Die neueste Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber befindet sich in Aach. Sie wird am Donnerstag bezogen. Foto: Archiv

Unterbringung kaum noch zu bewältigen. Alle fünf Unterkünfte voll belegt. Betreuungspersonal reicht nicht aus.

Kreis Freudenstadt - Die zunehmende Zuwanderung von Asylbewerbern in Baden-Württemberg stellt den Landkreis Freudenstadt vor enorme Probleme. Die Gemeinschaftsunterkünfte sind voll belegt. Neue Objekte sind kaum zu bekommen. Das Personal zur Betreuung der Unterkünfte und der Asylbewerber ist knapp.

Angesichts der steigenden Asylbewerberzahlen ist auch das zentrale Erstaufnahmelager in Karlsruhe restlos überfüllt. In Meßstetten soll nun eine zweite Erstaufnahmestelle geschaffen werden.

Auch der Kreis Freudenstadt hat größte Probleme, seine zugewiesenen Menschen unterzubringen. Inzwischen gibt es Gemeinschaftsunterkünfte für insgesamt 329 Menschen in Freudenstadt, Alpirsbach, Hallwangen, Herzogsweiler und Aach. Letztere ist die jüngste Unterkunft, in die am morgigen Donnerstag die ersten Menschen einziehen. dann ist sie bereits voll belegt. In Wälde existiert noch eine Ausweichunterkunft mit 20 Plätzen.

"Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten", sagt Robert Bornhauser, Leiter des Sozialamts beim Landratsamt Freudenstadt, doch für Gemeinschaftsunterkünfte müsse auch der Zuschnitt passen. Bei vielen Objekten sei der Brandschutz ein großes Hemmnis. Bornhauser rechnet ungefähr mit fünf Monaten Vorlaufzeit, bis ein Haus für eine Gemeinschaftsunterkunft aufgerüstet und eingerichtet ist.

Alternativ kann der Kreis Ausweichunterkünfte wie in Wälde anmieten. Das können Pensionen sein, für die es noch eine Konzession gibt, die aber von Gästen nicht mehr nachgefragt werden. Dies sei für den Kreis zwar teurer, aber die Probleme des Brandschutzes seien bei solchen Objekten nicht so groß, weiß Bornhauser. Das neue Flüchtlingsaufnahmegesetz ermöglicht es jetzt zudem, Asylbewerber in einzelnen Wohnungen oder Häusern unterzubringen. Auch diese Möglichkeit ziehe der Landkreis angesichts der steigenden Zuwandererzahl in Betracht, so der Sozialamtsleiter.

Doch das ist alles nicht ganz einfach. Die Erfahrung zeige, dass es in der Bevölkerung zwar vielfach die Meinung gibt, dass der Landkreis zu wenig für die Asylbewerber tut. Auf der anderen Seite gebe es aber auch verbreitet Widerstand, wenn eine neue Unterkunft geschaffen werden soll. Es ist eine ständige Gratwanderung.

Und bei der Unterbringung hören die Probleme längst nicht auf. Wenn Menschen verschiedener Abstammung und mit verschiedenen sozialen Hintergründen aufeinandertreffen, birgt dies sozialen Sprengstoff. Diese Erfahrung musste der Landkreis bei einem Zwischenfall in der Gemeinschaftsunterkunft Hallwangen bereits machen.

Robert Bornhauser: "Wir müssen dringend aufstocken"

Wie Robert Bornhauser betont, kommen selten Familien, was dem Landkreis lieber wäre. In der neuen Unterkunft in Aach ziehen zum Beispiel 32 alleinstehende Männer, überwiegend aus Syrien, ein. Damit nicht genug der Probleme, denn die Unterkünfte müssen auch betreut werden. Dazu stehen dem Landkreis momentan für alle fünf Objekte gerade mal zwei Hausverwalter und ein Hausmeister zur Verfügung. Für die soziale Betreuung gibt es 1,3 Stellen, von denen kürzlich eine halbe Stelle weggefallen ist. "Wir müssen dringend aufstocken", sagt Bornhauser.

Das vorhandene Personal sehe oft über die Arbeit nicht mehr hinaus. Ausschreibungen seien zwar bereits erfolgt, doch "wir müssen Glück haben, wenn wir geeignetes Personal finden". So sieht es auch Klaus-Ulrich Röber, stellvertretender Landrat und zuständiger Dezernatsleiter. Um Engpässe in der Betreuung zu beseitigen oder wenigstens zu überbrücken, sei der Landkreis auch im Gespräch mit Verbänden wie der Arbeiterwohlfahrt oder der diakonischen Bezirksstelle. Die Kooperation von Landkreis und freien Trägern sei angesichts der derzeitigen Situation wichtig.

Röber spricht noch ein weiteres Problem an. Es sind die 7,5 Quadratmeter Wohnraum, die jeder Asylbewerber ab 2016 zur Verfügung haben sollte und die auch vom Freundeskreis Asyl eingefordert werden. »Wenn ich nichts habe, kann ich aber nichts geben«, schildert Klaus-Ulrich Röber die Situation.

Und was kostet das Ganze den Landkreis? Das überblickt auch der stellvertretende Landrat nicht. Der Kreis sei verpflichtet, die Asylbewerber unterzubringen, "also machen wir es", sagt er dazu. Ob die Erstattung vom Land für die Kosten ausreichen, weiß er nicht. "Fast täglich ändern sich die Voraussetzungen", meint Röber etwas resigniert.

Wenn Asylbewerber länger als 24 Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft sind, werden die Städte und Gemeinden im Landkreis für die Anschlussunterbringung zuständig und müssen Wohnraum zur Verfügung stellen. Doch für die Betreuung ist weiterhin der Kreis zuständig. Deshalb hoffen Robert Bornhauser und Klaus-Ulrich Röber, dass die Gemeinden ehrenamtliche Kräfte mobilisieren können, die das Landratsamt bei der Betreuung in der Anschlussunterbringung entlasten können.