Mit dem Sparschwein und früheren Sparanlagen kommen die Anleger heute nicht mehr weit. Foto:  Guzel Studio/Fotolia.com

Aktuelle Phase vernichtet Geld. Ohne höhere Risiken keine ausreichenden Renditen zu erzielen.

Kreis Calw - Es ist einer der ersten schönen Frühlingsabende in Nagold. Ideal, um im Café oder Biergarten zu sitzen. Trotz des schönen Wetters füllt sich der Schalterraum in der Filialdirektion der Sparkasse Pforzheim Calw bis auf den letzten Platz.

Nun weiß man, dass Müßiggang nicht unbedingt die Sache der Schwaben ist. Wenn man zur Sparkasse kommt, geht es natürlich ums Geld. Und da hört der Spaß dann sowieso auf.

Genauer gesagt geht es um die nicht mehr vorhandenen Zinsen, was manchen Sparer schon seit Monaten zumindest hin und wieder den Schlaf rauben dürfte. Das Schlimme daran: Es gibt nicht nur keine Zinsen mehr, Geld wird auch noch vernichtet. Weil zugleich die Preise, wenn auch geringfügig, steigen. Da beantwortet sich ein Teil der Frage, die Motto des Abends ist ("Kapitalmarktzinsen im Dauertief – was heißt das für Ihre Vermögensanlage?") zu einem gewissen Teil von selbst. Es gehen, rechnet Stefan Saile, Bereichsdirektor Private Banking bei der Sparkasse vor, in zehn Jahren von 100.000 Euro satte 25.000 verloren. Allein um diesen Verlust zu vermeiden und bei der Geldanlage eine schwarze Null zu erreichen, braucht es derzeit eine Verzinsung von 2,3 Prozent.

Und obwohl die Realzinsen seit Herbst 2014 negativ sind, klammern sich die Deutschen an ihr Sparbüchle. Mehr als 80 Prozent haben sie nach wie vor dort oder in ähnlichen Anlagen gebunkert, erzählt Achim Keusemann, Vertriebsdirektor bei Union Investment, in der Filiale Kimmichwiesen der Raiffeisenbank im Kreis Calw. Auch dort drängen sich beim Thema "Sparen ohne Zinsen ist wie Linsen ohne Spätzle" die Besucher.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin die Märkte mit Geld fluten wird. Sie versucht damit, die Schuldenkrise in den südlichen EU-Ländern in den Griff zu bekommen. Und dafür die Sparer zahlen zu lassen.

Keusemann zitiert EZB-Präsident Mario Draghi, wonach es für die Geldanlage andere Möglichkeiten wie das Sparbuch gebe. Das ist schon richtig. Mit Immobilienfonds (Keusemann: "eine grundsolide Geldanlage") oder Aktien lassen sich Renditen zwischen drei und fünf Prozent erzielen. Es ist Zeit zum Umdenken. Der Mann von Union Invest wird deutlich: "Wenn Sie jetzt nichts tun, sind Sie verraten und verkauft!" Keusemann hat da vor allem die Entwicklung der staatlichen Rentenversicherung im Blick, die sich auf Hartz-IV-Niveau zubewege.

Am neuen Markt die Finger verbrannt

Warum tun die Deutschen nichts? Uwe Bettendorf begibt sich auf Spurensuche. Klar ist: Anlagen wie Immobilienfonds und vor allem Aktien sind nun mal mit höheren Risiken verbunden. Vielleicht hat sich mancher, vermutet der Wirtschaftsredakteur des Südwestrundfunks und Moderator des Sparkassenabends in Nagold, mit Telekom-Aktien oder mit dem Zusammenbruch des Neuen Markts Anfang des Jahrtausends die Finger verbrannt.

Langfristig ist es mit der Börse noch immer nach oben gegangen. Und zu risikoreicheren Anlagen gibt es derzeit keine Alternative. Von kurzfristigen Schwankungen, so versucht Keusemann seinem Calwer Publikum die Ängste zu nehmen, dürfe man sich nun mal nicht kirre machen lassen. Bieten sinkende Kurse doch auch die Chance neu einzusteigen.

Wie weit es mit dem Deutschen Akteinindex (Dax) noch nach oben geht, weiß niemand. Es gilt die alte Weisheit: Zum Ein- und Aussteigen wird an der Börse nicht geklingelt. Als der Dax im Oktober 2013 die 9000-Punkte-Marke durchbrach, sahen viele das Ende der Fahnenstange erreicht. Mittlerweile liegt der Index bei über 12 600.

Vor allem in Deutschland sind die wirtschaftlichen Daten so gut, dass es wohl eher weiter nach oben gehen dürfte. Das jedenfalls sieht Dirk Wentzel so. Allenfalls wenn er auf das politische Umfeld mit Stichworten wie Trump, Brexit, Erdogan und IS-Terror blickt, überkommt den Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Pforzheim leichtes Fracksausen. Letztlich, so erläutert Wentzel den Sparkassen-Kunden, bewege man sich bei der Vermögensanlage in einem magischen Dreieck zwischen Rendite, Risiko und Liquidität. Damit gelte es zu jonglieren. Da helfe eine breite Streuung. Es bieten sich neben Aktien und Immobilien auch Währungen, Rohstoffe und anderes mehr an.

Es wird, will er sein Geld nicht nach und nach verlieren, für den Sparer schwieriger und unübersichtlicher. Das, so Keusemann, wird so lange so bleiben, wie viele staatliche Haushalte in der EU nicht in Ordnung sind. Die bequemen Zeiten, in denen man mit ein paar Prozent aus einer Sparanlage sein Geld vermehrte, sind vorbei. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise weiß man, dass auch das Sparbuch letztlich nicht sicher ist.