Beim Erhalt von Gebäuden muss der Landkreis im nächsten Jahr eine halbe Million Euro sparen. Foto: Hopp/Breitenreuter

Kreistag beschließt Haushalt. CDU und Freie Wähler setzen niedrigere Kreisumlage durch. Mit Kommentar

Kreis Freudenstadt - Der Haushalt ist verabschiedet: Im nächsten Jahr wird der Landkreis rund 124,9 Millionen Euro ausgeben. Das ist auf Druck der CDU und Freien Wähler weniger als von der Verwaltung geplant. Die SPD kritisierte die Sparvorschläge als einen »Anschlag auf die Zukunftsfähigkeit des Landkreises«.

Die Landkreisverwaltung wollte mehr Geld von den Gemeinden eintreiben, um die gestiegenen Aufgaben wie Flüchtlingsunterbringung oder Hilfen für Familien zu bezahlen. Dazu sollte die Kreisumlage um 1,75 Prozentpunkte auf 36,25 Prozent steigen. Das haben CDU und Freie Wähler, zwei Fraktionen, in denen viele Bürgermeister sitzen, in der Sitzung am Montag verhindert.

Die Kreisumlage wird nur um 0,75 Prozentpunkte auf 35,25 Prozent steigen. Der Kreis wird dadurch rund 0,3 Millionen Euro mehr einnehmen als 2014, aber 1,3 Millionen Euro weniger als von der Landkreisverwaltung geplant. Das bedeutet: Der Kreis kann nicht so viel ausgeben, wie angenommen.

Wo gespart werden soll, haben CDU und Freie Wähler eindeutig benannt: 500.000 Euro sollen bei der Erhaltung von Gebäuden des Landkreises gespart werden. 300.000 Euro weniger stehen für Personal im Landratsamt und anderen kreiseigenen Einrichtungen zur Verfügung, das heißt, dass Stellen gestrichen werden müssen. 200.000 Euro sollen beim Sozialamt eingespart werden, einem Amt, dessen Aufgaben seit Jahren immer weiter anwachsen. Die beiden Fraktionen wollten jedoch weitere 200.000 Euro einsparen – nur wo? Die CDU-Fraktion hatte vorgeschlagen, den Rotstift bei den Kreisschulen anzusetzen. Im gemeinsamen Antrag mit den Freien Wählern nahm die CDU davon wieder Abstand und überließ es der Verwaltung, wo sie dieses Geld abzwackt.

Landrat Klaus Michael Rückert reagierte eher verschnupft darauf, dass ihn die CDU- und Freie Wähler-Fraktion in den Sparer-Schwitzkasten nimmt. Rückert sagte, angesichts der beschlossenen Einsparungen bei Personal, Gebäudeunterhalt und Sozialamt bleibe ihm kaum anderes übrig, als die noch erforderlichen Einsparungen bei den Schulen zu realisieren.

Jochen Lindner, Leiter der gewerblichen und hauswirtschaftlichen Schule in Horb, hatte die Sitzung verfolgt und sagte anschließend, dass der Einspar-Vorschlag an den Schulen für ihn überraschend gekommen sei: »Wir müssen nun größtes Vertrauen auf die Landkreis-Verwaltung haben, dass da sensibel gehandelt wird.« Ebenfalls kritisierte Rückert die Einsparung beim Personal. Die »Imaka« sei beauftragt, Stellenkürzungspotenziale in der Verwaltung zu finden. So lange das nicht passiert sei, hätten die Landkreis-Mitarbeiter Mühe zu verstehen, warum »mit der Rasenmähermethode« über das Personalbudget gefahren werde.

Rückert gab außerdem zu bedenken, dass die Einsparung an Gebäuden in die falsche Richtung weise: Berater der »Imaka« (Institut für Management GmbH) empfehlen dem Landkreis laut Rückert, eine Million mehr zu investieren, nun müssen 500.000 Euro eingespart werden. »Da besteht die Gefahr, dass es an die Substanz der Kreisgebäude geht«, sagte Rückert. Für die CDU verteidigte Peter Rosenberger die Senkung der Kreisumlage und die daraus resultierenden Sparvorschläge: »Im Grundsatz ist es richtig, wir gehen an die Substanz. Aber nicht nur an die von 17 Gemeinden, sondern auch an die des Landkreises. In allen Gemeinden gibt es einen Sanierungsstau. Die finanzielle Belastung müssen wir paritätisch verteilen, auch auf den Kreis.«

Kreisrat Julian Osswald sagte, die Kreisumlage sei in den vergangenen zehn Jahren um 6,5 Prozentpunkte gestiegen, der Landkreis Freudenstadt bitte seine Kommunen ohnehin schon verhältnismäßig stark zur Kasse (Landesdurchschnitt 2014: 32,49 Prozent). Auch Klaas Klaassen (Freie Wähler) sprach davon, »dass angesichts der äußerst angespannten finanziellen Situation der meisten Kommunen« kein größerer Anteil von ihnen eingefordert werden könne.

Kreiskämmerer Ulrich Bischoff kritisierte nach dem Beschluss, dass durch die Einsparungen die Liquiditätsreserve des Kreises schrumpft. Bischoff hatte geplant, die Liquiditätsreserve um 142.000 Euro aufzubauen, jetzt wird sie seinen Angaben zufolge um 187.000 Euro abnehmen.

Die Liquiditätsreserve beträgt momentan rund eine Million Euro und ist – vereinfacht gesagt – das, was der Landkreis als Puffer auf dem Konto hat. »Wir brauchen die Liquiditätsreserve, um zu vermeiden, dass man Geld aufnehmen muss, um zum Beispiel die monatlichen Gehälter zu zahlen.« Geldeingänge hat der Landkreis durch Schlüsselzuweisungen vom Land Baden-Württemberg und durch die Kreisumlage von den Gemeinden nur alle drei Monate.

Bischoff erwartet für nächstes oder übernächstes Jahr eine gesetzliche Vorschrift, wonach die Liquiditätsreserve zwei bis drei Millionen Euro betragen muss. Darauf habe er hinarbeiten wollen. »Wenn die Vorschrift kommt, müssen wir das auf einen Schlag finanzieren. Da fehlt mir beim Kreistag das Vorausdenken.«

Neben SPD haben Grüne und Frauenliste die Höhe der Kreisumlage gutgeheißen, die FDP hielt sie für zu hoch, stimmte aber nicht mit CDU und FWV, REP-Vertreter Rodolfo Panetta lehnte den Haushalt aus Protest ab.

Kommentar: Hemd näher

Lena Müssigmann

Den (Ober-)Bürgermeistern im Landkreis ist das Hemd näher als die Hose. Sie verteidigen ihre Steuereinnahmen gegen den fordernden Landkreis. Das ist ihre Aufgabe als Bürgermeister. Als politische Mandatsträger müssen sie aber Entscheidungen für die Leistungsfähigkeit des Kreises treffen. Den Hut zu wechseln, fällt vielen schwer. Die beiden Fraktionen mit großer Bürgermeisterdichte haben dem Kreis erhebliche Einsparungen diktiert. Das wirkte wie der verzweifelte Versuch, Einsparpotenziale zu finden, wo keine zu finden sind, damit mehr Geld bei den Kommuen bleibt. Doch was nützen starke Kommunen, wenn der Kreis seinen wachsenden Aufgaben nicht nachkommen kann? Der Landkreis hat Anspruch auf einen Teil der Steuergelder. Denn wenn zum schicken Hemd der Kommunen bald das löchrige Beinkleid des Kreises kommt, gibt die Region keine gute Figur ab.