Beim DRK-Kreisverband Freudenstadt hängt nach wie vor der Haussegen schief. Foto: Weißbrod

Schon wieder ein Rücktritt: Stellvertretender DRK-Kreisbereitschaftsleiter Tino Schmidt legt Amt nieder / Präsidiumssitzung im September

Kreis Freudenstadt - Was ist los beim DRK? Nachdem Anfang August Kreisbereitschaftsleiter Ulli Beuter zurückgetreten war, hat gestern auch sein Stellvertreter Tino Schmidt das Handtuch geworfen. Die Vorwürfe, die Tino Schmidt gegen Kreisgeschäftsführerin Anita Baumhackl erhebt, wiegen schwer. Unserer Redaktion liegt ein mehrere Seiten umfassender Brief vor, in dem Schmidt mit den DRK-Verantwortlichen hart ins Gericht geht. Seit der Einstellung der Geschäftsführung sei es "immer mehr zu Problemen" gekommen. Von "Angst um die Arbeitsplätze" und einer "Spaltung" ist die Rede, von "Abmahnungen", "Freistellungen" und "Suspendierungen".

Personelle Veränderungen seien dem BGB-Vorstand – dem geschäftsführenden Vorstand des DRK-Kreisverbands – nicht mitgeteilt worden. "Was in den letzten Jahren aufgebaut wurde, wurde innerhalb nicht mal eines halben Jahres zerstört", schreibt Schmidt. Dies sei auch der Grund, weshalb "wichtige Amtsinhaber" gegangen seien. Damit spielt Schmidt auf den Rücktrittstsunami an, der bei der Kreisverbandsversammlung im Juli losgetreten wurde. Dort wurde nicht nur öffentlich, dass Kreisgeschäftsführer Marc Steigerwald bereits seit März außer Amt und Würden ist. Präsident Klaus-Peter Schindele wurde von den Delegierten mit seiner Abwahl eine schallende Ohrfeige verpasst. Die Liste der zurückgetretenen Amtsträger wird seitdem immer länger: Kreisverbandsjustiziar Marc Wesle, Kreisbereitschaftsleiter Ulli Beuter, stellvertretender Kreisbereitschaftsleiter Tino Schmidt.

"Regelt, was geregelt werden muss", rät Letzterer den DRK-Funktionären. Mit "Regeln" meint er auch die Ersetzung der Geschäftsführerin Baumhackl und des Präsidenten Schindele, der so lange im Amt bleibt, bis ein Nachfolger bestellt ist.

Eine Frage – und zwar die wohl drängenste, beantwortet Schmidt in seinem Schreiben nicht: Wer hat die tiefen Gräben beim DRK ausgehoben und warum?

Baumhackl hält sich noch bedeckt

Kreisgeschäftsführerin Baumhackl kann dazu noch nichts sagen, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung betont. Ihren Anfang genommen hätten die Querelen mit dem Inkrafttreten der neuen Satzung im Februar dieses Jahres. Der größte Unterschied zur bis dato geltenden Geschäftsordnung ist, dass Verschmelzungen von Haupt- und Ehrenamt nicht mit der neuen Satzung zu vereinbaren sind. Baumhackl verweist etwa auf das Beispiel Gabi Schlotter, von der Schmidt schreibt, sie sei als Kreisbereitschaftsleiterin und Servicestelle Ehrenamt dazu genötigt worden, sich nach einem anderen Job umzuschauen. Nach der neuen Satzung kann ein hauptamtlicher Mitarbeiter nicht mehr im geschäftsführenden Vorstand, also dem BGB, vertreten sein. "Davon rät der Landesverband dringend ab", erklärt Baumhackl auf Nachfrage unserer Zeitung.

Auf den Brief ihres bisherigen stellvertretenden Kreisbereitschaftsleiters reagiert Baumhakl so: "Es werden Unwahrheiten transportiert, die wir aufgrund arbeitsrechtlicher Konsequenzen so nicht kommentieren können." Zu der Auseinandersetzung innerhalb des Kreisverbands und der Kritik an ihrer Person möchte sich die Geschäftsführerin vor der Präsidiumssitzung Anfang September nicht äußern. Nur so viel: "Wir haben Dinge festgestellt, die das Präsidium wissen muss und die auch juristische Konsequenzen nach sich ziehen können. In dieser Sache bin ich auch mit dem Landesverband in Kontakt."

Auch wenn es nun zu einem öffentlichen Schlagabtausch zwischen den Parteien zu kommen scheint, hat Baumhackl im Betriebsratsvorsitzenden Hubertus Tritschler einen Unterstützer. "Ich bin jetzt seit 40 Jahren dabei und habe so etwas noch nicht erlebt", sagt dieser sichtlich erregt. Es habe bislang keiner aus dem Kreisverband ausscheiden müssen, die Mitglieder hätten auf eigenen Wunsch gehandelt und Arbeitsverhältnisse aufgelöst. Aus seiner Sicht habe man es nun mit einer Geschäftsführerin zu tun, die gute Arbeit leiste. Nun müsse Aufklärungsarbeit betrieben werden, die Gräben zugeschüttet, das in Schieflage geratene Bild – auch in der Öffentlichkeit – geradegerückt werden. "Es stehen schließlich 130 Arbeitsplätze auf dem Spiel", betont er.

Auf der Homepage des Schwarzwälder Boten wird der Streit innerhalb des DRK-Kreisverbands Freudenstadt kontrovers diskutiert. Ein anonymer Kommentator etwa bezeichnet einen Großteil der Rotkreuz-Delegierten als Mitläufer, die nicht wissen würden, dass es bei den Querelen gar nicht mehr um das Rote Kreuz, sondern um einzelne Personen und deren Interessen gehe. "Ein Kollege" schreibt über die Abwahl des Präsidenten Klaus-Peter Schindele: Diese sei "weder überraschend, noch durch persönliche Rachefeldzüge (...) gekennzeichnet. Es ist schlicht und ergreifend die logische Konsequenz aus den letzten Jahren, in denen das Präsidium extrem fragwürdige Entscheidungen getroffen hat." Und "ein Mitglied" meint: "Es ist einfach an der Zeit, dass die Cliquenwirtschaft endlich ein Ende hat. Zur Führung eines Geschäftsbetriebs in der Größe unseres Kreisverbands braucht man Profis und keine Lehrlinge."

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Imageverlust

Von Alexandra Alt

Was soll man davon halten? Wem soll man glauben? Wie kann es weitergehen? Fragen über Fragen – und keine Antworten. Gewiss ist nur: Beim DRK-Kreisverband ist gehörig der Wurm drin. Die Handlungsfähigkeit des Roten Kreuzes scheint beschränkt, die Arbeit gefährdet, und weit und breit ist niemand in Sicht, der Licht ins Dunkel bringen kann und offen auf den Tisch legt, woran es eigentlich hakt. Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, was hinter verschlossenen Türen vor sich geht. Bislang kommen die Verantwortungsträger um Geschäftsführerin Anita Baumhackl über vage Andeutungen nicht hinaus. Währenddessen rumort es auf Bereitschaftsebene munter weiter, und die Verunsicherung bei den an den Grabenkämpfen Unbeteiligten steigt. Hoffentlich geht die Rechnung auf, denn unterm Strich ist das DRK schon jetzt der große Verlierer.