Zum Schutz muss Geflügel bis Ende Januar eingesperrt leben. Foto: dpa

Federvieh seit Wochen nur noch im Stall. Speiseplan mit Ersatz-Grünzeug.

Kreis Freudenstadt - Der Vogelgrippe-Virus H5N8 grassiert unter Wildvögeln und hat schon einzelne Nutzvögel in Deutschland befallen. Zum Schutz muss Geflügel bis Ende Januar eingesperrt leben. Experten erwarten aber eine Verlängerung der Stallpflicht.

Endlich wieder raus, Gras aufpicken und im Sand scharren? Was sich viele Geflügelhalter für ihre Tiere wünschen, wird womöglich noch eine Weile verboten sein. Der Leiter des Veterinäramtes im Kreis Freudenstadt, Edmund Hensler, erwartet, dass die Stallpflicht verlängert wird. "Die Seuchenlage verschärft sich", sagt Hensler mit Blick auf die bundesweite Situation. Besonders im Norden sei Nutzgeflügel vom Vogelgrippe-Virus H5N8 befallen. Um keine Verbreitung zu ermöglichen, müssen Vögel im Stall bleiben.

Das Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg macht nach Angaben einer Sprecherin in spätestens zwei Wochen bekannt, ob es mit der Stallpflicht weitergeht.

Der Vorsitzende des Kleintierzuchtvereins Mitteltal-Obertal, Arthur Pfau, seufzt bei dem Thema. "Für unsere Tiere ist das ganz schwer", sagt er. "Denen geht es wie einem Menschen, der über Wochen in einem Zimmer eingesperrt ist: Der ist irgendwann malad." Die Situation sei auch für ihn als Halter deprimierend. In der Szene herrsche Verunsicherung. Mancher, der ohnehin nicht viele Tiere habe, der sage sich: "Dann schlacht ich’s lieber", berichtet Pfau. Die Züchterei liege derzeit nicht im Trend, jetzt weitere Züchter zu verlieren, sei für die Vereine schlecht. "Wir sind angespannt", fasst er die Stimmungslage bei den Kleintierzüchtern zusammen.

Nur zwei Tierhalter im Landkreis sind von der Stallpflicht befreit. Ein Nandu-Halter darf die Laufvögel aus Tierschutzgründen nicht einsperren. Seltene Schwäne eines weiteren Züchters dürfen ebenfalls mit amtlichem Okay raus aus dem Stall.

Seit Einführung der Stallpflicht Mitte November sind beim Veterinäramt gut zehn Fälle bekanntgeworden, in denen sich Geflügelhalter nicht an die Vorschriften hielten. "Wir sind dann hingefahren und haben sie belehrt", sagt Hensler. Die Halter seien einsichtig gewesen.

Die Profis halten sich alle an die Regeln des Veterinäramtes, ist Landwirt Stefan Schäfer aus Horb-Betra überzeugt. Erfreulich sei es nicht, dass er seine 250 Hühner nicht unter freiem Himmel laufen lassen darf. Sie leben in einem Hühnermobil, das er jetzt an einem Schuppen geparkt hat, wo der Tagesfreilauf der Hühner überdacht und vogelsicher ist. Er brauche etwas mehr Futter für sie. Für ihn und seine Tiere sei die Stallpflicht aber nicht von großem Nachteil. Schäfer ist ebenfalls überzeugt, dass sie über Ende Januar hinaus verlängert wird.

Die Vorsitzende des Horber Kleintierzuchtvereins Silke Wüstholz sagt zum Thema Stallpflicht: "Die Gänse leiden sehr darunter. Grünfutter fehlt – das grasen in den Neckarauen. Es sind reine Weidegänse." Wenn Schnee liegt tauchten sie normalerweise nach Algen vom Neckarboden, erzählt Wüstholz. Diesen Winter müssen sie sich laut Wüstholz mit einem Eimer Wasser begnügen. Wegen des Bewegungsmangels müsse sie aufpassen, dass die Tiere nicht verfetten. Auch die Pfauen, Hühner, Perlhühner und Kraniche litten unter der Stallpflicht. Weil ihnen das Gras fehlt, bekommen sie zusätzlich Salat, Obst und Gemüse.

Infiziertes Wild- oder Hausgeflügel wurde im Landkreis bisher nicht gefunden. Dennoch appelliert der Leiter des Veterinäramtes an Hausgeflügelhalter, keine anderen Geflügelbestände zu besuchen, separate Schuhe im Geflügelstall anzuziehen oder Straßenschuhe vor Betreten zu desinfizieren. Das gelte auch für Kleinstgeflügelhalter und habe das Ziel, dass zum Beispiel kein infizierter Kot von Wildgeflügel, der an Schuhsohlen hängen könnte, in den Stall getragen wird.

Info: Vogelgrippe

Das Land Baden-Württemberg hat Mitte November eine Stallpflicht erlassen. Sie soll die Einschleppung der Vogelgrippe in Hausgeflügelbestände verhindern. Sie gilt für alle Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten oder Gänse bis zum 31. Januar. Als Stall gilt auch eine nach oben geschlossene Voliere. Beim Betreten der Geflügelhaltung sind Schuhe laut Amt zu wechseln oder zu desinfizieren.

Im Kreis Freudenstadt müssen gut 900 Halter, bei denen die Tiere bisher auch im Freien waren, die Stallpflicht umsetzen. Rund 15.000 Geflügeltiere sind betroffen. Meist handelt es sich um Kleinstbestände.

Weitere insgesamt 17 größere Betriebe mit insgesamt etwa 20.000 Hühner halten die Hühner schon immer im Stall. Sie sind daher nur von den verschärften Hygieneregeln betroffen.