Engagierte Redebeiträge und nachdenkliche Gesichter gab’s bei der Krankenhausdebatte im Kreistag. Auf unserem Bild zu sehen sind Florian Bea (rechts), ärztlicher Direktor, und der CDU-Fraktionsvorsitzende und Freudenstädter Oberbürgermeister Julian Oswald. Foto: Lück

Am Risiko scheiden sich die Geister: Julian Osswald plädiert im Kreistag für Zuschussantrag. Ernst Wolf glaubt der KLF nicht.

Kreis Freudenstadt - Wie riskant ist die "Jahrhundert-Investition" in ein neues Krankenhaus? Darüber gehen die Meinungen im Freudenstädter Kreistag weit auseinander.

Kann sich der Landkreis den Neubau eines Krankenhauses wirklich leisten? Kreisrat Ernst Wolf (FDP) hatte in der Debatte am Montag seine Zweifel: "Wie die Verluste Stand 2014 in Höhe von über acht Millionen Euro in ein positives Ergebnis mit einem Gewinn von knapp einer Millionen Euro im Jahr 2022 überführt werden sollen, erschließt sich mir nicht." Denn: Für den geplanten Neubau, der nach jetzigem Stand gut 100 Millionen Euro kosten würde, soll der Kreis einen Kredit über 50 Millionen Euro aufnehmen. Die Abzahlrate würde bei 2,85 Prozent Zinsen im ersten Jahr knapp 2,5 Millionen Euro betragen.

Doch KLF-Geschäftsführer Ralf Heimbach prognostizierte schon für die nächsten Jahre eine positive Gewinntendenz: In diesem Jahr soll der Landkreis "nur" noch 4,26 Millionen Euro an die Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH (KLF) überweisen – und bis zum Jahr 2020 sinkt die Summe auf 3,6 Millionen Euro.

Im Jahr 2021 rechnet Heimbach mit 3,46 Millionen Euro Zuschussbedarf, ab 2022 dann durch den Effizienzgewinn durch den Neubau mit 2,5 Millionen Euro. Heimbach betonte, dass diese Ergebnisprognosen "sehr konservativ" gerechnet seien. Unter anderem könne man ab dem Jahr 2021 insgesamt 15 Vollzeitkräfte einsparen. Die Erlöse aus Krankenhausleistungen würden jährlich um 1,5 Prozent steigen. Kreisrat Wolf meinte: "Wer bei dieser Historie der KLF noch glaubt, handelt fahrlässig.

Wenn es nämlich wieder mal schiefgeht, sind Kreis und Kommunen finanziell am Ende." Er forderte deshalb, dass es einen Beschluss darüber geben solle, wie viel der Kreis jährlich maximal für die KLF zahle. Und forderte von Heimbach, seine Berechnungen tiefergehend zu erläutern. Landrat Klaus Michael Rückert sagte dies für die nächste Sitzung zu.

Freudenstadts OB Julian Osswald dagegen drängte darauf, den Teilneubau zu beschließen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende: "Der Zuschuss für solche Neubauten liegt normalerweise bei 42 Prozent. Das Sozialministerium hat zugesagt, unser Projekt mit 50 Prozent zu bezuschussen, weil sie das Freudenstädter Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft halten will. Wir haben im Moment die verlässlichsten Zahlen, die man haben kann. Deshalb sollten wir den Zuschuss schnellstmöglich beantragen, damit wir die Fördergelder abgreifen können."

Im Juli soll der Grundsatzbeschluss getroffen werden. Dann sollen die Unterlagen beim Sozialministerium eingereicht werden. Rückert sagte aber auch: "Dieser Grundsatzbeschluss gilt nur, wenn wir 50 Prozent Förderung bekommen. Falls das weniger sein wird, ist aus meinem Dafürhalten die Geschäftsgrundlage für diese Entscheidung erst einmal nicht gegeben."

Anderen geht das viel zu schnell. Nicht nur FDP-Kreisrat Ernst Wolf, sondern auch dem Horber Kreisrat Peter Rosenberger (CDU): "Über die Standortfrage wurde nie öffentlich beraten. Und nie hinterlegt durch Analysen. In der Ergebnisprognose sind die jetzt abgeschlossenen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst nicht eingepreist. Bei der Bevölkerungsentwicklung ist nicht das eingerechnet, was das Landesamt für Statistik sagt.

Ich wünsche mir auch, dass wir über eine mögliche Privatisierung seriös diskutieren." Sein Kreisratkollege Wolfgang Kronenbitter ging noch auf die Höhe der Baukosten ein: "Wir wissen, dass in der jetzt genannten Summe keine Steigerung eingerechnet sind. Derzeit steigen die Preise aber jährlich um fünf Prozent. Bis 2020 wären das 20 Prozent." KLF-Geschäftsführer Heimbach: "Wir hoffen, dass es nicht fünf Prozent pro Jahr sind. Wenn wir das Verfahren in diesem Tempo starten, werden wir die Vergabe im Jahr 2018 haben. Dann wäre die mögliche Baukostensteigerung vielleicht zwölf Millionen Euro."

Fakt ist: Das Freudenstädter Krankenhaus ist in die Jahre gekommen. Florian Bea, ärztlicher Direktor: "In 40 Jahren ist viel passiert. Selbst wenn wir das Gebäude komplett sanieren würden, wäre eine Flexibilität im medizinischen Bereich nicht vorhanden. Derzeit müssen wir so manches anflanschen. Das ist alles Stümper-Werk, so ist es nicht möglich, wirtschaftlich und konkurrenzfähig zu arbeiten." Applaus bei der Zuhörern.

Doch Kreisrat Wolf blieb hartnäckig: "Stellen Sie sich mal vor, mein Betrieb würde jährlich acht Millionen Euro Verlust machen, und ich würde zur Kreissparkasse gehen und um 50 Millionen Euro Kredit bitten. Die würden mich doch rausschmeißen." Rückert, auch Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse: "Bei der Kreissparkasse wird niemand rausgeschmissen.

Wir werden ihnen aber alle Maßnahmen nachreichen, die zeigen, wie wir in der KLF betriebswirtschaftlich umsteuern." Wolf stellte den Antrag, die Privatisierungen von Krankenhäusern in der näheren Umgebung bewerten zu lassen. Dies wurde allerdings bei 21 Gegenstimmen abgelehnt.