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Im Bauhandwerk Aufruhr, weil es aktuell keine Entsorgungsmöglichkeit mehr für Styropor gibt.

Kreis Rottweil - Wohl weil Bürokraten bei neuen Bestimmungen zur Entsorgung von Styropor-Abfällen nur eine Seite der Medaille im Auge hatten, steigen Handwerksbetriebe auf die Barrikaden. Die Handwerkskammer Konstanz fordert von der Politik rasche zielführende Reaktionen.

Wohin mit dem in Deutschland am häufigsten verwendeten Dämmstoff Polystyrol, landläufig Styropor genannt, wenn eine Sanierung ansteht? Handwerksbetriebe beklagen fehlende Entsorgungsmöglichkeiten für den seit 1. Oktober abfallrechtlich zum "gefährlichen Abfall" gehörenden Material. Zahlreiche Dachdecker-, Zimmerer-, Maler- und Lackierer- sowie Stuckateurbetriebe haben sich mit der Bitte um Unterstützung an die Handwerkskammer Konstanz gewandt.

Bürokratie gefährdet Aufträge, wettert die Handwerkskammer

"Die Betriebe stehen vor dem Dilemma, dass die Entsorgungspartner Polystyrol-Dämmstoffe nicht mehr annehmen", berichtet Peter Schürmann, bei der Handwerkskammer zuständig für die Umweltschutzberatung. Hintergrund sei die EU-Verordnung über persistente organische Schadstoffe (Verordnung Nr. 850/2004 – POP-Verordnung) in Verbindung mit der geänderten deutschen Abfallverzeichnisverordnung. Kurz: Polystyrol-Dämmstoffe, die das Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) enthalten, gehören seit dem 1. Oktober abfallrechtlich zum "gefährlichen Abfall" und dürfen nicht mehr in Hausmüllverbrennungsanlagen verbrannt werden. HBCD wurde bis Ende 2014 als Flammschutzmittel in Polystyrol-Dämmstoffen eingesetzt.

"Umweltauflagen sind wichtig – keine Frage. Aber man muss rechtzeitig Alternativen zur Entsorgung von häufig eingesetztem Material schaffen", kritisiert Handwerkskammerpräsident Gotthard Reiner die Entwicklung. Daher habe sich die Handwerkskammer Konstanz als Interessenvertretung von rund 12 000 Handwerksunternehmen in fünf Landkreisen nun in einem Schreiben an Landesumweltminister Untersteller gewandt. "Es kann nicht sein, dass das Handwerk als tragende Säule bei der Energiewende die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden vorantreibt und dann auf den Abfällen sitzen bleibt, die bei diesen Arbeiten entstehen. Für die betroffenen Betriebe kann das durchaus existenzbedrohend werden, wenn sie entsprechende Aufträge zurückstellen müssen. Daher muss schnell gehandelt werden", begründet Reiner das Vorgehen.

Handwerksunternehmen klagen darüber, dass sie einige Sanierungsaufträge nicht mehr ausführen können, weil es eben derzeit keine Entsorgungsmöglichkeit für Polysterol-Dämmstoffe mit HBCD gibt. Bei einem Dachdeckerbetrieb aus der Bodenseeregion, der ein 1000 Quadratmeter großes Flachdach einer Industriehalle bewerkstelligen sollte, kam es zu erheblichen innerbetrieblichen Problemen, weil die für die Abwicklung eines solchen Auftrags notwendige Kapazitätsplanung zur Makulatur wurde. "Wir können es nicht hinnehmen, dass Aufträge möglicherweise verloren gehen, weil durch die fehlende Entsorgungsmöglichkeit der mit dem Kunden vereinbarte Zeitplan nicht eingehalten werden kann", kritisiert Reiner. "Wir wünschen uns, dass sich die Landespolitik, die sich ja die Energiewende auf ihre Fahnen geschrieben hat, für eine rasche Lösung des Problems einsetzt – im Sinne der Verbraucher und Unternehmen".

Weitere Informationen:

Peter Schürmann, Telefon 07531/ 20 53 75; E-Mail peter.schuermann@hwk-konstanz.de sowie www.hwk-konstanz.de.

Seite 2: Handwerkskammer Konstanz

Das Handwerk ist mit seinen vielen kleinen und mittleren Betrieben das Herz der deutschen Wirtschaft. Zum Bezirk der Handwerkskammer Konstanz, der die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil und Waldshut umfasst, gehören rund 12.000 Handwerksunternehmen mit über 70 000 Beschäftigten und 5000 Auszubildenden. Die Handwerkskammer vertritt nicht nur die Interessen ihrer Mitglieder, sondern bietet ihnen auch eine umfassende Beratung an, etwa zur Fachkräftesicherung, Aus- und Weiterbildung, Betriebswirtschaft, Unternehmensführung, Recht, Umweltschutz und Technologie. Außerdem unterhält die Handwerkskammer fünf Bildungseinrichtungen, neben den Bildungsakademien in Singen, Rottweil und Waldshut die Management-Zentrum GmbH in Villingen sowie gemeinsam mit der IHK die Berufliche Bildungsstätte in Tuttlingen.