer rechtsfreien Zone. Und brauchen uns auch nicht an kriminelle Schläger ranwanzen um uns vor anderen Kriminellen zu schützen", so Alexander N.

Die "Red Devils" halten dagegen: "Nein, wir gründen keine Bürgerwehr die marodierend, rechte Parolen brüllend und Scheiben einwerfend durch Dörfer ziehen." Es gebe auch keinen Generalverdacht gegen Ausländer und Asylanten. Dafür gebe es "einen Arsch voll Bürger die verunsichert sind und Angst haben und von unserer Regierung übergangen werden."

Die vielen unterstützenden Kommentare im Netz zeigen, dass die Red Devils damit bei vielen den richtigen Nerv getroffen zu haben scheinen: "Ich würde mein Leben eher einem Rocker und seinem Chapter anvertrauen als irgend einem von diesen Politikkaspern und ihrem Regierungszirkus", schreibt Diana B.. Sandra S. pflichtet ihr bei: "Endlich versucht mal jemand was zu tun, dass man keine Angst mehr haben muss..." "Respekt! Hut ab für diese Aktion", meint auch Pat S.

"Sache der Polizei"

Respekt – ein Wort, das in Rockerkreisen höchsten Stellenwert hat. Die Red Devils betonen, dass "Auseinandersetzungen meist nur entstehen, wenn der Gegenüberstehende keinen Respekt zollt oder sich abwertend verhält." Das kann das mulmige Gefühl bei manchen freilich nicht vertreiben: "Bürgermilizen? Halte ich für sehr bedenklich. Da gibt es sicher noch ein paar hilfsbereite Hooligans, die... für Recht und Ordnung sorgen möchten", befürchtet Julia E. in einem Kommentar.

Beamte des Polizeipräsidiums haben inzwischen mit beiden Clubpräsidenten gesprochen und ihnen die Rechtslage dargelegt. Das Angebot der Red Devils an sich, als auch die breite Zustimmung dazu gebe Anlass zu großer Sorge, so die Polizei in einer Stellungnahme. Die Gefahr von Willkür und Selbstjustiz sei groß. Man wolle die gute Sicherheitslage vor Ort weiter erhalten. "Sicherheit ist und bleibt Sache der Polizei", betont auch Ordnungsamtsleiter Jörg Alisch von der Stadt Rottweil.

Bei dem Großeinsatz vor einem Jahr hat die Polizei bei den neun "Red Devils"-Mitgliedern keine Waffen gefunden, es wurden aber Platzverweise ausgesprochen, weil "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" bestanden habe, so die Polizei damals. Verkehrte Welt eben.

Der Beitrag des MC Rottweil im Original: 

Solidarität für DeutschlandWir helfen wo wir könnenFrauen und Kinder haben Angst sobald es dunkel wird das Haus zu...

Posted by Red Devils MC Rottweil on  Montag, 11. Januar 2016

Info: Was Bürgerwehren dürfen

Geschichte

In Europa haben Bürgerwehren eine lange Geschichte. Im Mittelalter wurden sie meist aufgestellt, um Städte zu verteidigen. Allerdings verloren sie mit dem Aufkommen stehender Heere im 18. Jahrhundert ihre militärischen Aufgaben. Nach dem Ersten Weltkrieg organisierten meist ehemalige kaiserliche Soldaten Bürgerwehren gegen revolutionäre Bestrebungen. Heutzutage spielen Bürgerwehren in Deutschland eigentlich keine Rolle mehr. Vereinzelt organisieren sich aber auch heute Bürger zum Schutz vor Verbrechen.

Rechtliche Grundlage

Bürgerwehren können sich auf keine Gesetzesgrundlage stützen, wie Rechtsanwältin Lea Voigt vom Deutschen Anwaltverein berichtet. Das Gewaltmonopol liegt ausschließlich beim Staat, und nicht bei einzelnen Bürgern. »Es ist und bleibt Aufgabe der Polizei, für die Sicherheit im öffentlichen Raum zu sorgen«, erklärt Jörg Radek, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei.

Strafbarkeit

Ein nachbarlicher Zusammenschluss von Bürgern ist nicht verboten. Allerdings dürfen Bürgerwehren sich nicht bewaffnen. Dann wird aus so einem nachbarlichen Zusammenschluss eine bewaffnete Gruppe. Das ist laut Paragraf 127 Strafgesetzbuch verboten. Das Durchsuchen von Personen oder die Feststellung ihrer Identität sind nicht erlaubt.

Erlaubte Aktionen

Wenn man einen Täter auf frischer Tat ertappt, darf man ihn festhalten, bis die Polizei kommt. Allerdings ist es nicht erlaubt, Menschen auf Verdacht festzuhalten.