Drei Jahre alt ist der Nationalpark mittlerweile. In Baiersbronn zogen Wissenschaftler Zwischenbilanz. Foto: Rothfuß

Halbe Million Besucher pro Jahr - aber vor allem Einheimische. Lotharpfad wird gut angenommen.

Kreis Freudenstadt - Drei Jahre ist der Nationalpark Schwarzwald nun alt und laut eigenen Schätzungen haben ihn etwa eine halbe Million Menschen pro Jahr besucht – Zeit, über eine Obergrenze nachzudenken?

"Zwischen 450 000 und 600 000 Besucher im Jahr", meint der Experte Dominik Rüede, zuständig für das Thema regionale Entwicklung im Nationalpark. Das Stichwort "Obergrenze" kommt freilich nicht von ihm, sondern aus dem Publikum bei einer Informationsveranstaltung am Mittwoch in Baiersbronn. Ausgesprochen vorsichtig und zurückhaltend reagiert der Experte: "Noch haben wir keine Diskussion über eine Obergrenze", stellt Rüede klar. Allerdings fügt er hinzu: "Doch das wird wohl kommen."

In Kurzform also: Obergrenze für Besucher im Nationalpark – erst mal: Nein Danke. Doch auf lange Sicht: Wer weiß? Immerhin, eine kritische Stimme aus dem Publikum wirft ein: "Es sind nirgends so viele Menschen unterwegs wie im Nationalpark." Eine Übertreibung? Es sind komplizierte und knifflige Fragen, die an diesem Abend in Baiersbronn erörtert werden.

"Welche Bedeutung hat der Nationalpark für Pilze – und welche für Besucherinnen und Besucher?", heißt es auf der Einladung. Das klingt ziemlich schillernd. Von Spezialfragen zu den Hunderten (oder sind es Tausende?) Pilzarten im Park bis zu Fragen der Wegeführung reicht die Themenpalette. Psychologen untersuchen die "Wirkung der Wildnis" auf Mensch und Gesundheit. "Highlights aus der Forschung", nennen das die Experten. Ein halbes Dutzend Wissenschaftler des Nationalparks stellen sich dem Publikum – ein Novum.

Das Besondere: Es geht gleichermaßen um die Natur und um den Menschen. Wie ist die Wirkung des Nationalparks auf die Besucher? Doch es geht auch darum, wie die Menschen auf den Nationalpark wirken, der sich ja eigentlich völlig wild und unberührt entwickeln sollte? Allerdings: Streckenweise geht es recht akademisch zu in Baiersbronn, unbedarfte Laien haben mitunter ihre Schwierigkeiten, zu folgen. Ist das der Grund, dass die Veranstaltung eher spärlich besucht ist?

Zurück zum Besucherstrom: Einer der größten Attraktionen für Besucher ist der Lotharpfad, der Erlebnis- und Lehrpfad am Schliffkopf, gleich an der B 500.

Rund 90 000 Besucher werden hier im Jahr gezählt, so Rüede. "Der Lotharpfad wird gut angenommen." Dabei ist die Erfassung der Besucher höchst kompliziert, erklärt der Experte. Geradezu detektivisch gehen die Zähler vor: Sogar Wärmesensoren werden an einigen Wegen eingesetzt. Doch was ist ein Mensch, was ein Tier, was damit erfasst wird? Zusätzlich sollen mehrere mobile und fixe Zählschranken an den Wegen helfen – und dennoch seien die Angaben über Besucherzahlen eher vage. Schließlich gibt es kein offizielles Eingangstor zum Nationalpark, mit Ticket und Eintrittspreisen. Das wolle aber auch niemand, heißt es in Baiersbronn.

Nur ein Viertel der Besucher von auswärts

Weitere Ergebnisse der Wissenschaftlicher: Die große Mehrheit der Baden-Württemberger begrüßt die Einrichtung des Nationalparks. Was durchaus auch überraschend ist, meint Susanne Berzborn, denn schließlich habe es zur Einführung "durchaus auch Kritik gegeben". Und ganz allgemein: Über 90 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen "Natur sehr am Herzen liegt".

Übrigens: 75 Prozent der baden-württembergischen Besucher kommen aus Nachbargemeinden des Nationalparks. Was aber auch bedeutet: Lediglich ein Viertel der Besucher haben sich von weiter her auf den Weg gemacht. Spricht das für eine große Popularität des Nationalparks? Eines dürfte feststehen: Eine Einführung einer Besucher-Obergrenze dürfte noch in sehr weiter Ferne liegen.