Das Kindswohl soll im Vordergrund stehen – auch bei Vormundschaften für Pflegekinder. Foto: Leonhardt

Bei Vormundschaften für Pflegekinder sollen jetzt mehr Ehrenamtliche zum Einsatz kommen.

Kreis Freudenstadt - Im Kreisgebiet sollen jetzt verstärkt auch Ehrenamtliche für die Vormundschaft von Pflegekindern geworben und geschult werde. Diesen Auftrag gab der Jugendhilfeausschuss bei seiner jüngsten Sitzung dem Jugendamt mit auf den Weg.

Wer hat sich schon mal überlegt, sein Kind in staatliche Obhut zu geben, weil es in der Pubertät schwierig wird? Bei Pflegekindern ist dies durchaus möglich, wenn nicht die Pflegeeltern die Vormundschaft für das Kind haben, sondern das Jugendamt.

Mehr Ehrenamtliche als Vormund

Ein Zustand, den Marja Schoenmaker Ruhl im Jugendhilfeausschuss kritisierte. Sie ist Vorsitzende der Ortsgruppe Freudenstadt der Landesarbeitsgemeinschaft für Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien und arbeitet bei einem Pilotprojekt mit, bei dem Privatpersonen zum ehrenamtlichen Einzelvormund ausgebildet werden. Ziel des Projekts ist es, mehr Ehrenamtliche als Vormund für Pflegekinder zu gewinnen, denn die kommen laut Schoenmaker Ruhl in der Praxis viel zu wenig zum Einsatz: "Nur ein verschwindend geringer Teil der Vormundschaften wird von natürlichen Personen geführt." Die Zahlen von Jugendamtsleiterin Charlotte Orzschig bestätigten diese Aussage: 52 Vormundschaften führt das Jugendamt derzeit im Landkreis, ein ehrenamtlicher Vormund sei hier bislang nur in Einzelfällen bestellt worden, weil keine Bewerbungen dafür vorgelegen hätten, so die Amtschefin.

Für die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft entspricht dies nicht der gesetzlichen Vorgabe, die der Einzelvormundschaft Vorrang vor der Amtsvormundschaft gebe. "In rechtlicher Hinsicht wären Pflegeeltern als Einzelpersonen gegenüber dem Jugendamt als Vormund zu bevorzugen", so Schoenmaker Ruhl. Dies sieht sie in der Regel auch für die Kinder als die bessere Lösung: "Wenn Kinder in Pflegefamilien beheimatet sind und die leiblichen Eltern keine Rolle mehr spielen, sollten die Eltern, die das Kind aufziehen, auch rechtlich zuständig sein." Ein Amtsvormund als Puffer sei nur selten sinnvoll. In der Regel, so Schoenmaker Ruhl, erziehen Pflegeeltern die Pflegekinder wie ihre eigenen.

Auch an der Eignung von Pflegeeltern als Vormund hatte sie grundsätzlich keine Zweifel. "Diese Eltern nehmen täglich die Sorge für das ihnen anvertraute Kind wahr und zeigen damit, dass sie auch die rechtliche Verantwortung übernehmen können." Zudem gehöre die Gruppe der Pflegeeltern zu den "meistkontrollierten Leuten". Sie regte daher an, bei Pflegekindern, die dauerhaft in der Pflegefamilie leben und dort ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben, jährlich zu prüfen, ob die Pflegeeltern die Vormundschaft übernehmen können. Unterstützung für ihr Anliegen erhielt Schoenmaker Ruhl von den Ausschussmitgliedern. Sie befürworteten den verstärkten Einsatz geschulter Ehrenamtlicher in der Vormundschaft, mahnten aber an, das Kindswohl in den Vordergrund zu stellen und jeden Einzelfall genau zu prüfen. Das sieht auch die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft so: "Ohne eine gute Bindung zwischen Kind und Vormund geht es nicht."