Die Gemeinderatsfraktion "Gemeinsam für Calw" macht sich in einer Petition für die Hermann-Hesse-Bahn stark. Grafik: Landratsamt

Zukunftsprojekt in Gefahr: "Gemeinsam für Calw" richtet Petition an Umweltministerium. Mit Kommentar

Kreis Calw - Die Unterstützung wächst stündlich. Immer mehr Menschen unterschreiben die Petition für die Hermann-Hesse-Bahn.

Sie steht seit Mittwoch im Netz und richtet sich an das baden-württembergische Umweltministerium. Das Schreiben wendet sich direkt an Minister Franz Untersteller (Grüne). Initiiert wurde die Aktion von der Gemeinderatsfraktion "Gemeinsam für Calw". "Wir haben uns dazu intern schnell entschlossen", sagte Stadtrat Florian Fuchs gegenüber unserer Zeitung. Bislang habe man in Sachen Hesse-Bahn wenig aus der Bevölkerung gehört. Das Projekt sei längst nicht in trockenen Tüchern. Es gelte zu zeigen, dass die Calwer Bevölkerung hinter dem Projekt steht.

Wichtigstes Projekt des Landkreises

Dieses "wichtigste Zukunftsprojekt für den Landkreis Calw droht zu scheitern", schreien die Kommunalpolitiker. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) spiele mit seinem Einspruch gegen den Freischnitt auf der Bahnstrecke, der zum Schutz seltener Fledermausarten in bestehenden Tunneln dienen soll, den Artenschutz gegen den Umweltschutz aus, lautet der Vorwurf der Fraktion.

Weiter heißt es: "Tagtäglich fallen in der öffentlichen Diskussion die Schlagworte ›Feinstaub‹ und ›Stauhauptstadt Deutschlands‹, wenn es um Stuttgart geht. Fahrverbote stehen im Raum. Abhilfe wird ein Ausbau des Schienenverkehrs bewirken." Dieses Infrastruktur- und Ökologieprojekt scheitere möglichgerweise am Einspruch des Nabu, der für den Erhalt einiger Fledermauspopulationen das Große und Ganze aus den Augen verliere.

Auch Mitglieder anderer Gemeinderatsfraktionen haben nach Angaben von Fuchs die Petition bereits unterschrieben. Mit zu den ersten Unterzeichnern gehört Oberbürgermeister Ralf Eggert. "Die Hesse-Bahn bedeutet Natur- und Artenschutz", hat der OB als Kommentar im Netz hinterlassen. "Dass die Bahn wichtig ist für die Stadt, muss ich an sich gar nicht mehr betonen", sagte Eggert auf Anfrage unserer Zeitung. Mit der Verwirklichung des Vorhabens werde jedoch zugleich Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert. Das helfe nicht nur den Menschen, sondern auch den Tieren.

Eggert spricht von aggressivem Ton

Bislang habe sich der Landkreis als Träger des Projekts aus der Sicht Eggerts "neutral, abwägend und diplomatisch" verhalten. Dagegen empfindet der OB das Auftreten des Nabu und von Kommunalpolitikern aus dem Landkreis Böblingen als aggressiv und provozierend. Eggert: "So geht man nicht miteinander um, bei allem Verständnis für eine sachliche Auseinandersetzung."

Bereits 326 Bürger haben die Petition unterschrieben. Und viele auch einen Kommentar abgegeben. " Ich kann nicht glauben, dass der Nabu den Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln blockiert. Einfach nur noch lächerlich, für was der sogenannte Naturschutz herhalten muss. Einfach zu sagen, dass die Bahn von wohlstandsverwöhnten und gesättigten Bewohnern des Kreises Böblingen aufgrund von Lärm nicht gewünscht ist, wäre sehr viel ehrlicher", schreibt Bernd P. Nach Auffassung von Christine M. "braucht unser Nordschwarzwald eine öffentliche Verbindung in den Raum Stuttgart", und zwar aus wirtschaftlichen und umweltgerechten Gründen. Und: " Der Zug für die Zukunft – Hesse-Bahn will Calw mit der Region Stuttgart verbinden", schreibt die SPD Bundestagsabgeordnete Saskia Esken.

Weitere Informationen: www.change.org, Suchbegriff Hermann-Hesse-Bahn; Facebook/Gemeinsam für Calw.

Kommentar: Endlich!

Von Alfred Verstl

Es wird Zeit, dass sich in Sachen Hesse-Bahn in Calw was tut. Da hat die Gemeinderatsfraktion "Gemeinsam für Calw" mit ihrer Petition an Umweltminister Franz Untersteller endlich einen Schritt in die richtige Richtung unternommen. Bislang bestimmen eher Projektgegner beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und im Kreis Böblingen den Ton.

Der Schritt der Calwer Kommunalpolitiker kann dazu beitragen, dass das wichtigste Vorhaben des Landkreises mehr Befürworter findet. Und nicht von seinen Gegnern in den Mühlen der Justiz zermahlen wird. In Weil der Stadt und Renningen geht es letztlich nicht um Engpässe im Bahnhof, sondern eher um den Erhalt hoher Grundstückspreise. Und wer Fledermäuse schützen will, dem sollte auch klar sein, dass ein Nahverkehrsprojekt wie die Hermann-Hesse-Bahn viel zum Schutz von Mensch und Tier beiträgt.