Die Einsatzkräfte mussten den Angeklagten zu Boden ringen. Foto: jonasginter / Fotolia.com

Mann beißt Beamtin in Finger und randaliert in Ausnüchterungszelle. 1,55 Promille Alkohol und Cannabis im Blut.

Kreis Rottweil - Sich dermaßen massiv gegen eine vorläufige Festnahme zu wehren, dass die Polizisten ernsthafte Verletzungen davon tragen, ist keine gute Idee, um von der eigentlichen Straftat abzulenken.

Für einen Ausraster der ziemlich üblen Sorte, muss ein 26-Jähriger nun büßen. Das Amtsgericht Rottweil verurteilte ihn wegen "Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung und Sachbeschädigung" zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Monaten – ausgesetzt zur Bewährung.

An den Tatvorgang im Mai letzten Jahres kann sich der Mann aus dem Kreis Rottweil offenbar nur noch in Bruchstücken erinnern. Er erzählt, dass er zu der Zeit fast täglich Alkohol in großen Mengen konsumiert habe. So auch am Tattag. Gegen Abend wollte er in einem Supermarkt Bier kaufen – kam dabei allerdings mit einer Kassiererin in Streit und verließ den Laden ohne die Ware zu bezahlen.

Der Zeuge, ein Polizist, der zu dieser Zeit mit seiner Kollegin im Einsatz war, erzählt, dass eine Streife alarmiert wurde, um den flüchtigen Dieb zu stellen. Als sie den Angeklagten schließlich in der Rottweiler Innenstadt aufgriffen, rastete der Angeklagte vollkommen aus. Der Polizist berichtet von wilden und massiven Tritten gegen ihn, selbst als er versuchte, den 26-Jährigen am Boden zu fixieren. Gemeinsam mit der Kollegin gelang es ihm trotz Einwirkung auf Schmerzpunkte nicht, den Angeklagten ruhig zu stellen. Schließlich schnappte er mit den Zähnen nach der Hand der Beamtin und verbiss sich in deren Ringfinger. Der Biss sei bis auf den Knochen gegangen, ein Nerv wurde beschädigt. Selbst der Gebrauch des Schlagstocks ließ den Angeklagten nicht locker lassen. "Er war vollkommen schmerzresistent", stellten alle vier Zeugen – zwei Polizisten und zwei Polizistinnen, die am Tattag im Einsatz waren – unisono fest.

Zwei davon kamen als Verstärkung zu dem Gerangel. Mit vereinten Kräften versuchten sie den um sich tretenden Mann am Boden zu fixieren und seine Beine mit Kabelbinder zusammenzu halten – ein nach Angaben der Polizisten schwieriges Vorhaben. Erst durch den Einsatz von Pfefferspray ließ der Angeklagte, der über Minuten in den Finger der Polizistin biss, von ihr ab und konnte schließlich ins Einsatzfahrzeug verfrachtet werden.

Bei der heftigen Rangelei wurde auch das Handgelenk des Polizisten verstaucht. Beide Einsatzkräfte wurden in der Klinik behandelt und waren mehrere Wochen arbeitsunfähig. In der Ausnüchterungszelle randalierte der 26-Jährige weiter dermaßen, dass er den Putz des Raumes beschädigte. Nach Verlegung in eine andere Zelle beschädigte er eine Tür mit Gewalt.

Ein Bluttest ergab einen Alkoholgehalt von 1,55 Promille. Auch der Konsum von Cannabis wurde ihm nachgewiesen. Da der Angeklagte schon mehrfach vorbestraft ist und er mit dem Konsum von Cannabis gegen eine seiner Bewährungsauflagen aus früheren Vergehen verstieß, wirkt sich dies negativ auf das Urteil aus. Der Angeklagte gilt als alkoholabhängig. Die Richterin wies ihn an, die Suchtberatungsstelle aufzusuchen und möglichst eine Therapie zu beginnen.

Wieso der Angeklagte letztendlich so in Rage war, dass er nicht auf Schmerz reagierte, kann sich auch eine Sachverständige für Suchtgefährdete nicht erklären. 1,55 Promille seien für so einen Ausfall zu wenig – auch sei Cannabis eher nicht dafür bekannt, Aggressivität zu fördern.

Nun muss der Täter brav sein: Er ist nun doppelt auf Bewährung, ein kleiner Verstoß kann ihn ins Gefängnis katapultieren.