Vor Blitzern warnen? Das ist erlaubt - aber nicht auf jede Art und Weise. Foto: Berg

Facebook, Apps, Lichthupe oder Schilder melden Radarfallen - doch nicht alles ist erlaubt. Mit Kommentar

Kreis Calw - Ein Service für Raser oder ein Beitrag zur Verkehrssicherheit? Auf mindestens zwei Facebook-Seiten warnen tausende Autofahrer im Kreis Calw sich gegenseitig vor Radarfallen. Polizei und Landratsamt sehen solche Informations-Plattformen kritisch.

Mobile Radarfallen sind bei den meisten Autofahrern alles andere als beliebt. Doch was können Verkehrsteilnehmer gegen die teuren Fotos tun? Sich stets ans Tempolimit halten? Sicher keine schlechte Idee – angesichts der Tatsache, dass überhöhte Geschwindigkeit noch immer eine der häufigsten Todesursachen im Straßenverkehr ist.

Nutzer des sozialen Netzwerks Facebook kennen allerdings auch eine andere Möglichkeit: sich über die Standorte von Geschwindigkeitsmessungen zu informieren – unter den Gruppennamen "Blitzer Vorwarnung Kreis Calw" und "Radarfallen, Unfall und Staumeldungen im Kreis Calw".

"Wir wollen hier einen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten", heißt es auf einer dieser Seiten. Im selben Atemzug wird versichert: "Wir melden nicht mobile Geschwindigkeitsmessungen um Geld zu sparen. Jeder soll sich einfach an die Geschwindigkeit halten und soll hiermit erinnert werden." Und weiter: "Unfälle und Staus und Polizeikontrollen können ebenfalls gepostet werden." Die größere der Gruppen hat mehr als 6000, die kleinere rund 4000 Mitglieder.

Bei den Autofahrern scheint das Angebot entsprechend gut anzukommen. Doch was sagen die Behörden dazu? Und sind solche Warnungen überhaupt erlaubt? Wir klären die wichtigsten Fragen.

Leisten solche Seiten einen Beitrag zur Verkehrssicherheit?

Im Calwer Landratsamt sieht man diese Frage aus zwei Perspektiven. "Einerseits fahren Autofahrer, denen solche Stellen bekannt sind, erfahrungsgemäß wachsamer, was dann zumindest abschnittsweise zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit führen kann", erklärt Pressesprecherin Anja Härtel auf Anfrage. Andererseits könnten solche Seiten dazu beitragen, "dass Fahrer, die um ihre eigentliche Fahruntauglichkeit wissen", oder Menschen, die zu schnell fahren und damit sich und andere Verkehrsteilnehmer gefährden, vor einer Kontrolle geschützt würden.

Aus dem Polizeipräsidium Karlsruhe heißt es zu dieser Frage: Ein Beitrag zur Verkehrssicherheit sei nicht erkennbar – eher das Gegenteil, weil solche Plattformen dazu verleiten könnten, sich während der Fahrt, beispielsweise über das Smartphone zu informieren und dadurch ablenken zu lassen.

Ist es legal, sich online gegenseitig vor Geschwindigkeitsmessungen zu warnen?

"Die reine Bekanntgabe des Standorts eines Blitzers ist nach der derzeitigen Rechtslage erlaubt", führt Härtel aus. Auch ein Beifahrer dürfe sich oder andere während der Fahrt über Radarfallen informieren. Wer jedoch selbst am Steuer sitze und das Handy nutze, verstoße gegen das Gesetz. Dann drohe ein Bußgeld von 60 Euro und ein Punkt in Flensburg.

Die Polizei hält indes nicht viel von dieser Art der Warnung. Städte oder Polizei würden zwar ebenfalls immer wieder Kontrollstellen veröffentlichen. Allerdings werde dann auf ganze Abschnitte hingewiesen. Die Absicht: Solange unklar bleibe, wo genau ein Blitzer stehe, werde auf der Gesamtstrecke vorsichtig gefahren. Ein Effekt, der verpuffe, sobald genaue Standorte bekannt seien.

Dürfen Autofahrer während der Fahrt Apps oder Navigationsgeräte verwenden, die vor Radarfallen warnen?

Nein, sagt Landratsamtssprecherin Härtel: "Der Betrieb von Geräten, die während der Fahrt vor Blitzern warnen, ist verboten." Grundsatz dafür sei Paragraf 23 der Straßenverkehrsordnung. Dort steht: "Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen."

Als Strafe drohen 75 Euro und ein Punkt in Flensburg. Darüber hinaus, so ein Polizeisprecher, könnten Störgeräte beschlagnahmt und zerstört werden, Apps müssten die Fahrer löschen.

Ist es Passanten und Autofahrern erlaubt, sich während der Fahrt zu warnen?

Teilweise ja, erläutert ein Sprecher des Polizeipräsidiums Karlsruhe. So dürften Fußgänger beispielsweise Autofahrer durch Handbewegungen oder sogar Schilder auf Radarfallen hinweisen. Allerdings nur dann, wenn die Geschwindigkeitsmessung dadurch nicht gestört werde und die Passanten nicht in den Verkehr eingriffen.

Anders sieht es übrigens beim Warnen mittels Hupe oder Lichthupe aus: Diese "Schall- und Leuchtzeichen" seien laut Polizei nur dazu gedacht, vor Gefahren zu warnen. Da eine "Gefahr für den Geldbeutel" durch einen Strafzettel keine echte Gefahr darstelle, dürften diese Signale nicht eingesetzt werden, um vor Blitzern zu warnen. Wer es dennoch tut, den können fünf Euro Bußgeld erwarten.

Kommentar: Nebeneffekt

Von Ralf Klormann

Vorsicht Blitzer: Seit einiger Zeit warnen mindestens zwei Seiten im sozialen Netzwerk Facebook vor Radarfallen im Kreis Calw. Tausende Internetnutzer verfolgen die Meldungen gespannt. Eine harmlose Mode? Vielleicht. Eine Schritt in die richtige Richtung? Sicher nicht. Denn wer immer noch glaubt, bei Geschwindigkeitsmessungen gehe es allein um Schikane von Autofahrern, hat deren Sinn nicht verstanden. Dass Raser Jahr für Jahr erkleckliche Geldbeträge in die Staatskasse spülen, ist nur ein Nebeneffekt jener Verkehrskontrollen, die eine der größten Unfallursachen bekämpfen sollen. Besser wäre es daher, ein Bewusstsein für die Gefahren überhöhter Geschwindigkeit zu entwickeln, statt Blitzern auszuweichen. Ein teures Foto ist schließlich nicht die schlimmste Konsequenz eines rasanten Fahrstils. Davon zeugen nicht zuletzt etliche Kreuze am Straßenrand.