Immer mehr Bankkunden benutzen Online-Banking – eine Herausforderung für die Geldinstitute im Kreis. Foto: dpa

Immer wieder werden Zweigstellen geschlossen: Wir fragten bei den größten Häusern im Kreis nach. Mit Kommentar

Kreis Rottweil - Die Deutsche Bank kündigte Ende April an, 200 der 750 Filialen zu schließen. Die Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg will ihren Auftritt in der Fläche ausdünnen, die Volksbank Schwarzwald-Neckar schließt drei Filialen ab 1. August. Wie geht es weiter? Drohen auch andernorts Schließungen? Wir fragten nach.

Wir wollten von der Kreissparkasse Rottweil und der Volksbank Rottweil als den zwei größten Banken im Kreis wissen, wie sie zu dem Thema Filialschließung stehen, was sie darüber denken und  ob Filialschließungen auch bei ihnen  bevorstehen.Die Volksbank Rottweil betreut etwa 42 280 Kunden mit Einlagen von 614 Millionen Euro, die KSK verwaltet fast 1,8 Milliarden Euro an Kundeneinlagen. Filialschließungen? Das ist ein heikles Thema, äußert der Chef der Volksbank Henry Rauner.Wir stellten folgende  sechs Fragen:

1. Wie bewerten  Sie das Filialnetz Ihrer Bank?

2. Wird es in den kommenden zwölf Monaten zu Schließungen kommen?

3. Wenn ja, wo?

4. Was sind die Gründe?

5. Wann hat die Bank zuletzt  eine Filiale geschlossen und was waren die Gründe?

6. Wie können Menschen, die nicht mobil sind, Geldgeschäfte tätigen und wie sind Ihre Erfahrungen?

Hier die Antworten von Henry Rauner von der Volksbank Rottweil:

1. Die Niedrigzinsphase (politisch bedingt) macht den Regionalbanken extreme Schwierigkeiten: die Margen sind viel zu gering beziehungsweise  bereits im Defizit.

2. Das Kundenverhalten ändert sich bereits seit längerer Zeit moderat, aber zur Zeit sehr massiv durch die Digitalisierung: Es wird davon ausgegangen, dass in zwei bis drei  Jahren die Online-Banking-Quote bei 75 bis 80 Prozent  liegt. Jeder hat ein Smartphone und ist anderweitig mobil im Netz. Das heißt, das Kundenverhalten ändert sich durch direkten Zugang zum Konto und den Bezahlsystemen.

3. Die Regulatorik durch die Bankenaufsicht und EZB (Europäische Zentralbank) ist gerade für kleine und mittlere Institute wie Volksbanken und Sparkassen extrem belastend.

4. Besonders durch Punkt 1 hat die Bundesbank alle Banken aufgefordert, über ihr Filialnetz nachzudenken und keine Tabus gelten zu lassen, siehe Handelsblatt: »Bundesbank ermutigt Geldhäuser: ›Keine Tabus‹ bei Filialschließungen: Angesichts der niedrigen Zinsen müssen Finanzinstitute ihre Kosten senken. Dabei sollen sie auch nicht vor Schließungen zurückschrecken, findet die Bundesbank. Am radikalsten geht hierzulande die Hypo-Vereinsbank vor.«

Zu den anderen Fragen kann ich derzeit nichts sagen, da wir im Moment in der Untersuchungsphase sind und dies danach zuerst in unseren Gremien diskutieren müssen. Ich bitte deshalb um Verständnis.

Die Kreissparkasse äußert sich so:

1. Die Kreissparkasse Rottweil hat in den vergangenen zehn Jahren mehr als 20 Millionen Euro  in ihr Geschäftsstellennetz investiert. Insgesamt verteilen sich die Investitionen auf 20 Geschäftsstellen. Daraus ersehen Sie ein klares Bekenntnis zur Steigerung unserer Qualität in der Fläche um den Bedürfnissen unserer Kunden auch weiterhin gerecht zu werden.

2.,3.,4. Wir sehen uns, wie auch die gesamte Finanzbranche, mit einem deutlichen Wandel im Kundenverhalten konfrontiert. Der Bedarf unserer Kunden an digitaler Kommunikationstechnik für den Zahlungsverkehr und anderen, umfassenden Finanzdienstleistungen in Verbindung mit modernster Technik ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Einfache Informations- und Beratungsdienstleistungen werden zunehmend online nachgefragt. Mittlerweile führt die Kreissparkasse Rottweil rund 45 Prozent  der Konten, also etwa 33.000 Girokonten, Tendenz steigend, online. Dieses veränderte Nutzungsverhalten wird zu Veränderungen bei der Kreissparkasse Rottweil führen, wobei wir hierzu noch keine detaillierte Angabe machen können. Sie können aber davon ausgehen, dass wir auch in Zukunft in jeder politischen Gemeinde vertreten sein werden.

5. Wie unter Punkt 1. bereits angesprochen, haben wir in den vergangen Jahren immer wieder kontinuierlich in unser Geschäftsstellennetz investiert. Dabei haben wir selten frequentierte Geschäftsstellen mit besser angenommenen Geschäftsstellen zusammengelegt.6. Die Kreissparkasse hat sich hinsichtlich des sich wandelnden Nutzungsverhaltens auf nicht mobile oder ältere Menschen eingestellt. Bargeldbedarf können nicht mehr mobile Kunden gerne bei der nächstgelegenen Geschäftsstelle anmelden und erhalten ihre Bestellung persönlich nach Hause geliefert. Bei Bedarf beraten unsere Berater den Kunden auch gerne zu Hause. Zudem bieten wir seit neuestem für Kunden, die ihre Finanzgeschäfte von zu Hause aus tätigen möchten, aber noch unsicher bei der Bedienung sind Online-Banking Seminare an. Diese sind kostenlos und beinhalten alle wichtigen Grundlagen rund um das Online-Banking. Mit diesen Maßnahmen können wir auch dem Bedarf von nicht mehr mobilen Menschen gerecht werden.

Kommentar: Knifflig

Von Armin Schulz

Es ist ein kniffliges Thema: Wenn eine Bank in der Region eine Filiale schließt, kochen die Emotionen hoch. Wie jüngst in Eschbronn-Locherhof geschehen. Die Gründe: zunehmender Kostendruck, ein sich veränderndes Kundenverhalten, demografischer Wandel. Auch wenn die angesprochenen Institute, Volksbank Rottweil und Kreissparkasse Rottweil, nicht gerne darüber reden, wird es so sein, dass sie kleinere Filialen, die sich wohl schon seit Langem kaum mehr gelohnt haben dürften, nach und nach schließen werden. Für einen Teil der Kunden bedeutet das, sich umgewöhnen zu müssen. Darf man deswegen den Stab über die Banken brechen? Nein. Sparkassen und Genossenschaftsbanken gelten weiterhin als die Institute, die sich den Menschen hier in der Region verpflichtet fühlen. Und dass sie – zumal in diesen Niedrigzinszeiten – aufs Geld schauen müssen, ist doch klar.