Wer ehrenamtlich in der Jugendarbeit bei einem Träger tätig ist, der dafür vom Land Fördergelder bezieht, muss ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Unser Bild entstand beim Ferienwaldheim des CVJM Freudenstadt. Foto: Brandt

Landratsamt reicht Regelung des neuen Bundeskinderschutzgesetzes noch nicht aus. Jährlicher Aufruf und Schulung geplant.

Kreis Freudenstadt - Das Führungszeugnis soll in der Jugendbetreuung selbstverständlich werden. Das Kreisjugendamt nimmt die Neufassung des Bundeskinderschutzgesetzes zum Anlass, um die Vereine in der Kinder- und Jugendarbeit noch mehr für das Thema Kinderschutz zu sensibilisieren.

Wie die Leiterin des Kreisjugendamts, Charlotte Orzschig, im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt, ist das neue Gesetz im Rahmen der Kinderschutzdebatte entstanden. Der Gesetzgeber hinterfragte, wo es in der Gesellschaft, definitiv Gefahren für Kinder und Jugendliche gibt. Ergebnisse aus der Arbeit der Runden Tische "Heimerziehung in den 50er- und 60er-Jahren" und "Sexueller Kindesmissbrauch" sind in das Gesetz eingeflossen.

In einem Teilbereich des neuen Gesetzes wird auch von ehrenamtlich, in der Jugendarbeit Tätigen, bei Hauptamtlichen wird das schon praktiziert, ein erweitertes Führungszeugnis gefordert. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass sich Pädophile ganz bewusst und zielgerichtet Arbeitsfelder suchen, die ihnen die Möglichkeit verschaffen, mit Kindern und Jugendlichen Kontakt aufzunehmen.

Doch was bedeutet das konkret für die vielen Ehrenamtlichen, die im Landkreis Freudenstadt in Jugendgruppen, Sportvereinen, bei der Feuerwehr oder beim Deutschen Roten Kreuz in der Jugendarbeit aktiv sind? Müssen auch sie Einblicke in ihr Führungszeugnis gewähren? Kommt womöglich auf die Vereine ein enormer bürokratischer Aufwand zu? Die Jugendamtsleiterin erklärt dazu: Ein erweitertes Führungszeugnis müssten nur jene Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe vorlegen, die vom Landkreis direkt oder über das Land Fördergelder beziehen. Das seien zum Beispiel alle im Kreisjugendring organisierten Vereine, alle Träger, die im Programm "Stärke" mitarbeiten und alle ehrenamtlichen Jugendarbeiter in den Kommunen. Maßgeblich dafür sei aber, wie intensiv der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen ist, wie lange er dauert und wie groß die Altersspanne zwischen Betreuer und Kind ist.

"Es sind nicht wenige Vereine betroffen", sagt Charlotte Orzschig. Aber das Jugendamt will kein bürokratisches Monster aufbauen. Die Behörde hat für den Herbst eine Fortbildungsveranstaltung erarbeitet, in der die betroffenen Vereine und Institutionen zunächst lernen, ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu klassifizieren. Danach sind sie ausreichend geschult, um selbst zu entscheiden, ob sie von den Kinder- und Jugendleitern ein Führungszeugnis verlangen. Normalerweise kostet es 13 Euro. Für die ehrenamtlichen Jugendleiter ist es aber kostenfrei. "Alles andere würde den Finanzrahmen der Vereine sprengen", sagt Charlotte Orzschig.

Das Führungszeugnis muss bei der Gemeinde beantragt werden. Aus ihm geht hervor, wer rechtskräftig verurteilt und einschlägig vorbestraft ist. "Das ist eine Mindestform der Kontrolle, die wir ausüben können", betont die Jugendamtsleiterin. Gleichwohl gebe es Erkenntnislücken. Zum Beispiel dann, wenn Einträge fristgerecht gelöscht worden sind. Bislang nicht verurteilte Straftäter werden erst gar nicht erfasst. Die Neufassung des Bundesgesetzes ist ein erster Schritt. "Aber es reicht uns so noch nicht", sagt Orzschig. In einer zweiten Runde will das Jugendamt alle Vereine und Gruppierungen dazu aufrufen, Führungszeugnisse vorzulegen, auch wenn sie das eigentlich nicht müssten, weil sie keine Fördergelder erhalten. Dazu soll es jährlich einen Aufruf und eine Schulung geben.

Charlotte Orzschig glaubt, dass Vereine ihrer Idee positiv gegenüberstehen. Sie erlebe, dass man in den Vereinen durchaus über das Thema Respekt, Werte und Grenzen setzen, spreche. Man überlege konkret, wo es in der Vereinstätigkeit Grenzverletzungen geben könnte. Dazu gehöre zum Beispiel körperliche Nähe, das Anfassen von Kindern, das Betreten von Räumen ohne anzuklopfen, unangemessene Geschenke oder die Suche nach einem verstärkten Kontakt zum Kind.

"Man sollte die neue Vorschrift als Chance sehen, Kindern noch mehr Schutz zu gewähren. Es wäre schön, wenn es selbstverständlich würde, dass alle Ehrenamtlichen in der Kinder- und Jugendarbeit, Führungszeugnisse vorlegten", so die Jugendamtsleiterin. Nicht zuletzt erhielten die Vereine im Gegenzug auch Rechtssicherheit.