Allgemeinmediziner sind im ländlichen Raum viel gefragt. Viele Ärzte sind aber bereits über 60 Jahre alt. Foto: Pleul

Drohende Einbußen im ländlichen Raum heißes Thema. Mittwoch Auftaktveranstaltung im Kapuziner.

Kreis Rottweil - Die Nachfolgeproblematik bei den Arztpraxen und die zunehmende Überalterung der Bevölkerung stellt das Gesundheitssystem bei der ambulanten Versorgung vor allem im ländlichen Raum vor neue Herausforderungen.

Von den insgesamt 85 Hausärzten im Landkreis Rottweil ist derzeit über ein Drittel 60 Jahre und älter. Gleichzeitig werde der Behandlungsbedarf steigen, über zehn Prozent Zuwachs sind laut Daniel Peter, beim Gesundheitsamt Rottweil Mitarbeiter im Bereich Prävention, für die Gemeinden Vöhringen, Dietingen, Zimmern ob Rottweil, Sulz am Neckar, Wellendingen und Deißlingen zu erwarten.

Der Landkreis Rottweil hat zusammen mit dem Schwarzwald-Baar-Kreis und dem Landkreis Tuttlingen das Forschungsinstitut Quaestio und das Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt mit der Erarbeitung von neuen Lösungsmöglichkeiten beauftragt. Finanziell wird das Projekt vom Ministerium für Soziales und Integration des Landes Baden-Württemberg unterstützt. Morgen, Mittwoch, 14 Uhr, werden in öffentlichen Auftaktveranstaltungen (im Kreis Rottweil 14 Uhr Kapuziner, Rottweil, Neutorstraße 4 - 6) erste Ergebnisse zu der Frage, welche Regionen besonders von Unterversorgung bedroht sind und wo die Voraussetzungen für alternative Versorgungsmöglichkeiten wie Gemeinschaftspraxen oder medizinischen Versorgungszentren besonders günstig sind, vorgestellt.

Für eine rege Diskussion erhoffen sich die Initiatoren des Projektes die zahlreiche Teilnahme von Ärztinnen und Ärzten, weiteren Vertretern des Gesundheitssektors sowie der Kreisverwaltungen. Aber auch O-Töne aus der breiten Öffentlichkeit sind dringend erwünscht.

Auch auf Stimmen aus der Bevölkerung soll genau gehört werden

Zum Start des Projekts wurde eine 25-köpfige Lenkungsgruppe aus Vertretern der drei beteiligten Landkreise, der Gemeinden, der Kreisärzteschaft, der kassenärztlichen Vereinigung, des Sozialministeriums, des Forschungsinstituts Quaestio und der Universität Frankfurt gebildet. Die Bevölkerung soll sich mittels Bürgerdialogen auch übers Internet zu Wort melden können.

Dem Ziel, den Erhalt des Versorgungsniveaus mit kurzen Wegen für die Patienten und dauerhaft stabilen Versorgungsangeboten zu gewährleisten, widmet der Rottweiler Kreistag schon seit vielen Jahren ein größeres Augenmerk.

Bereits im Oktober 2012 hatte Heinz-Joachim Adam, der Leiter des Rottweiler Gesundheitsamtes, bei einem Vortrag vor dem Gremium auf Anstrengungen, die Marke "Landarzt" wieder populärer zu machen, verwiesen.

Die kassenärztliche Vereinigung (KV) wolle ihren Sicherstellungsauftrag natürlich von Haus möglichst gut erfüllen. Neue Arbeitszeitmodelle und die Einrichtung von Notfallpraxen auch unter der Woche könnten die Belastungen für einen Allgemeinarzt senken. Auch an die Abfederung finanzieller Risiken werde gedacht. Natürlich sei bei allem eine Milieu-Pflege wichtig. Zum Beispiel so, dass Gemeinde und untere Gesundheitsbehörde Hand-in-Hand für eine zu besetzende Praxis Werbung machten. Vereinzelt seien auch neue Ärzte an Land gezogen worden. Allerdings dürfe man trotz positiver Entwicklungen nicht die Hoffnung hegen, dass in zehn Jahren in jeder Gemeinde ein niedergelassener Arzt zur Verfügung stehe, hieß es auch damals schon von Experten.

Von der vermehrten Installierung von Ärztehäusern (wie in Zimmern o.R) bis zu gebundenen Studienplätzen, wie es sie in Sachsen gibt (ein nicht nur über seinen Notendurchschnitt im Abitur qualifizierte Studienabsolvent verpflichtet sich, für zum Beispiel zehn Jahre eine Allgemeinpraxis auf dem Land zu übernehmen) reichten die Verbesserungsvorschläge ließ Adam 2012 wissen.

Seither ist von einem Stopp des Negativtrends nichts zu erkennen, was aber an den allgemeinen Trends und Entwicklungen liegt, von denen man auch im Kreis Rottweil nicht ausgenommen ist. Immerhin hat die Politik ihre Gangart bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten verschärft. Spannend wird jetzt sein, zu beobachten, wie im Zusammenspiel mit Verbänden tatsächlich Zeichen gesetzt werden für eine Struktur, die die Patienten im ländlichen Raum – und damit auch im Kreis Rottweil – nicht im Regen stehen lässt.