Klageverfahren hin oder her – das Projekt Hermann-Hesse-Bahn wird weiter vorangetrieben. Vor wenigen Tagen begannen die Rodungsarbeiten entlang der Bahntrasse. Diese sollen bis Februar abgeschlossen sein. Foto: avmediafactory

Verantwortlich für Bau und Betrieb der Infrastruktur. Besteller der Verkehrsleistungen.

Althengstett - Das Projekt Hermann-Hesse-Bahn (HHB) mit Vollgas weiter voranbringen – das wollen die Planer im Landratsamt ebenso wie die Verwaltung und der Gemeinderat in Althengstett. Das Gremium stimmte der Mitgliedschaft der Gäukommune im Zweckverband zu.

Und das fiel den Räten am Mittwochabend um einiges leichter, als dies vielleicht noch vor einem Jahr der Fall gewesen wäre. Denn die Anrainergemeinden haben, was die finanziellen Rahmebedingungen angeht, einen Verhandlungserfolg erzielt.

Der Kreistag hatte im Juli die Zweckverbandssatzung für die HHB abgesegnet. In deren Endfassung wurden die wesentlichen Verhandlungsziele eingearbeitet. Zum einen sind für die Gemeinde Althengstett die Investitionskosten gedeckelt. Sollten die Baukosten höher ausfallen, trägt die Differenz allein der Landkreis.

Kreis muss einspringen

Sollten zum anderen die Betriebskosten die für Althengstett vereinbarte Höchstgrenze überschreiten, muss ebenfalls der Kreis zahlen. "Die Deckelung der Betriebskosten wurde uns zuerst nicht zugestanden", sagte Bürgermeister Clemens Götz.

Zudem können sich künftige Investitionen nur mit Zustimmung der Gäugemeinde auf den eigenen Kostenbeitrag auswirken. Diese werden über den Abschreibungsbeitrag finanziert, der Teil der für die Kommune gedeckelten Betriebskosten ist.

Michael Stierle, Abteilungsleiter S-Bahn und ÖPNV im Landratsamt, informierte am Mittwoch über aktuelle Entwicklungen beim Projekt. Der Klage des Nabu Baden-Württemberg gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe sehe man gelassen entgegen. Wie berichtet, war im Juli vom RP der Beschluss für den neu zu bauenden Tunnel zwischen Ostelsheim und Weil der Stadt sowie den zweigleisigen Ausbau in Ostelsheim erlassen worden. Darüber hinaus sind beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim eine Privatklage und eine Klage der Kommune Weil der Stadt gegen den Beschluss eingegangen.

Die Nabu-Klage bezieht sich nicht auf Baumaßnahmen im Planfeststellungsabschnitt, sondern auf den Fledermausbestand in den Tunneln Forst und Fuchsklinge. Die Naturschützer fordern, dass nicht schneller als 30 Kilometer pro Stunde durch die Bauwerke gefahren wird, um die Population nicht zu gefährden.

Verhärtete Fronten

"Das passt nicht zum Betriebskonzept. Die Fronten sind momentan verhärtet", so Stierle. Er ging zudem auf den ersten Teilbericht der vom Landkreis beauftragten Gutachter ein, die überprüft haben, wie viele Fledermäuse im Hirsauer und im Forst-Tunnel überwintern. Die Zahl liegt deutlich unter dem bislang angenommenen Bestand.

Seit Anfang dieser Woche ist die Nabu-Klage begründet. Der Schriftsatz umfasse 176 Seiten, so Stierle. Man sei noch dabei, diesen durchzuarbeiten und von der Rechtmäßigkeit des RP-Beschlusses überzeugt: "Das Verfahren wird rechtlich standhalten".

Auch wenn die Zeit sehr knapp erscheine, halte man am HHB-Eröffnungstermin im Dezember 2018 fest, betonte der Abteilungsleiter. Es werde derzeit an einem Antrag auf Sofortvollzug gearbeitet. Für die Baumaßnahmen im Renninger Bahnhof und für den Bereich "Im Hau" sei ein Planbeststellungsverfahren eingeleitet.

Die Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung in Böblingen beurteilte Stierle als "konstruktiv". Einzelbefindlichkeiten würden die politische Wetterlage ändern und zu atmospährischen Störungen führen. "Trotz Klagen, die uns nur ein zeitliches Risiko bringen, machen wir mit Vollgas weiter".

Inzwischen sei mit den Fällungs- und Rodungsarbeiten entlang der Bahnstrecke begonnen worden. Im Zuge dieser Maßnahme könne man sich die Tiefenentwässerung genau ansehen. "Die Trasse soll bis Februar komplett geräumt sein", äußerte sich Stierle.

Info: Inhalte der Satzung

Der Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn (HHB) soll verantwortlich für Bau und Betrieb der Infrastruktur sein. Gleichzeitig wird der Verband der Besteller der Verkehrsleistungen. Mitglieder des Zweckverbands sollen der Landkreis, die Stadt Calw sowie die Gemeinden Althengstett und Ostelsheim sein. Die Verbandsversammlung wird aus 20 Mitgliedern bestehen. Der laufende Betrieb der HHB wird durch eine jährliche Betriebskostenumlage von den Verbandsmitgliedern erhoben.

Nach Beschlusslage des Verwaltungsausschusses soll das Betriebskostendefizit von allen Partnern gemeinsam nach folgendem Schlüssel getragen werden: Landkreis Calw 50 Prozent (856 500 Euro), Ostelsheim 3,7 Prozent (63 381 Euro), Althengstett zwölf Prozent (205 560 Euro) und Stadt Calw 34,3 Prozent (587 559 Euro).

Der Zweckverband erhält eine Kapitaleinlage, mit der die Mitglieder ihren Anteil an der Infrastrukturinvestition tragen: Landkreis Calw 15 371 875 Euro, Stadt Calw Höchstbetrag von 7 434 799 sowie Althengstett und Ostelsheim jeweils Höchstbeträge von 2 469 431 und 733 770 Euro.

Der rechnerische Anteil des Landkreises Böblingen, über den der dortige Kreistag noch nicht beschlossen hat, ist nicht enthalten und kann je nach Beschlusslage im Rahmen einer Vereinbarung oder bei Beteiligung des Kreises am Verband auch als Kapitaleinlage erbracht werden.